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Kolumne „Der Schweizer Blick“

Probleme erfinden statt sie lösen

Über 700 Personen wurden im Jahr 2022 in der Schweiz auf rassistische Weise diskriminiert. Das zeigt der soeben veröffentlichte „Rassismusbericht“, zusammengetragen von 23 Fachstellen rund um das Thema. Man kann diese Zahl als hoch oder tief empfinden, sicher ist: Sie hat keine Aussagekraft.

Das Problem ist die Inflation von Experten, diplomiert oder selbsternannt, die irgendwie ihr Geld verdienen müssen. Am einfachsten geht das beratend im Rahmen der erwähnten Fachstellen. Das Geschäft funktioniert allerdings nur, solange es Leute gibt, die etwas zu beklagen haben und Hilfe suchen. Fehlt es an diesen, muss man einfach das behandelte Thema nach und nach ausweiten, bis sich fast jeder betroffen fühlt. Dann brummt der Laden.

Bei 700 rassistischen Vorfällen erwartet man eine Auflistung von roher Gewalt und massiven Eskalationen. Was man im Rassismusbericht stattdessen findet: Haufenweise Geschichten von Einzelpersonen, die sich nicht überprüfen lassen. Meist ging es nicht um das eigentliche Ereignis, sondern um subjektive Empfindungen. Es erinnert an die MeToo-Debatte: Entscheidend ist nicht, was vorgefallen ist, sondern wie es beim Empfänger ankommt.

Und die reale Gefahr, dass die Miete nicht bezahlt wird?

Das beste Beispiel: Ein Sozialhilfeempfänger, der eine Wohnung nicht zugesprochen erhielt. Er schob das auf seinen Migrationshintergrund, wandte sich an eine Fachstelle und fand umgehend Aufnahme in der Liste rassistischer Vorfälle. Dass aufgrund der Wohnungsnot in vielen Regionen 99,9 Prozent der Bewerber den Zuschlag nicht erhalten, weil es eben nur einer sein kann, war kein Thema. Ebenso wenig, dass es viele andere Gründe für die Ablehnung gegeben haben könnte. Zum Beispiel die reale Gefahr, dass die Miete nicht bezahlt wird.

Würden Fachstellen ihren Auftrag ernst nehmen, müssten sie in solchen Fällen abwinken: Zu wenig fundiert, zu unklarer Hintergrund, nichts, an dem sich Rassismus festmachen ließe. Aber das ist nicht in ihrem Interesse. Wie soll man 23 Fachstellen unterhalten, wenn statt eines satten Papierbergs von Fällen nur noch ein gefalteter Handzettel als Ergebnis der Arbeit entsteht?

In Zürich prangen unzählige Hämmer und Sicheln

Dasselbe Schema gilt für den Rechtsextremismus. Vorfälle aus diesem Bereich werden akribisch gesammelt und regelmäßig publiziert. Macht man das vernünftig, erhält man danach Aufschlüsse über mögliche Trends. Tut man es beliebig und inflationär, ist das Resultat höchstens eine unterhaltsame Lektüre für Paranoiker und solche, die es werden wollen.

Als rechtsextremer Vorfall gilt schon, wenn ein Betrunkener des Nachts ein Hakenkreuz spiegelverkehrt an eine Fassade malt. Würde man ihn nach Details rund um die Ideologie fragen, deren Symbol er gerade verwendet hat, wäre er vermutlich überfordert. Währenddessen prangen beispielsweise quer durch Zürich unzählige Hämmer und Sicheln oder die Buchstaben „ACAB“ für „All cops are bastards“. Das hält allerdings niemand für notizwürdig.

Der Rubel rollt nur, wenn die Zahlen steigen

Illusion ist alles. Natürlich ist Rassismus allgegenwärtig, wenn jeder, der keinen Zugang in einen Partyclub bekommt oder eine Jobabsage erhält, seine Herkunft als Grund sieht. Was furchtbar bequem ist, weil man sich dann selbst nicht darüber hinaus hinterfragen muss. Bei Individuen ist dieser Reflex sogar noch verständlich. Wenn diese aber von meist staatlich finanzierten Fachstellen sogar noch dazu motiviert werden, hinter jedem negativen Ereignis in ihrem Leben rassistische Ausgrenzung zu wittern, entsteht ein Zerrbild.

Medien sind perfekte Erfüllungsgehilfen auf diesem Weg. Wann immer die Rede von einem möglichen Fall von Rassismus ist, holen sie umgehend eine Expertenstimme ein. Der Vertreter einer Fachstelle wird in keinem Fall dementieren, dass das Geschehene rassistisch ist. Damit würde er seine eigene Tätigkeit untergraben. Der Rubel rollt nur, wenn die Zahlen steigen.

Dass es Rassismus gibt, wird niemand bestreiten. Dass er bekämpft werden soll, ebenfalls nicht. Dieser Kampf ist allerdings schwierig, wenn nicht mehr zwischen echten und aufgebauschten, verzerrten Fällen unterschieden wird.

Hitzige Debatte in der Familie Fall für den Staatsanwalt?

1994 wurde in der Schweiz durch eine Volksabstimmung eine neue Antirassismus-Strafnorm eingeführt. Sie stellt öffentliche Rassendiskriminierung und Volksverhetzung unter Strafe. Bei ihrer Einführung hieß es von Seiten der Regierung, man werde bei der Anwendung Augenmaß walten lassen.

Das ist lange her und vergessen. Inzwischen gibt es Bestrebungen von linker Seite, das Detail „öffentlich“ auszublenden, also auch rassistische Bemerkungen im privaten Rahmen zu verfolgen. Es ist eine Frage der Zeit, bis eine hitzige Migrationsdebatte im Familienkreis ein Fall für ein Gericht wird.

Fachstellen sind mittlerweile eine Industrie, die nicht mehr dazu dient, die Probleme der Menschen zu lösen, sondern sie dabei zu unterstützen, Probleme zu erfinden. Aber wer künstlich Opfer heranzüchtet, bestraft die eigentlichen Opfer.

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