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Ein kritischer Blick auf die künstliche Befruchtung

Sweet Home Alabama

Vor einigen Wochen machte ein aufsehenerregendes Urteil des Obersten Gerichtshofs von Alabama / USA Schlagzeilen. Hintergrund des Urteils war die Schadensersatzklage von Eltern, deren eingefrorene Embryonen in einer Reproduktionsklinik zu Tode gekommen waren.

Das Urteil des Supreme Courts beruft sich auf den in dem US-Bundesstaat fest etablierten Rechtsgrundsatz, dass ungeborene Kinder Kinder im Sinne des Gesetzes sind. Zur Diskussion habe daher lediglich gestanden, ob dieser Rechtsstatus abhängig sei von ihrem örtlichen Aufenthalt. Sprich: Gelten Embryonen nur dann als Kind, wenn sie sich im Bauch ihrer Mutter befinden oder in jedem Fall – also auch tiefgefroren in einer Reproduktionsklinik? Das Urteil besagt nun, dass Embryonen in der Tat unabhängig von ihrem örtlichen Aufenthalt als Kinder anzusehen sind.

Nebenbei, weil die Gelegenheit geradezu danach ruft: Die „Experten“ der Regierungskommission, die Mitte April als Ergebnisse ihrer Beratungen einen bloß „abgestuften“ Lebensschutz für das ungeborene Leben im Mutterleib vorsehen und jegliche Tötungshandlung mindestens innerhalb der ersten zwölf Wochen der Schwangerschaft zur Legalisierung empfehlen, dürfen zur Horizonterweiterung gern einmal über den nationalen Tellerrand hinausblicken. –

Aufschrei wegen möglicher Konsequenzen

Das Urteil von Alabama sorgte für einen nationalen Aufschrei, dies jedoch nicht etwa, weil das Urteil an sich inkonsistent oder in offensichtlichem Widerspruch zu früheren Urteilen stünde. Beides ist nicht der Fall. Der Aufschrei ergibt sich aus den – in den Augen vieler – unliebsamen Konsequenzen des Urteils.

Diese Konsequenz besteht in dem drohenden Ende der In-Vitro-Fertilisation in Alabama und morgen vielleicht in den ganzen USA. So universell ist der Aufschrei, dass selbst Donald Trump und die Republikaner fordern, die In-Vitro-Fertilisation gesetzlich zu schützen, eine Forderung, welcher die von den Republikanern dominierte Legislative des Südstaates gewillt ist nachzukommen.

Die Frage ist allerdings: Wäre das Ende der In-Vitro-Fertilisation wirklich so bedauerlich? Auf den ersten Blick, und die Reaktionen zeigen es, scheint die Antwort eindeutig.

Was kann dagegensprechen? Eine Menge

Die In-Vitro-Fertilisation ist für viele Paare, die nicht in der Lage sind, auf natürlichem Wege ein Kind zu bekommen, die einzige Hoffnung auf ein solches; wenn man einmal von der Möglichkeit der Adoption absieht. Ein unerfüllter Kinderwunsch ist ein enormes Leid und eine gewaltige Belastung für jedes Paar, das von ihm betroffen ist. Diesem Leid ein Ende bereiten zu wollen ist ein nachvollziehbarer, zutiefst menschlicher Impuls.

Ein weiteres Plus: Kinder, die es sonst nie gegeben hätte, wird ein Leben ermöglicht bei Eltern, die sich wirklich für sie entschieden haben. Ein Leben voller Liebe und Annahme. Was kann dagegensprechen?

Nun, zunächst einmal die Tatsache, dass bei jeder In-Vitro-Fertilisation mehrere Eizellen befruchtet werden. Nicht alle so entstandenen Kinder* werden aber tatsächlich auch der Frau eingesetzt, die sie einmal gebären soll. Viele Kinder werden stattdessen eingefroren wie jene unglücklichen, deren Tod nun in Alabama zu Klage und nachfolgendem Urteil geführt hat. Hierzu wird flüssiger Stickstoff verwendet, der bis zu -196 ºC erreicht. Dabei bleibt ihre Physiologie erhalten, während jede biologische Aktivität eingestellt wird. Eine Art Frostschutzmittel wird verwendet, damit die Kinder im Prozess nicht geschädigt werden. Neben einer langsamen Absenkung der Temperatur gibt es auch die Vitrifizierung, eine Art Schockgefrierung, welche das Risiko von Schäden weiter minimiert.

Die Kinder bleiben eingefroren, bis sie entweder (vielleicht) zu einem späteren Zeitpunkt verwendet werden oder zu Forschungszwecken (Stichwort: embryonale Stammzellenforschung) getötet werden – oder getötet werden, weil ihre Eltern nicht länger bereit sind, die Aufbewahrungskosten zu bezahlen.

