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Verfügung gegen Reichelt-Medium

Tatbestand „Transfrau als Mann bezeichnet“

Gott sprach und es wurde, hieß es früher. Der Mensch spricht und es ist, heißt es heute. Zumindest wenn es nach Vertretern der Gendersprache geht. „Sprache schafft Realität“, lautet das Mantra von Gender-Freunden. Sollte jemand die eigene, neue Realität missachten, könnte das strafrechtliche Folgen haben.

Das Landgericht Frankfurt am Main hat gegen das Medienprojekt Rome Medien von Ex-Bild-Chefredakteur Julian Reichelt eine einstweilige Verfügung beschlossen. Sollte das Unternehmen oder deren Autorin Judith Sevinç Basad die Transfrau Janka Kluge in einem Artikel nochmals als „Mann“ bezeichnen, muss Rome Medien eine Strafe in Höhe von 250.000 Euro zahlen, alternativ droht auch eine Haftstrafe.

Judith Sevinç Basad hatte in besagtem Text, der auf der Rome-Medien-Plattform pleiteticker.de erschienen war, über den Fall der Biologin Marie Vollbrecht berichtet, die unter anderem von der Transaktivistin Janka Kluge für die Äußerung kritisiert worden war, es gebe nur zwei Geschlechter. Zum Verhängnis wurde Basad, dass sie Kluge in ihrem Artikel als „Mann“ bezeichnet hatte. 

Misgendern habe negative Auswirkungen auf Betroffene

Eine Begründung für den Richterspruch geht aus dem Beschluss des Landgerichts Frankfurt am Main nicht hervor. Es wird aber auf die rechtliche Grundlage, nämlich Artikel 2 des deutschen Grundgesetzes, das Recht der freien Entfaltung der Persönlichkeit, hingewiesen. Mit Artikel 2 argumentiert auch Kluges Anwalt, Jasper Prigge: „Verschiedene Studien belegen die negativen Auswirkungen von Misgendern auf Betroffene. Hierauf haben wir im Verfahren hingewiesen. Misgendern ist ein schwerwiegender Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht und kann rechtliche Konsequenzen haben."

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Für Misgendern (das Nicht-Nennen des Wunschgeschlechts) – „Deadnaming“ ist eine Form des Misgenderns – gibt es kein eigenes Gesetz. In diesem Fall hat das Gericht entschieden, dass Misgendern das Persönlichkeitsrecht derart verletze, dass es das Recht auf Meinungs- und Pressefreiheit sticht.

„Das allgemeine Persönlichkeitsrecht wiegt – wenn es denn wirklich verletzt worden ist – durchaus schwer, da es letztlich aus der Menschenwürdegarantie hergeleitet wird. Die Meinungs- wie auch die Pressefreiheit sind hingegen nicht schrankenlos gewährleistet, sondern finden ihre Grenzen in allgemeinen Gesetzen und dem ‘Recht der persönlichen Ehre’, erklärte der Staats- und Verfassungsrechtler Ulrich Vosgerau gegenüber Corrigenda.

„Ein Teilbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ist das Recht auf Selbstdarstellung. Das bedeutet, dass jeder selbst bestimmen kann, wie er sich in der Öffentlichkeit darstellt. Das Gericht wendet diesen Grundsatz jetzt anscheinend auch auf das – eigentlich biologisch festgelegte – Geschlecht eines Menschen an“, äußerte ein weiterer Jurist gegenüber Corrigenda, der ungenannt bleiben wollte.

Abwägen zwischen Meinungsfreiheit und Persönlichkeitsrecht

Das Gericht habe die Bezeichnung „Mann“ in diesem Zusammenhang als sogenannte „unerlaubte Handlung“ beurteilt, die einen Schadenersatz- und Unterlassungsanspruch begründet, sagt der Rechtsanwalt. Als Grundlage für diese Beurteilung vermutet er das Transsexuellengesetz (TSG), das in Paragraf 5 ein Offenbarungsverbot kenne. „Janka Kluge hatte laut Presseberichten im Prozess versichert, die Voraussetzungen des TSG bereits vor vielen Jahren erfüllt und sich sowohl einer operativen Geschlechtsumwandlung als auch einer amtlichen Namensänderung unterzogen zu haben. Es ist davon auszugehen, dass das Gericht in der Folge das selbstgewählte Geschlecht als eine geschützte Ausprägung der eigenen Persönlichkeit ansieht“, sagte der Jurist.

