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„Geburtenstreik“ und „Klimaangst“ zum Trotz

Kinder kriegen fürs Klima

Ein inszenierter Trauerzug mit einem symbolischen Kindersarg, um auf ungeborene Kinder aufmerksam zu machen. Nein, es handelt sich nicht um eine Aktion von Lebensschützern. Hinter der Inszenierung stecken Klimaschützer der „Letzten Generation“, die um die „ungeborenen Kinder als Opfer der Klimakrise“ trauern. Ausgestattet mit Kindersarg, Lilie und Grabkerze machten die Aktivisten auf der Hochzeitsmesse in Aalen aufmerksam auf Kinder, die aus Ehen hervorgingen, doch als Klimaopfer „kaum mehr eine Zukunft“ hätten, wie die Schwäbische Zeitung berichtete.

Auf Twitter wehren sich die Aktivisten, etwas mit dem „Birthstrike“, dem bewussten Verzicht aufs Kindergebären dem Klima zuliebe, zu tun zu haben. Doch indirekt liegt es auf der Hand: Die Klimaschützer wollen Paare mit ihrer eigenen „Climate anxiety“ anstecken, damit auch sie keine künftigen „Opfer der Klimakrise“ in die Welt setzen.

Unter Klimaschützern ist es „in“, dem Klima zuliebe auf das Kinderkriegen zu verzichten. Als Grund geben sie „Klimaangst“ an, die die drohende Klimakatastrophe bei ihnen verursache. Ihre Angst unterlegen sie mit einer Studie, die besagt, dass das wirksamste Mittel gegen die Erderwärmung der Verzicht auf Kinder wäre. Dass es wissenschaftliche Kritik an dieser Studie gibt, blenden sie anscheinend gerne aus.

Umweltsünde Nummer 1: Kinderkriegen

Laut dieser verbraucht ein neugeborenes Kind 58,6 Tonnen CO2 pro Jahr. Der CO2-Verbrauch eines durchschnittlichen US-Amerikaners liegt jedoch nur bei rund 16 Tonnen im Jahr. Das Kind würde, laut der Studie, für über 300 Prozent mehr Emissionen sorgen als ein Durchschnittsbürger. Die hohe Zahl kommt zustande, weil die Studie nicht den CO2-Wert eines einzelnen Menschen nimmt. Die 58,6 Tonnen eines Neugeborenen beinhalten die CO2-Emissionen künftiger Generationen bis ins Jahr 2400. Dazu kommt, dass der CO2-Fußabdruck eines Kleinkindes viel geringer ist als der eines Erwachsenen. Auch das findet in der Studie keine Beachtung.

Eine Bewegung, die das Kinderkriegen als größte Umweltsünde betrachtet, ist die „Birthstrike“-Bewegung. Die Frauen, die sich dem „Gebärstreik“ anschließen – darunter auch Aktivistinnen der „Letzten Generation“ –, wollen aus Gewissensgründen keine Kinder bekommen. Es ist eine verdrehte Logik: Galt es früher als egoistisch und selbstbezogen, gewollt kinderlos zu bleiben, scheint es heute ein selbstloses, verantwortungsvolles Ideal zu sein.

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Keine Kinder bekommen zu wollen gilt in bestimmten Kreisen als „sexy“. Medienmacherinnen, Autorinnen und „Content-Createrinnen“ lassen sich in Magazinen, Zeitungen und in den Sozialen Medien als tabubrechende Heldinnen feiern, weil sie sich öffentlich dazu bekennen, keine Kinder zu wollen. Man wird das Gefühl nicht los, es handle sich dabei oft um ein diffuses Rebellieren gegen Eltern, Großeltern, Tanten und Onkeln, die die 30-jährige Verwandte mit Fragen und Kommentaren wie: „Wann bekommen wir endlich Enkelkinder?“ oder „Als ich in deinem Alter war, hatte ich bereits zwei Kinder“ löchern. 

Im Lichte der seit Jahrzehnten niedrigen Geburtenraten und dem ohnehin hohen durchschnittlichen Alter von Müttern in Deutschland wirken die Aktionen und Aufreger wie Lärm um nichts. Doch offenbaren „Birthstrikes“ und trotzige „Ich-will-keine-Kinder“-Instagramposts eine gewisse kinderfeindliche Haltung im Land der „Adults only“-Thermen und der Single-Haushalte. Kinder, das sind diese lärmenden, sabbernden, „von Erwachsenen abhängigen“ Wesen, die einen an der Selbstverwirklichung hindern, Karrieren unterbrechen, einen aus der wohlig eingerichteten Komfortzone heraus holen.

Kinder machen uns menschlicher

Wenn etwas klar ist, dann, dass die Welt ohne Kinder keine Zukunft hat. Ob die Klimakatastrophe eintreffen wird, wissen wir nicht. Dass uns mit den Kindern das Leben buchstäblich verlässt, hingegen schon.

Besucht man Länder mit höheren Geburtenrate, wird einem bewusst, wie kinderlos unsere europäischen Straßen, Läden und Parks eigentlich sind. Reist man beispielsweise in Israels Hauptstadt (das Land hat eine Geburtenrate von 2,9 Kindern pro Frau), fallen einem die vielen Kinder auf, die ihre Väter zum Beten an die Klagemauer begleiten, die an Straßenecken spielen oder die, an der Hand oder dem Rockzipfel hängend, die Mutter zum Einkaufen begleiten. In Jerusalem sind besonders viele junge Menschen, da die dort lebenden orthodoxen Juden traditionell oft fünf, sechs oder sieben Kinder haben. Es wäre nicht verwunderlich, wenn in dem Start-up-freundlichen Land der künftige Erfinder einer Technologie geboren wird, mit der die Menschheit die Klimakrise löst. Doch geht es nach der Logik der „Birthstrike“-Aktivisten oder jenen mit „Klimaangst“, sollte dieser besser nicht geboren werden.

Kinder sind Lebensbringer. Betreten sie einen Raum, verändert sich das Klima: Die Erwachsenen lächeln ihnen zu und sind bemüht, sich auch untereinander freundlicher zu verhalten. Das Kind erweckt Achtsamkeit: „Sollen wir die Musik leiser drehen? Was möchte das Kind essen? Hört auf, vor dem Kind zu rauchen!“

Wer eigene Kinder hat, wird durch sie geduldiger, gelassener, gnädiger, mitleidsvoller, demütiger, barmherziger – mit einem Wort: menschlicher. Denn der tägliche Umgang mit ihnen lehrt uns Erwachsene das Loslassen von Perfektion, Hochleistung, Ehrgeiz, Egoismus und Hartherzigkeit.

Die Welt der Erwachsenen ist eine der Effizienz, des Leistungsdrucks, der Verzwecktheit, der Kopflastigkeit. Kinder kennen keinen Zeitmangel, keine Uhr, sie leben im Hier und Jetzt. Ihre Spiele sind frei von Zweck, dafür gefüllt mit Sinn. Die aufs Christkind wartenden Kinder, die mit großen Augen die Kerzen des Christbaums betrachten, lehren uns das Stauen und die Freude an den kleinen Dingen des Lebens ganz neu. Wer Kinder hat, hat das Glück, die eigene Kindheit ein zweites Mal zu durchleben.

Deshalb sollte man von den Dächern verkünden: „Kinder kriegen fürs Klima“. Denn mehr denn je braucht unsere überalterte, von Einsamkeit geplagte Gesellschaft ein Klima des Aufbruchs, des Lebens, der Freude und der Selbstlosigkeit.

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