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Kampf zwischen Frauen und Trans-Aktivisten

Der Tod der Frau

„Sag’ beim Abschied leise Servus.“ Die Worte des österreichischen Schlagers betreffen nicht nur eine verflossene Liebe. Vom „Abschied“ bedroht ist heute auch die Frau. Die biologische, versteht sich. Wie lange wird sie noch Umkleidekabinen, Toiletten, Gefängnisabteile, Saunen, Sportmannschaften, Förderungen für sich beanspruchen können? Selbst ihre Bezeichnung, der Begriff „Frau“, scheint bedroht zu sein. Doch in der politischen und kulturellen Kampfarena stehen sich nicht nur biologische Frauen und Transfrauen gegenüber, es gibt noch weitere Streitplätze und es drohen Spaltungen. 

In Social-Media-Formaten öffentlich-rechtlichen Rundfunks, die sich explizit an junge Leute richten („Funk“, „Glanz&Natur“, „Auf Klo“), wird der Begriff „Frau“ größtenteils umgangen durch Bezeichnungen wie „Person mit weiblichen Geschlechtsmerkmalen“, „Mensch mit Uterus“ oder es wird einfach nur von „Personen“ gesprochen. Damit möchte man die binären Bezeichnungen „Mann“ und „Frau“ vermeiden, damit sich Menschen nicht ausgeschlossen fühlen, die sich in nicht-binäre Kategorien einordnen, die zum Beispiel trans- oder intersexuell sind.

Geht es nach der Goethe-Universität in Frankfurt, soll „Frau“ mit einem Genderstern gekennzeichnet werden (Frau*). „Das Sternchen hinter ‘Frauen’ soll ‘Frau’ als gesellschaftliches Konstrukt oder auch als politische Klasse ausweisen und ein biologisches Verständnis in Frage stellen“, heißt es in der Broschüre „Empfehlungen für geschlechterinklusive und diversitätssensible Sprache“ der Universität. Die tatsächliche „Frau“ gibt es nach diesem Narrativ nicht, sie ist nach dieser Lesart lediglich ein Konstrukt, das es zu dekonstruieren gilt.

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Öffnung der weiblichen Sportdisziplinen für Tansathletleten

World Athletics, die FIFA der Leichtathletik, überlegt, internationale weibliche Leichtathletik-Disziplinen für Transfrauen zu öffnen. Die Entscheidung soll im März fallen, berichtet die britische Tageszeitung The Telegraph. Doch es gibt Widerstand: Beth Dobbin, Emily Diamond und Ellie Baker aus dem britischen Olympischen Leichtathletik-Team haben sich öffentlich gegen eine mögliche Öffnung für Transathletinnen ausgesprochen.

„Ich bin nicht anti-Trans. Es geht einfach darum, was fair ist und was nicht“, schreibt die 800-Meter-Läuferin Baker auf Twitter. Die britische Meisterin im Kugelstoßen, Amelia Strickler, äußert gegenüber dem Blatt, dass die meisten ihrer Kolleginnen fürchteten, die weiblichen Disziplinen könnten „frei für jeden“ werden, was zu einem enormen Nachteil für Frauen würde. Die Sportlerinnen hätten aber Angst, sich öffentlich zu äußern, weil sie befürchten, dadurch Sponsoren zu verlieren oder zur einer Zielscheibe von Shitstorms in den sozialen Medien zu werden.

Zwar würde es für Transfrauen bestimmte Richtlinien geben, etwa einen maximal zulässigen Testosteron-Pegel, der nicht überschritten werden dürfe. Trotzdem gäbe es eine Reihe an Unterschieden, die man nicht austilgen könne, wie Größenvorteil, Kraft, Lungenkapazität, meint Strickler. Die britische Ministerin für Kultur, Medien und Sport, Michelle Donelan, die der Conservative Party angehört, signalisierte, dass der Frauensport Menschen mit weiblichen Geschlechts vorbehalten sein müsse.

Proteste von Sportlerinnen gegen eine Öffnung der weiblichen Sportdisziplinen für Transfrauen kommen von allen Kontinenten. Jüngst drohte die US-Profisurferin, Bethany Hamilton, dass sie nicht mehr bei Surf-Wettbewerben antreten werde, sollte die „World Surf League“ ihre Entscheidung, Transathleten dürfen in der Frauenklasse antreten, nicht rückgängig machen. Die 32-Jährige verlor als Teenager ihren linken Arm durch eine Haiattacke. Sie spricht sich dafür aus, eine eigene Klasse für alle Geschlechter, in der auch Transathleten starten dürfen, aufzumachen.

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In Deutschland dürfen nicht-binäre Menschen seit Juni vergangenen Jahres selbst entscheiden, ob sie Fußball in Männer- oder Frauenteams spielen. Das gilt jedoch bislang für den Amateur- und Jugendbereich, beschloss der Deutsche Fußball Verband (DFB). Hinsichtlich solcher Entwicklungen fragt ein Kommentator der Neuen Zürcher Zeitung zurecht, warum es eigentlich nicht gleich gemischte Fußballteams gibt und die Männer- sowie Frauenteams nicht aufgelöst werden.

