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Die Irrtümer der Selbstbestimmung

Die Welt als Wille und Vorstellung

Das Selbstbestimmungsgesetz „legt die Entscheidung über das eigene Leben wieder dahin, wo sie hingehört: In die Hände der jeweiligen Personen.“ So heißt es auf der Internetseite der Bundestagsfraktion der Grünen. Das klingt gut – schließlich sind wir alle für Selbstbestimmung und Freiheit. Was soll schlimm daran sein, wenn Menschen selbst entscheiden, welches Geschlecht sie haben? Eine berechtigte Frage!

Die Antwort liegt darin, dass es sich beim Selbstbestimmungsgesetz nicht um eine Gewährleistung von Freiheit handelt, sondern um eine Grenzüberschreitung dessen, was Recht zu leisten vermag: Dem Menschen wird von Rechts wegen eine Entscheidungsgewalt zugesprochen, die er nicht hat. Ob wir als Mann oder Frau geboren werden, liegt schlicht außerhalb unserer Selbstbestimmtheit.

Zwei Irrtümer liegen dem Gesetz zugrunde

Die Unverfügbarkeit unserer Geschlechtlichkeit nicht anzuerkennen, offenbart zwei Irrtümer, die dem Gesetz zugrunde liegen: Die Autonomie des Menschen sei grenzenlos; und, daraus folgend: Es gebe keine Wirklichkeit außerhalb unserer selbst – denn eine solche würde ja unsere vollkommene Freiheit von außen begrenzen. Selbst das in der Zeugung bereits angelegte, empirisch feststellbare Geschlecht wird der Befindlichkeit untergeordnet.

Der eingangs zitierte Satz ist daher irreführend: Dem Menschen wird keine Freiheit wiedergegeben. Er maßt sich lediglich an, Realität als reines Erzeugnis seiner Vorstellungskraft zu betrachten: Wirklich ist, was mein Geist sich erschafft.

Und Frauenhäuser, Frauengefängnisse?

Man könnte einwenden, das juristische Geschlecht sei ein Parameter, um einen Teil der Realität, nämlich das individuelle Empfinden, juristisch erfassen zu können: Eine zusätzliche Kategorie, die vom biologischen Geschlecht unabhängig ist. Praktisch aber gibt es kein isoliertes juristisches Geschlecht. Es reicht Transgenderaktivisten nicht aus, sagen zu können „Ich bin rechtlich betrachtet eine Frau“.

Über dieses Problem stolpert das Vorhaben auch umgehend: Was soll für geschützte Bereiche gelten, die Frauen vorbehalten sind, wie etwa Frauenhäuser? Genügt das Empfinden eines Mannes, um ihm Zugang zu diesen Räumen zu verschaffen? Wie verhindert man, was in Großbritannien bereits vorgekommen ist, dass Sexualstraftäter sich als Frau identifizieren und in Frauengefängnissen untergebracht werden? Wer bestimmt bei einander widersprechenden Wahrnehmungen, welche Vorrang hat?

Die große Willkür

Das Dilemma, das durch diese Überschreitung der juristischen Kompetenz entsteht, wird „gelöst“, indem man nach dem Nützlichkeitsprinzip verfährt: Wollen wir geschützte Räume für Frauen erhalten? Ja. Also schränken wir an dieser Stelle die Selbstbestimmung ein. Das mag pragmatisch wirken, ist aber reine Willkür.

Das beweist eine zweite Ausnahme, die sofort das Augenmerk der Medien auf sich gezogen hat: Auch im Kriegsfall soll die Selbstbestimmung eingeschränkt werden, damit Männer sich nicht postwendend zu Frauen erklären und dem Kriegsdienst entziehen können.

Gesetzgebung wird hier also an volatilen Erfordernissen ausgerichtet. Dieser Opportunismus schadet nicht nur dem Vertrauen der Bürger in die Legislative. Er ist eine Bedrohung für die Freiheit, da er den Menschen willkürlichen Anforderungen des Staates unterwirft, die wiederum keinen verlässlichen und allgemeingültigen Grenzen unterliegen.

Dass es zu Repressalien kommt, ist zwangsläufig

Zudem ist abzusehen, dass dieses Gesetz bürokratischen Wust und Rechtsunsicherheit hervorbringen wird: Jugendliche werden zum Spielball zwischen medialer Indoktrination, Eltern und Familiengerichten; Journalisten werden verunsichert sein, ob sie über das ursprüngliche Geschlecht eines Menschen berichten dürfen oder nicht, und so weiter.

Dass die Waage letztlich in Richtung Repressalien gegenüber jenen, die an Faktizität festhalten, ausschlagen wird, ist keine Vermutung, sondern eine zwangsläufige Entwicklung. Die Geschichte lehrt, dass, wer eine alternative Realität etablieren will, immer massivere Druckmittel und kunstvollere Konstruktionen braucht, um den Durchbruch der Wirklichkeit in das Phantasiegebilde zu verhindern.

Wenn Individuen dies für sich leisten wollen, ist das zu respektieren. Menschen aber per Gesetz davor schützen zu wollen, mit der vorgefundenen Realität umgehen zu müssen, ist absurd. Und letztlich handelt es sich nicht um ein menschenfreundliches Zugeständnis, sondern um ein Einfallstor, um die Unverfügbarkeit des Menschen weiter zu unterlaufen.

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