Islamismus durch die Schultür

Wien wird zunehmend von Muslimen bevölkert. Döner-Kebab-Restaurants, türkische Barbiere, syrische Juweliere und Shisha-Bars gehören schon seit langer Zeit wie die Butter zum Brot zu den Bezirken Favoriten und Rudolfsheim-Fünfhaus. Indes hat sich das Wiener Auge noch nicht an das relativ neue Bild gewöhnt, dass sich zum Beispiel östlich der Donau bietet.
Wien-Donaustadt war einst ein verschlafener Vorstadtbezirk voller Pensionisten, Einfamilienhäuser und junger Familien, die es aus der Innenstadt ins Grüne zog. Mittlerweile gilt „Transdanubien“ (so nennen Bewohner der Bundeshauptstadt den östlich der Donau liegenden Teil der Stadt) als Hotspot für Verbrechen: Laut der neuesten Kriminalstatistik finden in den beiden Bezirken jenseits der Donau nach Favoriten die meisten angezeigten Straftaten statt.
Muslimische Schüler in der Mehrheit
Ein Brennpunkt der Donaustadt, die Wagramer Straße, hat sich in den vergangenen Jahren jedoch mehr und mehr gewandelt. Die alten Konditoreien, Papiergeschäfte, Tante-Emma-Läden und Boutiquen wurden ersetzt. Ihr Fortbestand hatte sich entweder nicht mehr rentiert oder es wurde kein Nachfolger für eine Übernahme gefunden. Stattdessen ist das Straßenbild nun auch geprägt von Dönerbuden, Talahons und hijabtragenden Frauen.


Der subjektive Eindruck einer sich wandelnden Stadt wird durch Fakten untermauert. Die neueste Datenerhebung der Wiener Bildungsstadträtin lässt aufhorchen: Demnach sind 41,2 Prozent aller Grund- und Mittelschüler der österreichischen Bundeshauptstadt muslimischen Glaubens. Zum Vergleich: 2024 waren es „nur“ rund 39 Prozent.
Dahinter folgen christliche Schüler (34,5 Prozent). Der Anteil an römisch-katholischen Kindern macht dabei insgesamt 17,5, jener der orthodoxen 14,5, der der evangelischen 1,7 Prozent aus. Einen nachfolgend großen Platz nehmen Kinder und Jugendliche ohne Bekenntnis ein (23 Prozent).
Bald jeder dritte Wiener islamischen Glaubens?
2017 ergab sich noch ein etwas anderes Bild: Damals waren laut Daten des Stadtschulrats 31 Prozent aller Wiener Grundschüler katholisch, 28 Prozent muslimisch und 17 Prozent ohne religiöses Bekenntnis.
Den demografischen Wandel bestätigt auch eine Studie des Vienna Institute of Demography aus dem Jahr 2017. Dort entwarfen die Forscher anhand von Daten vier Zukunftsszenarien. Tritt das „Szenario 4 (Starke Zuwanderung)“ ein, könnte 2046 nahezu jeder dritte Wiener Muslim sein. Muslime würden damit in 20 Jahren die größte religiöse Gruppe in der österreichischen Hauptstadt stellen.
Die Zahl der Katholiken in Wien ist hingegen stark rückläufig. 2001 waren noch 49 Prozent aller Einwohner katholisch. 2023 waren es nur mehr knapp 27 Prozent.
Ein Islam-Gymnasium erregt öffentliche Aufmerksamkeit
Muslime gründen auch ihre eigenen Schulen. Ein gelbes Gebäude in der Rauchfangkehrergasse 34 in Wien-Rudolfsheim beherbergt das erste staatlich anerkannte islamische Realgymnasium Europas. Obwohl das Islamische Realgymnasium Wien (IRGW) schon seit 1999 existiert, rückt es immer wieder in den Fokus der (sozialen) Medien.
Im März dieses Jahres war es die Hausordnung der Schule, die das öffentliche Interesse weckte. Bezüglich der Kleiderordnung steht dort: „Wir bedecken die Beine mindestens bis zum Knie, bedecken den Bauch und die Schultern und verzichten auf großzügige Dekolletés.“ Kopftuch ist in dem Gymnasium kein Muss. Deutsch ist „Verkehrssprache“, heißt es. Gebete sollen rechtzeitig verrichtet werden. Im Anhang finden sich „islamische Verhaltensregeln“: aufgelistete Suren aus dem Koran, die Tipps für den zwischenmenschlichen Umgang geben wie „Fehler anderer verzeihen“, „Ärger und Zorn unterdrücken“ oder „Nichts falsch darstellen“.

Rechtsträger der konfessionellen Privatschule ist der Verein SOLMIT. Die Abkürzung steht für „solidarisch miteinander“. Außer dem Realgymnasium betreibt SOLMIT seit 2018 eine Volks- und Mittelschule in Wien-Simmering. Ursprünglich wollte die Islamische Föderation Wien (IFW) – der mit 10.800 Mitgliedern zweitgrößte Moscheeverband in Österreich nach ATIB – auf dem Gelände eine türkischsprachige Imam-Hatip-Schule ohne Öffentlichkeitsrecht eröffnen.
