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Frauenrechte und Schwangerschaftsabbruch

Wo bleibt hier die Freiheit zur Nicht-Abtreibung?

Wenn ich neue Leute kennenlerne und nicht genau weiß, wen ich da vor mir habe, sage ich über meinen Beruf meistens erst mal nur verknappt, dass ich für eine Frauenhilfsorganisation arbeite. Das kommt auf jeden Fall gut an, denn ein bisschen Feminist ist ja heutzutage jeder, der was auf sich hält – und ich habe nicht an jedem Tag Lust auf eine Grundsatzdiskussion. Und meistens wird auch nicht groß nachgefragt.

Eigentlich finde ich das schade. Denn ich würde gerne jedem sagen, dass ich für eine großartige Organisation arbeite, die Frauen vor Abtreibung bewahrt, und damit auf allgemeine Zustimmung stoßen. Aber leider gibt es da im durchschnittlichen Feminismus ein Paradox: Man ist für Frauenrechte und deshalb natürlich für Abtreibung.

Und nicht nur der durchschnittliche Alltagsfeminist denkt so, auch die klugen und gebildeten Leute, die Nationen führen oder durch ihre Medienbeiträge Meinungen beeinflussen, und denen ich unterstelle, dass sie sich darum viele Gedanken machen. Erst neulich zum Weltfrauentag las ich eine kluge Feder über den aktuellen Stand feministischer Errungenschaften, deren Abwägen der verschiedenen Aspekte ich sehr spannend fand – bis die Passage über die Abtreibung kam. Oder, in den Worten der Autorin, die Passage über das „Recht auf eine selbstbestimmte Schwangerschaft“.

Da ist dann die Abtreibung wieder die heilige Kuh, die nicht angerührt werden darf

Ihrer Ansicht nach sind die US-amerikanischen und polnischen Gesetzesänderungen der vergangenen zwei bis vier Jahre als Zeichen dafür zu werten, „dass es überall auf der Welt gesellschaftlichen Kräfte gibt, die das Rad der Zeit … für Frauen zurückdrehen wollen“.

Da ist dann plötzlich der Schwangerschaftsabbruch wieder die heilige Kuh, die nicht angetastet werden darf. Hier ist keine Abwägung mehr möglich, hier gibt es nur noch eine Sichtweise.

Was für ein katastrophaler Irrtum! Ist es denn bei den Feministinnen immer noch nicht angekommen, wie sehr unzählige ihrer Geschlechtsgenossinnen unter Abtreibungen leiden – und zwar nicht nur unter den Abtreibungen, die tatsächlich an ihnen vollzogen wurden, sondern auch unter denen, die ihnen möglicherweise bevorstehen?

Nur ein paar Kostproben aus unserer alltäglichen Beratungsarbeit möchte ich Ihnen mitgeben: 

„Ich bin aktuell in der 12. Schwangerschaftswoche. Mein Freund und ich wissen es seit der 9. SSW. Wir hatten große Streits und große Diskussionen über das Baby. Ich persönlich möchte es behalten, aber er droht mir, mich zu verlassen, wenn ich es nicht abtreibe. (…) Als ich ihm gesagt habe, dass ich schon zu weit bin, hat er gesagt, dass die in Holland das noch machen würden. (…) Ich weiß nicht, was ich tun soll, ich hab Angst, ihn zu verlieren, ich wollte immer eine Familie mit ihm zusammen.“

„Sowohl mein Mann als auch meine Schwester raten mir von der Fortführung der Schwangerschaft ab. (…) Natürlich habe ich Sorge, wenn ich mich gegen die Abtreibung entscheide, dass niemand hinter mir stünde und ich somit keine Unterstützung bekäme. Wenn eine Abtreibung vollzogen wird, dann gegen meine 100% Entscheidung und für alle anderen. Ich fühle Ängste in mir, dass mich dieses Vorhaben sowohl körperlich als auch emotional sehr belasten wird. Ich befürchte, dass ich mir das immer vorwerfen werde und sehr schwer darüber hinwegkäme. Wenn ich mir was wünschen könnte, dann wäre es, dass mein Mann zu mir steht und mir zu verstehen gibt, dass wir es gemeinsam schaffen werden, dann fiele eine Entscheidung sicher etwas einfacher.“

Da möchte man doch aufschreien! Wo ist denn hier die Freiheit zur Nicht-Abtreibung? Wo ist hier der Respekt vor den Rechten der Frau? Wie kann es sein, dass jemand sich als Verteidigerin der Frauenrechte versteht und diese Not nicht beachtet, ja, nicht alles dafür tut, um sie öffentlich sichtbar zu machen und im öffentlichen Diskurs zu berücksichtigen? Macht sich derjenige, der dieses Leid verschweigt und bewusst wegschaut, weil es nicht in seine Überzeugungen passt, nicht mitschuldig?

