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Kolumne „Ein bisschen besser“

Mein Cashflow und ich

Als wir neulich beim Weinhändler waren um den Vorrat aufzufüllen, habe ich beim Rausgehen die Trinkwaren aus meinem Cashflow bezahlt. Ich hätte auch die Kreditkarte von unserem Clubkonto zücken können, das meine Frau Judith und ich vor der Hochzeit eingerichtet hatten und bei dem auch das Töchterchen schon vor der Hochzeit Mitglied war.

Wir sind seither finanziell gesehen ein Club, und ich clubbe mit Judith und dem Töchterchen auch ganz gern zusammen. Ansonsten aber bin ich nicht so der Clubtyp.

Mein Cashflow und ich bilden daneben eine weitere äußerst beständige Lebensgemeinschaft. Ich bin mit ihm sehr zufrieden, und er kann das mit mir an sich auch sein, weil ich ihn ständig päppele. Judith bereitet er manchmal Sorgen, und dann sage ich mit einem leichten Vorwurf in der Stimme: „Judith, Du machst Dir mehr Sorgen um meinen Cashflow als um mich.“ Sie sagt natürlich, dass das so nicht stimme, mein Lieber, sondern dass ein zittriger Cashflow am Ende meine Gesundheit in Mitleidenschaft ziehe und ihr das Sorgen mache. Man weiß ja, wie Frauen so sind, denke ich mir und trolle mich in so einem Fall mit meinem Cashflow von dannen.

Die Beziehung zu meinem Cashflow

Wenn wir dann beide so chillen, mein Cashflow und ich, denke ich oft, wie schön unsere Beziehung ist. Er hat die Eigenschaft, dass, wenn es ihm gut geht, er wunderbare Dinge verspricht: Pelzmäntel, Motorbootfahrten im Herbstlicht, Fussili mit Filetspitzen und Parmesan, so was eben. Wir beide können dann richtig ins Träumen geraten.

Wenn es ihm schlecht geht, ist er dagegen ganz genügsam und möchte an sich nur, dass ich ihn zufriedenlasse. Nur einmal kann ich mich entsinnen, dass wir uns gestritten haben, weil ich gesagt hatte, dass ich so einen negativen Cashflow wie ihn hier nicht länger in meinem Haus dulden wollte. Er hat sich dann umgedreht, und es war auch wieder gut.

Manchmal denke ich, wäre es ein bisschen besser, wenn Judith so berechenbar daherkäme wie mein Cashflow. Sie hat lange sehr positive Phasen, von täglichen kleineren Schwankungen abgesehen. Ganz plötzlich allerdings kann sie kippen. Dann tut sie so, als wolle sie zufriedengelassen werden, aber das ist im Gegensatz zu bei meinem Cashflow genau die falsche Therapie. Besser ist, ihr Zärtlichkeiten ins Ohr zu hauchen und einen Weißwein zu öffnen. Gut, dass ich gerade einen gekauft habe.

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