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Aufwind bei Kommunisten und FPÖ

Volksnähe statt Dogmatismus

Österreich hat eine Serie von Regionalwahlen absolviert, und dabei zeigt sich ganz klar ein Trend: Die ehemaligen Volksparteien verlieren stark, vor allem, wenn sie Regierungsverantwortung tragen. Dies betraf die Sozialdemokraten ebenso wie die Konservativen (ÖVP). Im Gegenzug legen Parteien, die eine klare Oppositionshaltung einnehmen, stark zu. Besonders deutlich zeigte sich dies zuletzt im Bundesland und in der Stadt Salzburg: Dort gewannen sowohl die rechtspopulistische FPÖ mit sechs Prozent als auch die extrem linke KPÖ, die Kommunisten, mit zehn Prozent deutlich dazu.

In der bürgerlich anmutenden und sozialdemokratisch regierten Stadt Salzburg erreichte die KPÖ fast aus dem Nichts sogar 21 Prozent der Wählerstimmen und ist dort zweitstärkste Kraft. Dieser Wahlerfolg ist nicht singulär: Bereits vor zwei Jahren schaffte die KPÖ in der Landeshauptstadt Graz den Sieg und stellt seither die Bürgermeisterin.

Auffallend ist, dass die Kommunisten weiterhin offen als „KPÖ“ oder in Salzburg als „KPÖplus“ auftreten und sich nicht etwa als „Linke“ oder „Linkspartei“ kaschieren. Die Argumentation des Salzburger Parteichefs Kay-Michael Dankl lässt tief in das Selbstverständnis blicken: Man sei durchaus geschichtsbewusst und daher stolz, dass die Kommunisten im Widerstand gegen den Nationalsozialismus eine wichtige Rolle gespielt hätten.

Links zu sein ist in Mode

Die jüngsten Wahlerfolge sind umso bemerkenswerter, als die Kommunisten nach dem Zweiten Weltkrieg stets nur eine marginale Kleinstpartei waren und es nicht einmal in die Landtage oder das Parlament schafften – trotz finanzieller Unterstützung aus der damaligen Sowjetunion. Zu groß war das Misstrauen gegen die Parteigänger der ehemaligen Besatzungsmacht, als die die Sowjets stets empfunden wurden. Außerdem konnte man aus nächster Nähe über Jahrzehnte beobachten, was hinter dem Eisernen Vorhang vor sich ging.

Obwohl die österreichischen Kommunisten stets beteuerten, dass sie mit den totalitären Regimen im Osten nichts zu schaffen hätten, konnten sie die Österreicher nicht überzeugen. Zu gut waren die Rolle der Sowjets in der zehnjährigen Besatzungszeit und beim Putschversuch im Herbst 1950 in Erinnerung. Damals versuchten sie mithilfe der kommunistischen Arbeiterfunktionäre einen Generalstreik und einen Sturz der österreichischen Regierung herbeizuführen. Das hätte ein Eingreifen der russischen Besatzungsmacht und eine dauerhafte Teilung Österreichs ermöglicht. Doch die sozialdemokratischen Gewerkschafter unter der Führung des späteren Innenministers Franz Olah konnten dies verhindern.

Das Image der Kommunisten war also lange Zeit schlecht. Dies ist nun offenbar anders. Und es gibt mehrere Gründe dafür. Zum einen ist der Eiserne Vorhang längst Geschichte, die jüngere Generation hat keine persönlichen Erinnerungen mehr an die brutale Grenze und die dortigen totalitären Regime. Links zu sein ist generell schick unter den jungen, gebildeten, urbanen Leuten. Dazu kommt, dass die österreichische Sozialdemokratie (SPÖ) in einer tiefen Krise steckt. Sie kommt mit der Oppositionsrolle nicht zurecht, ist vor allem mit sich selbst beschäftigt, und man liefert sich seit Monaten einen offenen Schaukampf um die Parteiführung. So entsteht der Eindruck, dass sie die wahren Probleme der Menschen nicht interessieren.

SPÖ: Kein Anwalt der Unterprivilegierten mehr

Dies alles in der schwersten Krise seit dem Zweiten Weltkrieg. Durch die Maßnahmen während der Pandemie, die Sanktionen gegen Russland, extreme Umweltauflagen und eine generell verfehlte Wirtschaftspolitik ist in Österreich die Inflation mit 9,2 Prozent eine der höchsten in Europa. Immer mehr Menschen können sich das Lebensnotwendigste nicht mehr leisten.

Anstatt als Anwalt der Unterprivilegierten dagegenzuhalten, fördert die SPÖ noch selbst die Teuerung: So etwa hat der im Besitz des Roten Wien befindliche Energieversorger in den letzten Monaten den Preis für Fernwärme zuerst um 100 Prozent (!) und dann nochmals um 80 Prozent erhöht. Zusätzlich stiegen die Mieten auch im sozialen Wohnbau zuletzt um satte acht Prozent. Damit macht sich die Partei keine Freunde.

Es sind gerade die Themen Wohnen und Teuerung, womit die KPÖ sowohl in Graz als auch in Salzburg am meisten punkten konnte. In diesen Fragen fühlen sich viele Bürger von der Politik völlig alleingelassen. Nicht verwunderlich, dass besonders viele frühere SPÖ-Wähler nun ihr Kreuz – aus Verzweiflung – bei den Kommunisten machen.

