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Milliardäre schichten um

Bill Gates und das Ende der Klimabewegung, wie wir sie kennen

Grüne Welt, es war (nicht) schön mit dir. Das Erdbeben, das Bill Gates mit seiner Aussage ausgelöst hat – sinngemäß: dem Kampf gegen den Klimawandel sollte nicht alles untergeordnet werden –, ist in Wirklichkeit ein Nachbeben sich verändernder Kapital- und Investitionsströme. Für Deutschland und seine Klimaszene – bestehend aus Politik, Medien und NGOs – erscheint sie deswegen so schockierend, weil damit ein festgezimmertes Weltbild über die Reling geworfen wird. Der Klimawandel nur ein Problem unter vielen? Dazu auch noch mit überschaubaren Maßnahmen lösbar?

Das ist schwer verdaulich, wenn man den Klimawandel als Aufgabe einer Generation und einer Nation zugleich verstanden hat. In einem gewissen Milieu besteht die Ansicht, beim Bau von Windradlandschaften bestehe ein Hang zur Romantik, die Umwelt damit zu schützen. In Wirklichkeit ist die massenhafte Verspargelung Ausdruck einer technizistischen Mentalität: Man wappnet sich nicht so sehr gegen den Klimawandel, als dass man versucht, durch „grüne Energien“ Emissionen zu senken und damit das Klima wie eine Maschine zu „reparieren“.

Gates hat mit seinem Ansatz nur den pragmatischen Ansatz anderer Klimaschützer übernommen, die dem Klimawandel nicht das ganze Leben unterordnen wollen. Stattdessen Maßnahmen: Nicht das Extremwetter soll „abgestellt“ werden, sondern die Menschen müssen sich darauf einstellen. Bewässerungsanlagen in von Wüstenbildung betroffenen Regionen, Hochwasserschutz für Überflutungsgebiete, mehr Investitionen in Frühwarnsysteme.

Jahrelang ging es um Ursachen statt um Lösungen

Die Wende ist auch deswegen lobenswert, weil sie die Option für eine Annäherung zwischen verhärteten Fronten ist. Echte „Klimawandelleugner“ gibt es wenige. Dass das Klima sich ändert, das ist eine Binsenweisheit. Die Konzentration auf den anthropogenen Klimawandel bzw. dessen Anteil hat die Diskussion über Jahre auf die Ursachen statt Lösungen gelenkt. Die religiösen Dimensionen des Umgangs mit der Krise sind immer wieder analysiert worden. Wenn Politik jedoch sakral aufgeladen wird, dann gibt es nur den vorgegebenen Königsweg. Die Strategien eines Bjørn Lomborg, vor kurzem noch verteufelt, sind mit Gates plötzlich Mainstream.

Neben dieser „pragmatischen“ Interpretation gibt es das üble Erwachen. Wieder einmal entpuppen sich die freundlichen Philanthropen, die doch lediglich Gutes tun wollen, als kaltblütige Investoren. Dass die Milliardäre dieser Welt eben diese Welt zu einem gewissen Teil beeinflussen wollen, war über zwei Jahrhunderte eine Überzeugung der Linken, ob in der Politik oder im Journalismus. Jeder millionenschwere Geldgeber wurde argwöhnisch beäugt, was seine eigentlichen Motive sein könnten. Der Klimawandel ist nur ein Beispiel, bei dem die analytisch sonst sehr selbstsichere Presse beide Augen zudrückte. Dass Gates monetäre Interessen in der Corona-Krise haben könnte, wurde ebenso ausgeklammert. Man hat fast den Eindruck, dass die strategische Hilfe der sonst kapitalismuskritischen Linken kein bloßer Nebeneffekt solcher Kampagnen war.

Dabei birgt auch Gates ein „dunkles“ Geheimnis, das selten kommuniziert wird. Wenn Gates von „grünen Energien“ spricht, dann gehört dazu auch die Kernkraft. In Wyoming baut seine Firma TerraPower seit einem Jahr einen hochmodernen Reaktor. Zu den großen Lügen der „Energiewende“ in Deutschland gehört die Behauptung, es gehe um die Reduktion der CO2-Emissionen. Würde das zutreffen, dann wäre Deutschland zuerst aus der Kohle-Energie ausgestiegen. Stattdessen hat man auf die Atomenergie verzichtet und versucht durch Pläne, Verordnungen und neue Vorstöße, immer wieder neue Methoden zu finden, um die Emissionen zu begrenzen.

Die Energiewende war vor allem eins: ein Anti-Atomkraft-Projekt

Dabei zeigt ein Blick auf die europäische Landkarte, dass Deutschland zusammen mit Polen prozentual das „dreckigste“ CO2-Paar Europas bildet. Die EU gibt 682 Millionen Tonnen für Deutschland, 386 für Frankreich, 374 für Italien und 364 für Polen bei den Treibhausgasen an; und das trotz milliardenschwerer Energiewendesubventionen in rund 15 Jahren. Nicht nur in punkto Energiesicherheit muss man das Projekt als gescheitert ansehen. Vermutlich hätte ein Komplettumstieg der deutschen Wirtschaft auf Kernkraft nach französischem Vorbild der Emissionsstatistik mehr genutzt als das nach Fukushima beschlossene Projekt.