Das hätte bedeutet, dass die Zeugnisse in Österreich nicht anerkannt worden wären, wohl aber von der türkischen Schulbehörde. Dafür hätte Österreich allerdings ein Abkommen mit der Türkei schließen müssen, was Sebastian Kurz (ÖVP), der damals Außen- und Integrationsminister war, ausschloss.
Islamisten-Bewegung Milli Görüs mischt mit
Imam-Hatip-Schulen sind türkische Berufsfachgymnasien, bei denen die Schüler am Ende nicht nur das Abitur, sondern auch eine Imam- und Predigerausbildung in der Tasche haben. Auf dem Stundenplan stehen neben allgemeinbildenden Fächern auch Arabisch, der Koran oder das Leben des Propheten Mohammed. Der vielleicht berühmteste Absolvent einer Imam-Hatip-Schule ist der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan.
Laut der Tageszeitung Kurier gab der damalige Vorstand der IFW im Jahr 2014 bei den Behörden an, ein Kulturzentrum errichten zu wollen. Es stellte sich aber heraus, dass er in Wahrheit eine Imam-Hatip-Schule plante. Die der Erdoğan-Partei AKP nahestehende Zeitung Yeni Hareket informierte im Juni 2014 in einem Facebook-Post (der Eintrag wurde kurz danach wieder gelöscht), dass sich der Kölner Milli-Görüs-Vorstand bei Erdoğan für die Unterstützung zum Bau der Imam- und Predigerschule in Wien bedankt habe, berichtete die Zeitung Salzburger Nachrichten. Die Islamische Föderation Wien ist Teil der islamistischen Milli-Görüs-Bewegung, die in Deutschland von mehreren Verfassungsschutzämtern beobachtet wird. Milli Görüs bedeutet so viel wie „Nationale Sicht“.
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Die geplante Imam-Schule löste heftige Debatten und eine von der FPÖ angeführte Demonstration bei der Baustelle der Schule aus. Auch die Grünen protestierten dagegen.
Erst als der ehemalige SPÖ-Bezirksrat Mehmet Arslan den Vorsitz der Islamischen Föderation übernahm – den er bis heute innehat –, suchte man den Dialog mit Politik und Behörden. Daraus hervorgegangen sind schließlich die zwei staatlich anerkannten Privatschulen.
Die gar nicht so versteckten Netze des politischen Islams

Der Schulträgerverein SOLMIT ist also eng mit der IFW verknüpft, die wiederum ein österreichischer Ableger von Milli Görüs ist. Das belegt auch ein Blick in die Vereinsstatuten von SOLMIT. Dort heißt es, dass der Vorsitzende der Islamischen Föderation Wien bei den Generalversammlungen des Vereins als „beratende Stimme“ teilnimmt. In Paragraf 17 ist die Einbindung des Vorsitzenden geregelt. Er habe das Recht, „bei den Sitzungen des Vorstandes und der Generalversammlung des Vereins SOLMIT das Wort zu ergreifen“.
„Die Verbindung des Vereins SOLMIT zur Islamischen Föderation in Wien ist eindeutig“, hält die Dokumentationsstelle Politischer Islam in einer ihrer Studien über die Gemeinschaft Milli Görüs fest. Die enge Verbindung zwischen SOLMIT und der IFW kam auch darin zum Ausdruck, dass sich das Islamgymnasium und die Zentrale der IFW im selben Gebäude befanden: die Schule in Hausnummer 34, die IFW in Hausnummer 36. Erst im November 2024 bezog die Islamische Föderation Wien ihre neue Zentrale in einem anderen Wiener Gemeindebezirk. Pikant: Die Eröffnung geschah im Beisein des türkischen Botschafters.
Der Historiker und Islamismusexperte Heiko Heinisch bestätigt gegenüber Corrigenda: „Der Verein SOLMIT ist laut Statuten mit der Islamischen Föderation Wien verbunden und diese fungiert als Regionalverband der Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs (IGMG), die von ihrer Zentrale in Köln aus ein weltweites Moschee- und Vereinsnetzwerk steuert.“
Muslimischer Antisemitismus nimmt zu
Heinisch kritisiert, dass sich die IGMG bis heute nicht kritisch mit der Person ihres Gründers Necmettin Erbakan (1926-2011) auseinandergesetzt habe. Erbakan gilt als politischer Ziehvater des heutigen türkischen Präsidenten Erdoğan. In Erbakans politischem Denken mache Antisemitismus ein strukturelles Element aus. „Immer wieder fallen einzelne, auch führende Mitglieder und Ortsvereine durch antisemitische Äußerungen auf“, sagt Heinisch, der wissenschaftlicher Beirat der Dokumentationsstelle Politischer Islam ist, die 2020 von der schwarz-grünen Regierung eingesetzt worden war.