Geschick beweisen die Kommunisten auch bei der Personalauswahl und im medialen Auftreten: Man vermeidet radikale Töne und Parolen, sondern geriert sich als Anwalt des Volkes. Die Spitzenkandidaten sind sympathisch und wirken gemäßigt. Auch die Herkunft des zuletzt siegreichen Salzburger Spitzenkandidaten ist bezeichnend: Er war früher bei den Grünen und konnte auch viele enttäuschte ehemalige Grün-Wähler ansprechen. Somit werden die Kommunisten bei den kommenden Bundeswahlen wohl weiter bei früheren Anhängern der Sozialdemokraten und der Grünen fischen.

Siegeszug der FPÖ

Am anderen Ende des politischen Spektrums eilen die rechtspopulistischen Freiheitlichen von Wahlerfolg zu Wahlerfolg – ungeachtet der permanenten Schelte von Medien und politischen Mitbewerbern, die sich vor allem auf Parteichef Herbert Kickl konzentrieren. Da die jahrzehntelange Strategie der Ausgrenzung mittlerweile nicht mehr funktioniert, wird die FPÖ von politischen Mitbewerbern und den Medien nun in „gemäßigte“ und „unappetitliche“ Freiheitliche unterteilt.

Mit ersteren erscheint ein Zusammengehen unter zugehaltener Nase erlaubt, letztere sollen weiterhin in der Schmuddelecke verbannt bleiben. Doch dies scheinen die Wähler anders zu beurteilen. Die als moderat geltende und jugendlich-sympathisch auftretende Marlene Svazek in Salzburg wurde vom amtierenden ÖVP-Landeshauptmann entgegen seinen Aussagen im Wahlkampf dann doch zur Regierungspartnerin erkoren. Mit Kickl jedoch wolle man nichts zu tun haben, sind sich alle einig. Doch die Umfragen sagen anderes: Während die 30-jährige Svazek in Salzburg 25 Prozent der Wähler für sich gewinnen konnte, liegt Kickl bundesweit bei etwa 30 Prozent Zustimmung und damit weit vor allen anderen Parteichefs.

Dies liegt nicht an der besonderen Sympathie, die die Bürger der Partei oder deren Chef entgegenbringen. Im Gegenteil müssen sich viele Wechselwähler überwinden, ihr Kreuz bei der FPÖ zu machen. Doch die allgemeine Empörung und die Themenlage spielen Kickl die Karten in die Hände: Die massive Inflation, das verheerende Pandemiemanagement samt Impfpflicht, Korruption, Geldverschwendung, die illegale Migration und der Ukraine-Krieg samt Neutralitätsdebatte. Bei all diesen Fragen hat die FPÖ eine Sonderposition und kann die Proteststimmen einsammeln. Die anderen etablierten Parteien machen immer mehr den Eindruck, eher gegen die Bürger und deren Anliegen zu agieren, anstatt diesen Gehör zu schenken.

Führungspersönlichkeiten fehlen

Es ist daher nachvollziehbar, dass angesichts der massiven Probleme von den Bürgern weder Begeisterung noch Dankbarkeit zu erwarten ist. So ist die Inflation zu einem Gutteil hausgemacht und dient dem Füllen der Staatskassen aufgrund sprudelnder Steuereinnahmen. Und während mehr als 70 Prozent der Bürger an der Neutralität festhalten, predigt die Regierung das Gegenteil und lässt Waffenlieferungen durch Österreich zu – unter Missachtung des Neutralitätsgesetzes.

Somit profitieren die früheren „Ränder“ von der Schwäche der ehemaligen großen Volksparteien. Dort fehlt es an allem: an überzeugenden Führungspersönlichkeiten, an Inhalten, an Volksnähe, an Geschlossenheit und am richtigen Gespür für jene Themen, die die Menschen bewegen. Stattdessen dominieren bei ÖVP, SPÖ, Grünen und Neos zunehmend Dogmatismus, Abgehobenheit, Volksferne und Realitätsverlust. Wer sich in akuten Krisenzeiten, in denen sich immer mehr Bürger das Nötigste nicht mehr leisten können, vor allem mit den Texten von Landeshymnen, dem Gendern und Windrädern beschäftigt, darf sich nicht wundern, wenn die Wähler in Scharen davonlaufen.

Die Taktik der Ausgrenzung wird jedenfalls nicht mehr funktionieren. Auch wenn der grüne Bundespräsident Alexander van der Bellen sich bereits festgelegt hat, Kickl selbst bei einem Wahlsieg der FPÖ nicht mit der Bildung einer Bundesregierung betrauen zu wollen.

Ob dies demokratisch, legitim und durchzuhalten sein wird, ist die Frage. Es deutet jedenfalls vieles darauf hin, dass die grüne Regierungsbeteiligung bald Geschichte sein wird. Die Ampel hat derzeit keine Chance, denn sowohl SPÖ und Grüne als auch Liberale sind im Sinkflug. Bleibt also die Variante Blau und Schwarz. In den Bundesländern probt man dies bereits ausgiebig.

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