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Kolumne „Mild bis rauchig“

Anstoß fürs neue Jahr

Er ist immer ein gerne gesehener Gast. Immer spritzig und erfrischend. Wo er ist, steigt die Stimmung. Auch zum Jahresschluss und zu den ersten Sekunden des neuen Jahres gehört er dazu wie die Silvesterraketen und das Glockenläuten: der Champagner oder der Sekt! Je nach Geldbeutel wird das edle Getränk in großen oder kleinen Mengen konsumiert, wobei in jedem Fall das Entkorken mit seinem klassischen Geräusch nicht wegzudenken ist. Der Champagner steht für buchstäblich sprudelnde und überschäumende Lebensfreude.

Wer hätte nun gedacht, dass dieses Stimmungsgetränk ausgerechnet dort erfunden respektive maßgeblich entwickelt wurde, wo man gemeinhin die Spaßbremse schlechthin vermutet und den Spielverderberclub par excellence: in der katholischen Kirche!

Ein frommer und geschäftstüchtiger Mönch namens Dom Perignon

Den Champagner hat nämlich Mitte des 17. Jahrhundert Dom Pierre Perignon, Benediktiner der Abtei Hautvillers in der Champagne kreiert. Da die Weinproduktion eine der Haupteinnahmequellen seines Klosters war, entwickelte er die verschiedenen Kelterverfahren weiter und erfand dabei schließlich den Schaumwein, den er nach der Gegend seiner Herstellung „Champagner“ nannte. Und so trägt bis heute einer der besten Champagner den Namen des frommen, aber auch geschäftstüchtigen Mönchs: „Dom Perignon“.

Damit wäre um ein weiteres bewiesen, dass man der katholischen Kirche vieles anlasten kann, nicht jedoch Weltfremdheit oder Freudlosigkeit! Denn die Erfindung von so etwas wie Champagner, aber auch viele andere katholische Kreationen wie der Karneval oder die Pracht der Barockarchitektur haben ihren Ursprung in der wesentlich katholischen Glaubensüberzeugung, dass wir als Menschen in einer von Gott durchdrungenen und geprägten Zeit leben.

Vorschau Statue von Dom Pierre Perignon am Sitz des Champagner-Herstellers Moët & Chandon
Statue von Dom Pierre Perignon am Sitz des Champagner-Herstellers Moët & Chandon

Dass Er da ist und uns mit Seiner Nähe spürbar unter die Arme greift, wenn wir nach Ihm suchen. Dass Er sogar sinnlich erfahrbar ist in den Sakramenten und in dem, was an greifbaren Frömmigkeitsformen da ist: da gleitet ein Rosenkranz ganz spürbar durch die Finger, derweil die Lippen Gebete formen, da spüren wir geweihtes Wasser auf unserer Haut, wenn wir in der Liturgie damit besprengt werden, da beugt sich unser Körper, wenn wir eine Kniebeuge machen und so den Körper mit anbeten lassen, da klingt Musik und durchdringt Gesang unsere Ohren, wenn Gott verherrlicht wird.

Gott ist da

Alles – auch und gerade die Sinne – sprechen von der einen und unübertroffenen Botschaft: Gott ist da, Er ist der Herr über Zeit und Ewigkeit und dennoch in unserer Mitte unter dem Schleier menschlicher Gebärden und materieller Gestalten gegenwärtig und nah. Das ist unverbrüchlich katholisch: dass Gottes Gegenwart auch unser leibliches Dasein umfängt, ganz konkret, ganz heilend, ganz menschlich.

Am Silvesterabend ist es unter dieser Hinsicht also mehr als nur ein profaner Brauch, mit Sektgläsern anzustoßen, es ist auch die klingende Bestätigung, dass wir uns freuen dürfen, in ein neues Jahr zu gehen, weil auch dieses neue Jahr ein „Jahr des Herrn“ sein wird, wo eines uns mit Sicherheit erwartet: Gottes unendliche Liebe und Geborgenheit.

Im Glauben an Jesus Christus haben wir allen Grund zum Jubeln und zur Freude. Im Glauben an Jesus Christus brauchen wir keine Angst vor der Zukunft zu haben. Im Glauben an Jesus Christus dürfen wir uns trotz aller Vordergründigkeit dieser Zeit an der Welt freuen, denn sie ist aus Gottes Hand. Im Glauben an Jesus Christus dürfen die Korken knallen, weil wir in Ihm ganz munter und ganz zuversichtlich hoffnungsfroh und katholisch sein dürfen.

Der Glaube soll uns beleben wie der Champagner unseren Kreislauf

Denn selbst das Schwere wissen wir mit Dietrich Bonhoeffer aus Seiner Hand stammend und deswegen niemals vernichtend, wenn er – selbst im Angesicht seiner eigenen Hinrichtung – in dieser Gewissheit dichten kann: „Und reichst Du uns den schweren Kelch, den bittern, des Leids, gefüllt bis an den höchsten Rand, so nehmen wir ihn dankbar ohne Zittern aus Deiner guten und geliebten Hand.“

Am Beginn des neuen Jahres soll das eine Gewissheit sein, dass die Freude über unsere Erlösung auch künftig das Bestimmende unseres Lebens sein darf, auch wenn es manchmal dunkel ist. Dann soll der Glaube an Christus uns beleben, wie die Erfrischung eines perlenden Schaumweins den Kreislauf anregt. Damit wir nicht mutlos werden. Damit wir nicht Angst haben vor dem, was kommt, damit wir uns fallen lassen können in Gottes unendlichen Liebe.

So will Er in den Tagen des kommenden Jahres verehrt und angebetet werden. Nicht von trüben Tassen, die voller Furcht und Bedenken in die Zukunft gehen, sondern von Christen, die das, was sie glauben, auch sind: geistlich belebte Boten der Freude und des Lebens für das Jahr 2023.

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