Antisemitische Vorfälle sind 2024 gegenüber dem Vorjahr um 32,5 Prozent gestiegen, vermeldete vor kurzem die israelitische Kultusgemeinde Wien in ihrem neuen Antisemitismus-Bericht. Worüber kaum eine österreichische Tageszeitung berichtete: An erster Stelle stehen Taten mit muslimischem Hintergrund (29,8 Prozent), knapp übertroffen von nicht zuzuordnenden Fällen (30,8 Prozent). Den dritten Platz belegen Taten mit linkem Hintergrund, gefolgt von jenen mit rechtem Hintergrund.
Zum Vergleich: 2022 waren noch mehr als die Hälfte (55 Prozent) aller Taten ideologisch rechts motiviert, 20 Prozent links und nur neun Prozent muslimisch.
Pater Karl Wallner OCist sprach kürzlich bei der Talkshow „Talk im Hangar-7“ des größten österreichischen Privatsenders ServusTV aus, was alle Statistiken und gefühlten Meinungen bestätigen: „Wien wird islamisch sein.“
Derzeit seien, so Heinisch, keine neuen Bildungseinrichtungen von SOLMIT und der IFW geplant. Das könnte sich durch die zahlenmäßige Zunahme von Moslems und ihrem damit verbundenen stärker werdenden politischen Einfluss in den kommenden Jahren jedoch schnell ändern. Schulen wie das Islam-Gymnasium könnten in Österreich so den politischen Islam durch die Hintertür respektive die Schultür verbreiten.
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Kommentare
Es ist das Recht jeder staatlich anerkannten Religionsgemeinschaft in Österreich Schulen zu gründen und ja, die Gesellschaft wandelt sich, das ist auch nicht neu.
Für eines der Haupthindernisse für einen wie immer gearteten Dialog mit dem Islam halte ich die Praxis des "Taqiyya". Dabei geht es hauptsächlich um die Verschleierung des eigenen Glaubens vor den "Ungläubigen", um eine Erlaubnis oder sogar Verpflichtung zum Lügen in bestimmten Fällen. Das kann sogar soweit gehen, dass ein Moslem das absolute Gegenteil von dem sagt, was er im Herzen trägt. Er kann sogar dem Glauben nach außen hin abschwören, da der Koran nicht zum Martyrium verpflichtet. Taqiyya dient ja letztlich dazu, die "Ungläubigen" hinters Licht zu führen, um dadurch den Islam auszubreiten. Wie soll vor diesem Hintergrund ein ehrlicher Kontakt mit der islamischen Bevölkerung stattfinden können?
Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Islam eine Religion ist, die für "Dialog" geschaffen ist, das ist einfach keine islamische Kategorie. Was man ebenfalls nicht vergessen sollte: Auch für uns als Christen ist der Dialog kein Selbstzweck, sondern steht im Dienst der Glaubensverkündigung. Das wurde bis zu Papst Franziskus vom Lehramt bestätigt. Der Dialog oder die intellektuelle Auseinandersetzung soll immer die Bekehrung anstoßen, eine Tür zum Glauben aufmachen. Nur sollen wir als Christen dabei immer mit ehrlichen Mitteln arbeiten.
@EUM Mir sind in meinem Leben schon viele Leute begegnet, die das absolute Gegenteil von dem sagen, was sie im Herzen tragen.
Und wissen Sie was? Eine ganze Reihe von denen waren übrigens nicht-muslimische Wiener.
@EUM: Nahezu jeder, der mit Muslimen – nicht nur theologisch gebildeten Imamen, sondern gerade auch einfachen Gläubigen – zu tun hat, wird bestätigen können, dass sie ihren Glauben nicht nur nicht verschweigen, sondern im Gegenteil darüber sprechen möchten. Die ideengeschichtlich ohnehin in der Shia zu verortende bzw. aus deren innerislamischen Verfolgungserlebnissen entstandene taqiya wird von dem bei uns überwiegenden sunnitischen Islam teilweise sogar abgelehnt. Sie dient auch keineswegs dazu, Christen hinters Licht zu führen, sondern fungiert als Notlüge in Gefahr; der Islam ehrt den Märtyrer, verlangt das Martyrium aber nicht. Das islamische Gymnasium wären in Österreich spätestens nach dem Islamgesetz von 1912, möglicherweise aber schon nach der Dezemberverfassung von 1867 zulässig gewesen; die Donaumonarchie war seit jeher ein Vielvölkerstaat. Muslime haben – und das bedenken Sie bitte – die gleichen Rechte wie z. B. Katholiken! Dies schreibt Ihnen ein Protestant, der nach dem Krieg im deutschen SFOR-Kontingent gedient und gesehen hat, wie viele Moscheen und wie wenige Kirchen zerstört waren.