Lieber divers als wehrhaft

Es fehlt an allen Ecken und Enden. Die Schweizer Armee ringt um neue Kampfflugzeuge, hadert mit der Aufrüstung mit modernen Drohnen, leidet unter einer Abwanderung beim Spitzenpersonal und ist ganz allgemein mehr mit sich selbst beschäftigt als mit der eigentlichen Aufgabe.
Aktuell würden selbst eingefleischte Fans der Landesverteidigung kaum ohne zu erröten behaupten, die Schweiz könnte sich im Ernstfall erfolgreich behaupten. Im eidgenössischen Parlament ist die Lage der Armee deshalb seit Monaten ein Dauerthema.
Aber harte Themen wie Personal und Ausrüstung scheinen dennoch nicht die oberste Priorität zu genießen. Stattdessen leistet man sich eine „Fachstelle für Frauen in der Armee und Diversity“ (FiAD). Diese schützt zwar nicht vor dem Feind, kann anrückenden gegnerischen Truppen aber immerhin eine PowerPoint-Präsentation über erfolgreiche Inklusion vorführen. Die werden staunen.
Studien, die keiner will
Ein massiver Kostenfaktor ist FiAD mit fünf Vollzeitstellen und einem jährlichen Budget von einer Million Franken zwar nicht. Vermutlich würde man bei der Armee aber auch für dieses vergleichsweise geringe Sümmchen den einen oder anderen sinnvolleren Anwendungszweck finden. Zumal in der Politik breit akzeptiert ist, dass die Landesverteidigung mehr Mittel benötigt.
Was treibt man nun so bei dieser Fachstelle? Man erstellt Studien. Mal geht es um Diskriminierung und sexuelle Gewalt aufgrund des Geschlechts oder der sexuellen Orientierung, mal darum, wie man Frauen zum Militärdienst motivieren und Hindernisse auf diesem Weg ausräumen kann.
Fragen dieser Art scheinen die Absender mehr zu interessieren als die Empfänger, für die man sie angeblich stellt. Eine Befragung musste vor kurzem abgebrochen werden, weil das Ergebnis nicht zielführend war. Es ging um non-binäre Personen in der Armee, deren Bedürfnisse man ausloten wollte. Rückmeldungen gingen durchaus ein, nur bestand der größte Teil von genervten Leuten, die wissen wollten, was diese Umfrage überhaupt solle.
Minderheiten statt Munition
Das war das Ergebnis einer überschießenden Aktion aus dem Nichts. Irgendwo hatte man bei der Armee aufgeschnappt, vier von 100 Angehörigen der Armee fühlten sich weder als Mann noch als Frau. Umgehend befand man bei der Fachstelle, das Schicksal dieser Personen müsse näher erforscht werden. Am besten mit Suggestivfragen wie derjenigen, ob man Diskriminierungen erlebe.
81 Personen meldeten sich, machten sich aber zu über einem Drittel den Spaß, die Fragen scherzhaft und sarkastisch zu beantworten und gleich auch klarzustellen, dass sie mit dieser Queer-Offensive nichts anfangen können.
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Der Frust dieser Leute lag nicht in einer Antipathie gegenüber non-binären Personen begründet, sondern im Umstand, dass man innerhalb der Armee überhaupt Zeit dafür aufwendete. Denn Leute, die im Dienst der Landesverteidigung stehen, merken durchaus, dass es an allen Ecken und Enden an Geld und Zeit fehlt, um die eigentlichen Aufgaben wahrzunehmen. Da schien es ihnen etwas verfehlt, die Befindlichkeit einer Minderheit auszuloten.
Angebote gibt es bereits
Die SVP-Nationalrätin Stefanie Heimgartner hat nun einen Vorstoß eingereicht, in dem sie die Abschaffung der Fachstelle fordert. In diesem Zuge stellte sie auch Fragen zu den eingesetzten Mitteln. Aus der Antwort des Bundesrates geht hervor, dass derzeit keine weiteren Studien geplant seien. Offenbar leidet man noch unter dem Ausgang der letzten. Dafür werde man allgemein weitere Maßnahmen und Projekte rund um Diversität und Inklusion auf den Weg bringen, Sensibilisierung für das Thema streuen, und zudem gibt es eine Meldestelle für Betroffene.
Wer als Armeeangehöriger mit äußeren Erscheinungen oder sich selbst hadert, hat allerdings heute schon Möglichkeiten, sich helfen zu lassen. Es gibt einen psychologisch-pädagogischen Dienst oder wahlweise auch die Armeeseelsorge, die zu Gesprächen empfängt.
Allein gelassen wird also auch ohne diese Fachstelle niemand. Aber offenbar ist es für die Außenwahrnehmung entscheidend, mit dem Begriff „Diversität“ zu winken – auch wenn es eine Million Franken pro Jahr kostet. Steht der Feind vor der Tür, fehlt es also vielleicht an Munition. Aber immerhin nicht an Soldaten, die bis unter die Haarspitze sensibilisiert sind für Minderheiten.
Kommentare
Der Verfasser hat das Ziel voll getroffen!