Debatte um das Personsein Ungeborener

Diese Kinder sind ihrer Form nach Menschen. Menschen auf Vorrat zu halten oder gar zu Forschungszwecken (oder aus niederen Beweggründen) zu töten, widerspricht der Menschenwürde. Aus diesem Grund ist ersteres in Deutschland illegal und letzteres im Rahmen einer ethisch problematischen Fristenlösung nur sehr eingeschränkt erlaubt. Tatsächlich dürfen gemäß Embryonenschutzgesetz in Deutschland nur befruchtete Eizellen im Vorkern-Stadium eingefroren werden, also wenn sich die Samenzelle zwar bereits in der Eizelle befindet, es aber noch nicht zur Verschmelzung des Erbguts von Ei- und Samenzelle gekommen ist. Das Embryonenschutzgesetz legt außerdem fest, dass je Zyklus nur so viele Embryonen erzeugt werden dürfen, wie der Frau übertragen werden sollen – maximal jedoch drei.

 

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Das Urteil in Alabama erging vor dem Hintergrund einer Debatte in den USA um „fetal personhood“, also das Personsein Ungeborener. Die gesetzliche Anerkennung Ungeborener als menschliche Person zielt auf deren Schutz ab der Verschmelzung von Ei- und Samenzelle. Die Verfechter dieser Gesetzesreform wollen auf diese Weise Ungeborene besser vor der Gefahr einer Abtreibung schützen. Wie das Urteil nun zeigt, hätte dies aber auch Auswirkungen auf die In-Vitro-Fertilisation, die derzeit in allen 50 Bundesstaaten der USA legal ist.

In Florida wurde als Reaktion auf das Gerichtsurteil im Nachbarstaat Alabama deshalb nun ein entsprechendes Gesetzesvorhaben zunächst gestoppt. Derweil mehren sich die Unterstützer eines solchen Vorhabens auf nationaler Ebene im Kongress. In vier Bundesstaaten – neben Alabama auch Mississippi, Oklahoma und South Carolina – dienen entsprechende Gesetze der strafrechtlichen Verfolgung von Frauen, die durch Drogenmissbrauch in der Schwangerschaft das Wohlergehen ihrer ungeborenen Kinder gefährdet haben.

Der menschlichen Person steht es zu, auf eine Weise zu entstehen, die ihrem Wesen entspricht

Wie ist die In-Vitro-Fertilisation aber unabhängig von der Einfrierung von Embryonen zu beurteilen? Die Antwort auf diese Frage hängt davon ab, ob es für die Menschenwürde unerheblich ist, wie ein Mensch entsteht oder ob es Weisen des Entstehens von Menschen gibt, die deren Würde verletzt.

Viele dürften intuitiv zustimmen, dass es die Würde eines Menschen verletzt, seine Existenz einer Vergewaltigung zu verdanken. Die meisten dürften zustimmen, dass kein Mensch sein Leben einer Vergewaltigung verdanken sollte und dies nicht nur aus Rücksicht auf die auf diese Weise missbrauchte Frau, sondern auch im Bewusstsein, dass dies ein schweres Unrecht gegenüber dem Kind selbst wäre (woraus natürlich keinesfalls folgt, dass es ethisch vertretbar wäre, dieses Kind zu töten, was nun tatsächlich die ultimative Verletzung seiner Würde wäre). Doch warum ist das überhaupt so?

Der menschlichen Person steht es zu, auf eine Weise zu entstehen, die ihrem Wesen als Person entspricht, dass sie also auf personale Weise entsteht. Das Personsein zeichnet sich aus durch die grundsätzliche Fähigkeit zu Vernunfteinsicht und zum Gebrauch des freien Willens. Beides schließt die Fähigkeit ein und gipfelt in ihr, sich selbst einem anderen zu schenken. Genau das geschieht in der Eheschließung und vollzieht sich in der sexuellen Vereinigung der Ehepartner. In diesem Sich-Einander-Schenken der Ehepartner können sie zugleich einem Kind das Leben schenken.

Die Vergewaltigung ist eine Pervertierung dieses Geschehens. Anstatt sich selbst dem anderen zu schenken – ein Geschenk, das der andere immer auch ablehnen können muss – nimmt sich der eine den anderen gewaltsam und behandelt ihn dabei wie ein Objekt und also gerade nicht wie eine Person mit Vernunfteinsicht und freiem Willen.

Ein Kind als bezahltes Artefakt

Was hat das nun mit der In-Vitro-Fertilisation zu tun? Aus Sicht der Eltern könnte der Unterschied nicht größer sein. Beide entscheiden sich ja wissentlich und willentlich für das Prozedere. Es ist also doch ein personales Geschehen.