Ich persönlich bin davon überzeugt, dass eine Abtreibung niemals eine gute Lösung ist

In zahllosen Kontaktaufnahmen durch schwangere Frauen mit unserer Beratung lese ich Tag für Tag, dass für diese Frauen eine Abtreibung eben genau das ist, was sie nicht wollen. Dass sie sich verzweifelt einen Weg wünschen, bei dem sie das Kind unter ihrem Herzen nicht abtreiben müssen. Weil sie spüren, dass es sie zerreißen würde.

Ich persönlich bin davon überzeugt, dass eine Abtreibung niemals eine gute Lösung ist, nicht für die Frau, nicht für den Mann, für das Kind schon gar nicht. Aber selbst, wenn man sich darauf einigen würde, dass es mit einem Schwangerschaftsabbruch mal so und mal so sein könne und dass es vor allem auf die freie Entscheidung der Frau ankomme:

Warum setzt der Feminismus immer wieder auf die Abtreibung? Warum ist mit einem Slogan wie „selbstbestimmte Schwangerschaft“ dann doch immer nur die Freiheit zur Abtreibung gemeint? Warum nicht (wenigstens auch) das Recht, sich trotz aller widrigen Umstände für ein Kind zu entscheiden und darin bestärkt zu werden? Warum fragen Medien bei uns ausschließlich Geschichten von Frauen an, die sich für eine Abtreibung entschieden haben, und nicht auch Geschichten mit einem mutigen Ja zum Leben?

Diese Einseitigkeit ist schlimm. Sie macht die reale Not von Frauen unsichtbar. Ich kann so einen Feminismus nicht ernst nehmen.

 

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Kommentare

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Kommentar
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Teresa
Vor 1 Monat 1 Woche

Ich, 62, bin uneheliche Mutter. Damals galt Abtreibung noch nicht als "medizinische Leistung", aber mein Sohn, heute 35, war von meiner Umgebung nicht gewünscht, und man hätte mir den Schwangerschaftsabbruch gerne möglich gemacht. Ich habe mich aufgrund der Unterstützung christlicher Freunde gegen meine Eltern und auch den Kindsvater durchsetzen können, wurde in Konsequenz aber nicht nur verlassen, sondern auch enterbt. Ich bin trotzdem immer froh gewesen, mich für das Kind entschieden zu haben. Das "Recht" auf Abtreibung ist leider immer auch die "Pflicht" zur Abtreibung, denn man "darf" ja und weil man "darf", wird man ja seiner Umgebung auch den Gefallen tun ... Jedes Mal, wenn es auf dieser Welt zu so einer vermeintlichen "Befreiung der Frau" kommt, schluchze ich innerlich auf. Für jede "befreite" Frau, die es sicherlich auch hier und da geben mag, stehen doch viel mehr Frauen, denen man mit ihrem Kind auch das Herz aus dem Leib gerissen hat. Wer kann denn Eltern näher sein, als das eigene Kind? Das Recht auf Abtreibung ist das Recht der Umgebung des Kindes auf Verantwortungslosigkeit gegenüber dem Nächsten. Wir leben damit jetzt endgültig in der Totalumkehrung der Schöpfung und göttlichen Ordnung: "Seid fruchtbar und mehret euch!" und "Du sollst dein Brot im Schweiße deines Angesichts essen". Wir aber tragen jetzt Geld auf die Bank, wo es sich auf dem Konto mühelos "vermehren" soll und verlangen im Gegenzug, dass jene Handlungen, die natürlicherweise Kinder hervorbringen, folgenlos bleiben müssen.

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Bernhard
Vor 1 Monat 1 Woche

Es ist ja eine interessante Idee, den Feminismus mit den eigenen Waffen schlagen zu wollen, aber Abtreibung ist eine Säule des Feminismus, man findet das bei Simone de Beauvoir, Alice Schwarzer und Co. Es geht dem Feminismus nicht darum, Frauen zu helfen, sondern die Ordnung zu ändern: Frauen sollen zu Männern in Konkurrenz treten und im Grunde selbst zu Männern werden, wie sagt de Beauvoir: „Man kommt nicht als Frau zur Welt, man wird es.“ In der Perspektive des Existenzialismus sind Männlichkeit und Weiblichkeit keine ewigen Wesenheiten, sondern Konstruktionen. Demnach seien weibliche Qualitäten nicht angeboren, sondern resultieren aus Unterdrückung. Die Frau werde befreit, wenn sie gleichsam aufhöre weiblich und Frau zu sein. Insofern sollte eine Aufklärung über den Feminismus als frauenfeindliche Ideologie wichtig sein.