Verurteilte Transfrauen sollen in Frauengefängnisse

In Schottland wird gerade die Frage heiß diskutiert, ob verurteilte Transfrauen in Frauengefängnisse unterkommen können. Die Debatte ist Teil einer größeren Auseinandersetzung zwischen London und Edinburgh. Ein neues Transgender-Gesetz (Gender Recognition Reform Bill) wurde kurz vor Weihnachten in Holyrood verabschiedet, dem Sitz des schottischen Parlaments.

Damit könnten Menschen, die sich als „Transgender“ bezeichnen, viel einfacher ihren Geschlechtseintrag in der Geburtsurkunde ändern lassen. Das neue Gesetz hat Ähnlichkeiten mit dem deutschen Selbstbestimmungsgesetz, das die Ampel-Regierung vorbereitet. Doch das schottische Gesetz wurde gestoppt – die britische Regierung in London hat ein Veto eingelegt. Damit wurde auch verhindert, dass verurteilte Sexualstraftäter ihren Geschlechtseintrag ändern können, um in ein Frauengefängnis verlegt zu werden.

Eine der prominentesten Kritikerinnen der Gender Recognition Reform Bill ist die „Harry Potter“-Autorin J.K. Rowling. Die Britin fürchtet um Rechte und Schutzräume für Frauen. Dass diese Angst begründet ist, zeigt ein Prozess, der in Großbritannien nicht nur unter Frauenverbänden für Aufregung sorgt: Ein wegen zwei Vergewaltigungen verurteilter Mann identifiziert sich nun als Transfrau. Adam Graham, der sich jetzt Isla Bryson nennt, wurde zuerst in ein Frauengefängnis gesteckt. Sein Geschlecht wurde rechtlich zwar nicht geändert, aber dem „Scottish Prison Service“ (SPS) reichte seine Selbstidentifikation als Frau.

Nachdem es einen enormen öffentlichen Aufschrei gab, wurde Graham Ende Januar nun doch in ein Männergefängnis verlegt. Die Öffentlichkeit steht hinter der Verlegung: 59 Prozent der Schotten sowie Engländer sind der Meinung, dass Trans-Vergewaltiger ohne vollständige Geschlechtsumwandlung in ein Männergefängnis inhaftiert werden sollten. Wie im Sport oder bei Toiletten könnte auch bei der Gefängnis-Debatte die Frage gestellt werden, ob man sich mühsame Auseinandersetzungen nicht spart, indem man in Zukunft die Gefängnisse einfach gleich für alle Geschlechter öffnet.

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Zuletzt wurde Rowling zur Zielscheibe von Shitstorms aufgrund des Videospiels „Hogwarts Legacy“. Einzelne Stimmen und „diskriminierte Gruppen“, so das ZDF, rufen zum Boykott gegen das am 10. Februar erscheinende Spiel auf. Schuld sei unter anderem ihre „transfeindliche Haltung“. Dabei schrieb die lesbische Autorin und Kolumnistin EJ Rosetta in einem Twitter-Post im November, dass sie nach dreimonatiger Suche nach transphoben Zitaten in Rowlings Büchern, Essays, Zitaten und Tweets keine „einzige wirklich transphobe Nachricht“ gefunden habe. Grund ihrer Suche war der Auftrag, einen Artikel unter dem Titel „20 transphobische J.K. Rowling Zitate, mit denen wir fertig sind“ zu verfassen. Sie brach das Unterfangen ab und erklärte sich zur Unterstützerin J.K. Rowlings.

Homosexuelle versus LGBTIQA

Hier zeichnet sich ein zweiter Kampfplatz ab: Der zwischen Homosexuellen und der Transgender-Community. Die landläufige Annahme ist, dass sich Lesben und Schwule der LGBTQIA-Bewegung zugehörig fühlen. Doch es gibt Lesben und Schwule, die explizit sagen, nur ein Teil von LGB (Lesben, Schwule, Bisexuelle) zu sein, jedoch nicht von TQIA (Trans, Queer, Inter, Asexual).

Einer, der sich als „LGB Aktivist“ bezeichnet, ist der schwule Ex-Muslim Ali Utlu. In der Talkshow „Talk Im Hangar-7“ des österreichischen Privatsenders ServusTV oder Gastbeiträgen bei WELT oder BILD kritisiert er Cancel Cultur, auf Twitter spricht er sich für „LGB – not Queer“ aus. Das sieht der Queer-Beauftragte der Deutschen Bundesregierung, Sven Lehmann (Grüne), anders. „Wer LGBTIQ* ohne TIQ* will, schadet LGB!“, machte er in einem Twitter-Post klar.