Juristische Laien könnten Parallelen zu einem Fall aus dem Jahr 2017 ziehen, bei dem ein Gericht das Recht auf Meinungsfreiheit und das allgemeine Persönlichkeitsrecht abwiegen musste. Die damalige AfD-Spitzenkandidatin zur Bundestagswahl Alice Weidel war in der NDR-Sendung „extra3“ als „Nazi-Schlampe“ bezeichnet worden. Das Hamburger Landgericht wies den Unterlassungsantrag Weidels zurück mit der Begründung, es handle sich bei der Bezeichnung klar um Satire. Außerdem sei Weidel als Spitzenkandidatin eine Person der Öffentlichkeit und müsse überspitzte Kritik hinnehmen. „Im Fall von Alice Weidel entschied das Gericht für die Meinungsfreiheit des NDR-Journalisten“, erklärte der Rechtsanwalt.

Manch einer könnte auch an einen Fall aus dem Jahr 2022 erinnert werden. Damals hatte ein Amtsgericht einer Transfrau recht gegeben, die gegen ihren Ex-Nachbarn geklagt hatte, der sie nicht mit ihrem neuen weiblichen Vornamen ansprechen wollte. Sollte er noch mal ihren alten männlichen Vornamen Rüdiger verwenden, drohe ihm ein Ordnungsgeld. Auch hier wurde vermutlich auch der Paragraf 5 des Transsexuellengesetz angewendet, welches besagt, wenn die Vornamen des Antragstellers rechtskräftig geändert wurden, „dürfen die zur Zeit der Entscheidung geführten Vornamen ohne Zustimmung des Antragstellers nicht offenbart oder ausgeforscht werden“.

Reichelt kündigt an, gegen die Verfügung vorzugehen

Julian Reichelt, Gründer von Rome Medien, bezeichnete die einstweilige Verfügung auf Twitter als „historischen Irrsinn“. Zum ersten Mal verbiete ein Gericht unter Haftandrohung, biologische Fakten auszusprechen. „Wir erleben ein Zeitalter, in dem Institutionen des Rechtsstaats Ideologie und Befindlichkeiten höher bewerten als Fakten unserer Existenz“, schrieb der Journalist.

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Noch gibt es kein Gesetz, welches Misgendern verbietet. Dies könnte sich jedoch ändern, sollte die Ampel-Regierung das Selbstbestimmungsgesetz erlassen. Das sieht Rechtsanwalt Vosgerau kritisch: „Die Kriminalisierung der Bekanntgabe an sich nicht zu bestreitender Tatsachen zeichnet totalitäre politische Systeme aus, eine freiheitliche Demokratie würde darüber nicht einmal nachdenken“, sagte er.

Durch den Beschluss sei der Rechtsfall keineswegs endgültig entschieden, so Vosgerau. Wie könnte der Fall weitergehen? „Rome Medien könnte Beschwerde dagegen einlegen. Sollte auch die Beschwerdeinstanz wieder im Sinne der Antragstellerin entscheiden, so ist der Rechtsweg zunächst ausgeschöpft“, ergänzte der Rechtsanwalt. Dann bliebe noch der „lange Weg“ durch ein Hauptsacheverfahren oder eine Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht wegen Verletzung der Meinungs- und Pressefreiheit.

Reichelt kündigte auf Corrigenda-Nachfrage an, juristisch gegen die Verfügung vorzugehen. „Es kann nicht sein, dass ein Gericht jemanden zwingt, Unwahres zu behaupten, und das auch noch als Recht erklärt. Das führt direkt in den Unrechtsstaat.“

Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version hieß es, der entsprechende Artikel von pleiteticker.de sei nicht mehr aufrufbar. Tatsächlich ist er nach Änderungen nach wie vor online.

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Paula
Vor 1 Jahr

Erinnert empfindlich an „des Kaisers neue Kleider“…

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Paula
Vor 1 Jahr

Erinnert empfindlich an „des Kaisers neue Kleider“…