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Anthony
Vor 1 Monat 1 Woche

Die vornehmste Pflicht eines Staates ist es für das Wohl seiner Bürger zu sorgen. Wie absurd ist es dann, wenn wir für das Lebensrecht von Kindern eintreten müssen. Der Feminismus ist eine Ideologie, also eine Weltanschauung, dürfen wir Ideologien zum Maßstab staatlichen Handelns erheben, wenn es um Grundrechte geht? Ich denke nein, dort liegt der Fehler, diese weltweite Agenda ist krank. Argumentativ bleibe ich, als Ingenieur, bei den Naturwissenschaften und die Biologie erklärt nachweislich das ungeborene Kind zu einem individuellen Leben, über das weder die Mutter, noch der Staat ein Verfügungsrecht hat. Danke für den gute Artikel, er geht in die richtige Richtung, ob ich den Feminismus unterstützen würde? Nein. Mann und Frau haben die selbe Würde, da gibt es keine Abstriche, allerdings auch eine unterschiedliche Biologie, Psychologie und Physis. Ich wünsche mir, dass wir zu einer faktischen Betrachtung zurückkehren können.

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Hildegard tscholl
Vor 1 Monat 1 Woche

Es gibt das schlaue Angebot von Psychologen die Frau fühlen zu lassen, was für sie richtig sein könnte . Wo das Herz mehr hinzueht, das ist dann stimmig.
Habe ich auch nur in einer Beratung nach Abtreibung erfahren.
Weil die Frau durch ihre 3 Kinder bereits sehr belastet war,und sie sehr zur Antreibung hin tendierte, war das die einzige Hilfe, da man ihr angeboten hat
Nun ist sie mur mehr am Weinen und versteht die Welt nicht mehr. Denn sie hatte sich ja mit kompetenter Unterstützung vorbereitet. Die Aufarbeitung und Heulung ist ein langer und steiniger Weg und ich hoffe sehr, dass sie es schafft

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Ina
Vor 1 Monat 1 Woche

Was für ein wichtiger und wertvoller Beitrag - hoffentlich lassen sich Menschen hierdurch wachrütteln. Herzlichen Dank!

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Michael
Vor 1 Monat 1 Woche

Tja, irgendwie ist dieses behauptete Recht der Frau eigentlich eines des Mannes, nämlich sich seiner Verantwortung zu entziehen. Ist aber fast immer so. Wenn man heute gesagt bekommt, du hast dieses oder jenes Recht, dann ist es eher eine Pflicht, der man nachzukommen hat.

Und noch was: Vielleicht ist es ja eine Verschwörungstheorie, aber ich habe gehört, sehr viele der abgetriebenen Menschlein seien weiblich. Wo sind da die Frauenrechte? Wenn Feministinnen gerne Männer töten, wäre das ja noch irgendwie in deren Logik nachvollziehbar. Aber das sie zum Mord an ihresgleichen aufrufen ist doch komplett unlogisch.

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Ann Frost
Vor 1 Monat 1 Woche

Total richtig

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Andreas Graf
Vor 1 Monat 1 Woche

"Wenn ein Reich mit sich selbst entzweit, so kann dieses Reich keinen Bestand haben. Und wenn ein Haus in sich selbst entzweit ist, so kann dieses Haus keinen Bestand haben. Wenn nun Satan gegen sich selbst aufsteht und mit sich entzweit ist, so kann er keinen Bestand haben, sondern es ist aus mit ihm." (Mk. 3, 24-26) Das Böse lebt vom Widerspruch und ist in sich gespalten. So war es schon immer. So ist es auch hier. Der Feminismus ist per se böse und kann nur Böses hervorbringen. So ist die Abtreibung als eine Frucht des Feminismus böse. Der Starke ist in das Haus eingedrungen und hat all seine Habe geplündert. Gegen diese modernen antichristlichen Strömungen hilft nur noch viel Gebet.

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Chrizzlybear
Vor 1 Monat 1 Woche

Ich würde unterscheiden zwischen Feminismus und (bösem) radikalem Feminismus. Profemina ist ja auch feministisch.