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Faika El-Nagashi ist lesbisch, Grünen-Abgeordnete, seit 25 Jahren Menschenrechtsaktivistin und eine „Woman of Colour“. Trotzdem wird sie von Transaktivisten angefeindet und als „transphob“ beschimpft, weil sie eine offene Debatte über die Frauenfrage fordert und den Begriff „Terf“ kritisiert. Im Interview mit der linksliberalen Wiener Wochenzeitung Der Falter sagt sie: „Für mich ist es nicht progressiv, wenn Frauen sprachlich, als politische Klasse, … verschwinden. Oder Kinder und Jugendliche, viele von ihnen lesbisch oder schwul, medikalisiert werden… Viele Aktivistinnen und Aktivisten tragen die ideologischen Positionen in die Politik, in die Medien, sie dominieren die sozialen Medien, die Unis. Es entsteht ein gewisses Unbehagen zu widersprechen.“

 Damit spricht die Politikerin aus, was einige Homosexuelle, so auch die „LGB Alliance e.V.“ an einer vereinfachten Möglichkeit, seinen Geschlechtseintrag behördlich ändern zu lassen, kritisieren: Dass Jugendliche, die annehmen „im falschen Körper geboren“ zu sein und eine Transition wünschen, in Wahrheit eher homosexuell sind, das aber (noch) nicht akzeptieren können. Eine Transition käme in so einem Fall, so die Ansicht einiger Schwulen und Lesben, einer staatlich verbotenen Konversionstherapie gleich.

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Wer ist die am meisten marginalisierte Gruppe von allen?

Die Beobachtung, es gäbe einen indirekten Konkurrenzstreit zwischen marginalisierten Gruppen, lässt sich nicht leugnen. Jahrzehntelang waren Frauen die lauteste und größte Gruppe, die zu Recht um Gleichberechtigung kämpfte. In den 2000er Jahren rückten Homosexuelle ins Zentrum der Aufmerksamkeit. Sie erreichten 2017 die „Ehe für alle“ sowie das Adoptionsrecht in Deutschland. In den letzten Jahren scheint es, als hätte die Queer-Bewegung die Homosexuellen von ihrem Podest gestoßen. Nun sind sie die Opfergruppe Nummer Eins, die ihre Anliegen politisch verankern möchte. Nun könnte man zynisch fragen, welche angeblich marginalisierte Gruppe nach LGBTQIA den Marsch durch die Institutionen antreten wird und ob dieser Teufelskreis je zu einem Ende kommen wird. Wird es in Zukunft unüberschaubar viele Opfergruppen geben, die sich gegenseitig bekriegen und dem Staat die Aufgabe zufällt, diesen zu schlichten?

El-Nagashi sagt in dem Interview, dass sich ältere Feministinnen nicht mehr zu sprechen trauen würden, aus Angst diskreditiert zu werden. Damit erwähnt sie indirekt den dritten Kampfschauplatz: den Feminismus. Gegenüber stehen sich sogenannte „Radikalfeministinnen“, die die Meinung vertreten, was eine Frau ist, sei biologisch bedingt. Auf der anderen Seite stehen „Intersektionale Feministinnen“, die sich vor allem auf sogenannte FLINTA-Personen (Frauen, Lesben, Inter-, Non-binäre, Trans- und Agender) fokussieren.

Radikalfeministinnen versus intersektionale Feministinnen

Prominenteste Vertreterin des sogenannten Radikalfeminismus ist Alice Schwarzer. Sie warnt vor dem geplanten Selbstbestimmungsgesetz und spricht sogar von einer „Trans-Mode“. Auch die von ihr gegründete Zeitschrift Emma ist radikalfeministisch ausgerichtet, berichtet regelmäßig über Transpersonen, die eine Detransition zurück zu ihrem ursprünglichen Geschlecht durchführen ließen und Transfrauen, die die Transcommunity kritisieren. Dabei setzte sie sich Anfang der 1980er Jahre noch für das Transsexuellengesetz ein, das es Menschen erlaubte, ihr Geschlecht ändern zu lassen.

Für einen intersektionalen Feminismus treten die Jusos, die Jungsozialisten der SPD, ein. Sie befürworten das Selbstbestimmungsgesetz. „Sich für Transrechte einzusetzen heißt, sich für Feminismus einzusetzen“, schreibt ein Juso-Mitglied in einem Blogeintrag auf der Homepage der Jungsozialisten.

Die Auseinandersetzungen, die biologische Frauen von Transfrauen trennen, „LGB“-Anhängern von „LGBTQIA“-Verfechtern und Radikalfeministen von intersektionalen Feministen, werden, sollte das Selbstbestimmungsgesetz im Sommer Realität werden, nicht abnehmen. Im Gegenteil. Die Kämpfe werden sich ausbreiten. Ein Entwurf des Selbstbestimmungsgesetzes, das das Transsexuellengesetz ablösen soll, liegt dem Justizministerium zur Freigabe bereits vor.

Sich in diesen Zeiten für Rechte ausschließlich biologischer Frauen einzusetzen, beziehungsweise eine Feministin im klassischen Sinn zu sein, wirkt fast schon konservativ. Im letzten ist es ein Kampf um die Frau. Ob sie einen „Abschied“ erleben wird, ob dieser „Abschied“, um in der Sprache des österreichischen Schlagers zu bleiben, ein leiser oder einer mit Furore sein wird, hängt unter anderem davon ab, ob Frauen für ihre Rechte, ihre Sicherheit und ihren Schutz kämpfen werden – so, wie sie es die vergangenen hundert Jahre gemacht haben.

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