Das stimmt. Doch die Entstehung des Kindes wird aus dem wechselseitigen Schenken der Ehepartner herausgelöst. Ein solches wechselseitiges Schenken findet bei dieser Entstehung des Kindes gar nicht statt. Das erkennt man auch daran, dass das einzige, von dem man noch sagen könnte, dass die Partner es einander schenken – nämlich Ei- und Samenzelle –, nicht notwendigerweise von ihnen stammen muss, sondern genauso gut eine Spende Dritter sein kann.

Wie es zu keinem Schenken zwischen den Partnern kommt, so kann man auch nicht im eigentlichen Sinne sagen, dass dem Kind das Leben geschenkt wird. Im Moment seines Entstehens ist das Kind ein Artefakt, das mit hohem technischem Aufwand hergestellt und im Anschluss von seinem Produzenten fachmännisch jenen zur Verfügung gestellt wird, die bereit und in der Lage waren, dafür einen hohen monetären Preis zu bezahlen. In vielen Fällen sind das jene, die auch das Rohmaterial zur Verfügung gestellt haben. In anderen sind sie es nicht oder nur teilweise.

Leiden an einem Mangel bietet auch Chancen

Das mag hart und kalt klingen. Doch die Tatsache, dass – zumindest im Ausland – „überzählige“ Kinder selbstverständlich tiefgefroren oder zu Forschungszwecken getötet werden, zeigt ziemlich deutlich, dass sie sowohl in den Augen des beteiligten medizinischen Personals als auch in den Augen ihrer Eltern tatsächlich nichts weiter als Artefakte sind und erst durch ihre Partizipation an einer Schwangerschaft als Kinder angesehen werden. Dies bestätigen auch Erhebungen der Betreiber von Reproduktionskliniken. Und schließlich ist auch der mediale Aufschrei angesichts des Urteils in Alabama nur von einer solchen Sichtweise her verständlich.

Ein Vorgang, der einen Menschen – und sei es nur im Moment seiner Entstehung – auf ein Artefakt reduziert, ist ein schweres Unrecht, auch wenn noch so viel Positives hieraus im Nachhinein entstehen mag. Die In-Vitro-Fertilisation sollte daher verboten werden, nicht nur in Alabama und den USA, sondern auch in Deutschland und weltweit. Das gilt selbstverständlich auch für andere Formen der künstlichen Befruchtung, bei denen die Fortpflanzung aus der sexuellen Vereinigung eines Mannes und einer Frau herausgelöst wird.

Paare mit unerfülltem Kinderwunsch brauchen Begleitung und Alternativen zur In-Vitro-Fertilisation, die mit der Menschenwürde vereinbar sind. Doch eines muss auch klar sein: Kinder sind ein Geschenk. Kinder sind keine Sache, auf die man einen Anspruch haben könnte. Das Leiden an einem Mangel dagegen bietet auch Chancen – auf menschliches Wachstum.

 

*Der Begriff „Kind“ wird hier im Einklang mit dem Sprachgebrauch des Urteils des Obersten Gerichts von Alabama verwendet, darüber hinaus in der Bedeutung von „Nachkomme“.

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Kommentare

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Andreas Graf
Vor 7 Monate 1 Woche

Die moderne Wissenschaft hat Möglichkeiten geschaffen und Bedürfnisse geweckt, die nicht immer der Vernunft entsprechen. Seit der Corona-Impfung dürfte der rechte Gebrauch der Vernunft vollends in Schieflage geraten sein, denn jeder Geimpfte hat sich mit der Impfung fetale Zellen von ungeborenen Kindern einimpfen lassen. Forscher in Ulm haben das bestätigt. Dennoch wurde die Impfung in vollem Wissen des Sachverhalts von der katholischen Kirche empfohlen. Ein "menschliches Wachstum" in Moral und Vernunft ist dringend geboten.

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Andreas Graf
Vor 7 Monate 1 Woche

Die moderne Wissenschaft hat Möglichkeiten geschaffen und Bedürfnisse geweckt, die nicht immer der Vernunft entsprechen. Seit der Corona-Impfung dürfte der rechte Gebrauch der Vernunft vollends in Schieflage geraten sein, denn jeder Geimpfte hat sich mit der Impfung fetale Zellen von ungeborenen Kindern einimpfen lassen. Forscher in Ulm haben das bestätigt. Dennoch wurde die Impfung in vollem Wissen des Sachverhalts von der katholischen Kirche empfohlen. Ein "menschliches Wachstum" in Moral und Vernunft ist dringend geboten.