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Kolumne „Ein bisschen besser“

Was ich meiner Frau lieber nicht erzähle

Ich muss sagen, dass ich die Tage ein wenig rumgekommen bin. Es gab einige Veranstaltungen im Smoking, der mir auch zu klein geworden ist. Bei Getränken habe ich mich zurückgehalten und die Woche mindestens viermal die Frage nach einem letzten Absacker abgelehnt, was sonst nicht meine Art ist. Ich habe mit einem bärtigen Coach für Führungskräfte gesprochen, der ansonsten Hinweise für hoffnungsvolles Führen vom Rücken seiner Harley aus verteilt, während er auf ihr rauf zum Nordkap knattert. 

Ein Millionär klärte mich über den Fluch der chinesischen Revolution auf, und mit einer Patentanwältin redete ich über ihren Mandanten, der ein beheiztes Kondom zum Patent anmelden wollte. Als sie nachfragte, wie denn die Drähte zur Batterie verlaufen sollen, stellten beide Seiten fest, dass das Produkt noch nicht ausgereift sei, und haben die Patentanmeldung einvernehmlich verschoben. Was wäre wohl bei Überhitzung passiert, grübelte ich noch nachts. 

Vorsichtige Gegenfragen könnte sie als Ablenkungsmanöver missverstehen

Wenn ich jetzt nach Hause komme, bin ich etwas ratlos, was ich meiner Frau Judith erzählen soll. Ich ahne, was Frauen denken, wenn sich ihre Männer in Abwesenheit mit anderen Frauen über beheizte Kondome unterhalten, auch wenn es nur Patentanwältinnen sind. Andererseits wird Judith die Harley-Geschichte wieder für so ein Männerding halten. Und bei der chinesischen Revolution müsste ich sehr weit ausholen, was dann Einwürfen unseres Töchterchens scheitern würde, der beim Essen regelmäßig lautstark die Majo ausgeht. 

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Schweigsam zurückzukehren, ist auch keine Lösung, weil dann sofort die Frage im Raum steht, ob es sich gelohnt habe, dass ich überhaupt los sei, anstatt zu Hause meinen Mann zu stehen. Vorsichtige Gegenfragen an meine Frau, die ebenfalls nicht in der Stube hockte, könnte sie als Ablenkungsmanöver missverstehen.

Wie wir uns alle versöhnen können

Ein bisschen besser wird es sein, wir lösen die Spannung, in dem wir an die herbstlich feuchte Luft gehen, ein wenig rumtollen und Blätter schmeißen. Das Wetter schwankt zwischen Bier und Glühwein, wir könnten irgendwo eine Gans essen, und ich würde die Geschichte von Sankt Martin referieren und dabei einfließen lassen, dass der Martinstag unter Bauern einst das Datum war, an dem die Feldarbeit aufhörte und das Gesinde nach alter Väter Sitte eine „Schlamperwoche“ feierte. 

Da wurden die Füße auf die Ofenbank gelegt, das Rauchzeug angeschmissen, schmutzige Lieder gesungen und Frauen und Männer machten, was Frauen und Männer machen. Ich stelle mir vor, dass die Aussicht auf so eine gemeinsame Schlamperwoche uns alle versöhnen wird. Wenn es klappt, werde ich mir den Begriff patentieren lassen. Ich habe da jetzt ganz gute Verbindungen.

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