Die Energiewende war von Anfang an weniger ein Klimaprojekt, denn vielmehr ein Anti-Atomkraft-Projekt, um den Ausstieg abzufedern. Daher war auch seit Gerhard Schröders Zeiten die Versorgung mit fossilem Erdgas als „Brückentechnologie“ eine legitime Maßnahme – obwohl diese Verbindung in eine geopolitische Abhängigkeit von Russland führte und es überdies in den Sternen stand, ab wann deutsche Gaskraftwerke tatsächlich in Wasserstoffkraftwerke umgewandelt werden könnten. Man hat dieses Problem auf die Zukunft vertagt – immer wieder.

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Nicht nur hat Deutschland in Europa einen Sonderweg in der Klimapolitik gewählt, die auch großzügig über ausländische Stiftungen angetrieben wurde; es hat auch mehrmals versucht, diesen Sonderweg dem restlichen Europa zu diktieren. So gab es auf EU-Ebene einen jahrelangen Streit darüber, ob bei der Wasserstoffgewinnung nur Strom aus erneuerbaren Energien (grüner Wasserstoff) verwendet werden dürfe oder auch aus Kernenergie (roter Wasserstoff). Der deutsche Vorstoß hätte Frankreich enorme Probleme verursacht.

Deutsche Klimapolitik, deren NGO-Arm und die Milliardärsstiftungen

Ähnlich sieht es beim Streit um den Verbrennungsmotor aus. Er wird bis heute als EU-Problem dargestellt, bei dem die deutsche Regierung versucht, über E-Fuels einen Ausgleich zu finden. Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Richtig ist, dass Deutschland nicht nur über Jahre die E-Auto-Industrie subventioniert hat, sondern dass die Bundesregierung noch unter Angela Merkel ein Verbot des Verbrennungsmotors in der Schublade liegen hatte – nicht explizit, aber implizit. Wenn die Senkung von CO2-Emissionen nicht über die Energiegewinnung gelingt, brauche es andere Felder.

So hat bereits 2016 der damalige Staatssekretär im Umweltministerium, Jochen Flasbarth, erklärt, dass im Klimaschutzplan für 2030 keine neuen Autos mit Verbrennermotoren zugelassen werden dürften. Dies unterstrich Flasbarth bei der Agora Verkehrswende, der Schwester-NGO der Agora Energiewende; deren ehemaliger Direktor war bekanntlich Patrick Graichen, der Staatssekretär von Robert Habeck.

Flasbarth ist Mitglied bei beiden Agora-Organisationen, die neben staatlichen Geldern auch reichlich Mittel von US-Stiftungen (ClimateWorks Foundation, Climate Imperative Foundation) bekamen, um die Energiewende voranzutreiben. Graichen war eine der führenden Hände bei der endgültigen Abwicklung der Atomkraft in Deutschland. Er hat zudem in seinen letzten Amtstagen den rigorosen Rückbau der Gasnetzwerke in Deutschland angestoßen.

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Heißt: Die deutschen Vorgaben beim Verbrennungsmotor wären sogar noch früher angesetzt gewesen (Brüssel wollte ein Verbot für 2035). Nicht die EU, sondern Deutschland selbst ist der Antreiber einer Klimapolitik, deren NGO-Arm von Milliardärsstiftungen angetrieben wurde. Deutschland war zugleich Experimentierfeld einer rein auf „erneuerbaren Energien“ basierenden Politik – weder in China noch den USA hat man das Vabanque-Spiel gewagt, mit der Kernkraft auf das Kernstück der Klimapolitik verzichten zu wollen.

„Klima“ ist kein Investment mehr

Nun springen die Gönner ab. Schon zuvor hatten zahlreiche Investmentfirmen ihre Anlagen umgestellt. Bei den Klimabewegungen tat sich ähnliches: Greta Thunberg fiel in letzter Zeit vornehmlich wegen ihrer Ansichten zum Gaza-Krieg auf, und die ehemalige „Letzte Generation“ (jetzt: Neue Generation) widmet sich dem Kampf gegen rechts oder gegen Elon Musk. Dass die Letzte Generation von Milliardären (Climate Emergency Fund, Getty-Familie) gegen andere Milliardäre finanziert wird, lässt eher handfeste Interessen als pure Öko-Ideologie vermuten.

In Deutschland kann sich das ökologische Milieu vermutlich aufgrund der Verquickungen zwischen Staat und NGOs noch etwas länger halten. Ein Investment ist es aber nicht mehr. Besonders nicht, wenn in der Klimapolitik nun der „Turn“ hin zur Kernkraft als zentralem Baustein erfolgt. Dieselben Magazine und Zeitungen, die früher grüne Produkte, grüne Energien und grüne Firmen pushten, schrieben in den letzten Monaten in erster Linie über die KI-Revolution.

Für Deutschland beginnt auch in diesem Feld die Katerstimmung: Deutschland, einst eins der führenden Länder im Bereich der Kernkraft, hat seine Forschungsabteilungen größtenteils geschlossen, die Wissenschaftler sind abgewandert. Es gilt die konservative Weisheit, dass es deutlich einfacher ist, etwas zu zerstören, als etwas (wieder) aufzubauen. Die Milliarden für die Klimawende werden ebenso wie Gates’ Unterstützung dabei fehlen.

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