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Michael
Vor 1 Monat 1 Woche

Ich weiß nicht, ob man das unterscheiden kann und/oder sollte. All die -ismen sind eine Isolierung je eines Gutes und dessen Überhöhung bis hin zur Perversion. Deswegen sind alle -ismen schlecht. Aber man sollte mal nachschauen, von wem und zu welchem Zweck diese verlogene Ideologie erfunden wurde. Waren es überhaupt Frauen? Aus welcher Ecke kamen diese? Vielleicht aus der marxistischen Ecke? Und falls es tatsächlich keine Männer waren, warum haben dann in einer Zeit, als Männer an allen Hebeln der Macht saßen, diese ihn dann derart unterstützt? Wie immer in der Politik: Cui bono? Und zwar nicht vorgeblich, sondern wirklich/faktisch, also: Cui bono realiter? Auch dieser -ismus nutzt weder Männern noch Frauen, sondern schädigt sie. Er nutzt aber den Spaltern, die mittels divide et impera die Zügel immer fester ziehen, während sie gleichzeitig über all die nützlichen Idioten lachen, die zugunsten ihres jeweiligen -ismus die dumpfe Masse in Grabenkämpfen beschäftigen.

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Teresa
Vor 1 Monat 1 Woche

Ich, 62, bin uneheliche Mutter. Damals galt Abtreibung noch nicht als "medizinische Leistung", aber mein Sohn, heute 35, war von meiner Umgebung nicht gewünscht, und man hätte mir den Schwangerschaftsabbruch gerne möglich gemacht. Ich habe mich aufgrund der Unterstützung christlicher Freunde gegen meine Eltern und auch den Kindsvater durchsetzen können, wurde in Konsequenz aber nicht nur verlassen, sondern auch enterbt. Ich bin trotzdem immer froh gewesen, mich für das Kind entschieden zu haben. Das "Recht" auf Abtreibung ist leider immer auch die "Pflicht" zur Abtreibung, denn man "darf" ja und weil man "darf", wird man ja seiner Umgebung auch den Gefallen tun ... Jedes Mal, wenn es auf dieser Welt zu so einer vermeintlichen "Befreiung der Frau" kommt, schluchze ich innerlich auf. Für jede "befreite" Frau, die es sicherlich auch hier und da geben mag, stehen doch viel mehr Frauen, denen man mit ihrem Kind auch das Herz aus dem Leib gerissen hat. Wer kann denn Eltern näher sein, als das eigene Kind? Das Recht auf Abtreibung ist das Recht der Umgebung des Kindes auf Verantwortungslosigkeit gegenüber dem Nächsten. Wir leben damit jetzt endgültig in der Totalumkehrung der Schöpfung und göttlichen Ordnung: "Seid fruchtbar und mehret euch!" und "Du sollst dein Brot im Schweiße deines Angesichts essen". Wir aber tragen jetzt Geld auf die Bank, wo es sich auf dem Konto mühelos "vermehren" soll und verlangen im Gegenzug, dass jene Handlungen, die natürlicherweise Kinder hervorbringen, folgenlos bleiben müssen.

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Paula von Ketteler
Vor 1 Monat 1 Woche

Liebe Teresa, ich bewundere Sie von ganzem Herzen und gratuliere Ihnen!!

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Yvonne
Vor 1 Monat 1 Woche

Großartiger Beitrag, spricht mir so sehr aus der Seele und bringt es zu 100% auf den Punkt! Danke dafür!

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Bernhard
Vor 1 Monat 1 Woche

Es ist ja eine interessante Idee, den Feminismus mit den eigenen Waffen schlagen zu wollen, aber Abtreibung ist eine Säule des Feminismus, man findet das bei Simone de Beauvoir, Alice Schwarzer und Co. Es geht dem Feminismus nicht darum, Frauen zu helfen, sondern die Ordnung zu ändern: Frauen sollen zu Männern in Konkurrenz treten und im Grunde selbst zu Männern werden, wie sagt de Beauvoir: „Man kommt nicht als Frau zur Welt, man wird es.“ In der Perspektive des Existenzialismus sind Männlichkeit und Weiblichkeit keine ewigen Wesenheiten, sondern Konstruktionen. Demnach seien weibliche Qualitäten nicht angeboren, sondern resultieren aus Unterdrückung. Die Frau werde befreit, wenn sie gleichsam aufhöre weiblich und Frau zu sein. Insofern sollte eine Aufklärung über den Feminismus als frauenfeindliche Ideologie wichtig sein.