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Kolumne „Der Schweizer Blick“

Erbschuld und Sippenhaft

Corrigenda-Leser erinnern sich: Das christliche Engagement der Gründerfamilie eines Schokoladenherstellers hat diesem viel Ärger eingehandelt. Plötzlich ging es nicht mehr um Produktequalität oder Geschmacksrichtungen. Einziges Thema: Darf sich ein Firmenchef auf der Straße gegen Abtreibung einsetzen?

Im Misskredit stand damals Jürg Läderach, die zweite Generation von „Läderach – chocolatier suisse“. Dass er nicht einfach still und brav Arbeitsplätze schuf und Waren exportierte, sondern sich darüber hinaus zu Gesellschaftsthemen äußerte, ging der bewegten Blase des Zeitgeists auf die Nerven. Im Verbund mit den Medien starteten sie eine Kampagne gegen den Unternehmer – und gegen das Unternehmen.

Solche Anstrengungen müssten längst ein Ende haben. Jürg Läderach hat das Unternehmen bereits 2018 an seine Söhne übergeben. Von ihnen ist nicht bekannt, dass sie sich im Ausmaß ihres Vaters mit religiösen Botschaften engagieren. Aber das muss ja nicht heißen, dass man nicht dennoch weiter versuchen kann, eine erfolgreiche Schweizer Familienunternehmung zu zerstören. Geschehen soll das derzeit mit Hilfe alter und völlig ungeprüfter Geschichten.

Angeblich handgreifliche Unterrichtsmethoden an Läderach-Schule

Der einstige Patron Läderach war Mitbegründer einer privaten evangelischen Schule im Osten der Schweiz. Seit über zwei Jahrzehnten ist bekannt, dass es dort offenbar über einige Jahre hinweg zu handgreiflichen Unterrichtsmethoden kam. Schüler wurden geschlagen, was diskussionslos nicht geht. Es folgten Untersuchungen durch den Staat sowie eine unabhängige externe Prüfung, initiiert von der Schule selbst. Das Resultat: An einigen Vorwürfen war etwas dran, an anderen nicht.

Aber nun kamen wie aus dem Nichts neue Anschuldigungen, und zwar gegen Jürg Läderach persönlich, von dem in Bezug auf die Schule bisher nie aktiv die Rede gewesen war. Laut einem Beitrag des öffentlich-rechtlichen Schweizer Fernsehens (SRF) soll nun auch er als gelegentlich tätiger Laienprediger Schüler verprügelt haben.

Das war der Startschuss. Danach war es für viele wieder höchste Zeit, in den sozialen Medien zum Boykott gegen Läderach-Schokolade aufzurufen. Das „Zurich Film Festival“ hat präventiv reagiert und die Zusammenarbeit eingestellt. Man geht gern auf Nummer sicher in Kulturkreisen.

Die Sache hat zwei Schönheitsfehler. Zum einen hat sich Jürg Läderach vor Jahren aus dem Unternehmen zurückgezogen, und die nächste Generation hat mit den Vorwürfen nichts zu tun. Zum anderen hat SRF in seiner Sendung gemacht, was es am besten kann und in jüngster Zeit immer öfter tut: Ohne echte Belege einfach die Aussagen von angeblichen Betroffenen gesammelt und publiziert.

Unschuldsvermutung wird ausgehebelt

Läderach Senior versichert, nie die Hand gegen Schüler erhoben zu haben. Das nützt ihm natürlich rein gar nichts. Dereinst könnten Heerscharen von Gerichten zum selben Schluss kommen, aber – wie der Schweizer so schön sagt – der Mist ist geführt, sprich: Der Schaden ist gemacht. Die Fluggesellschaft SWISS hatte ja seinerzeit bereits auf Läderach-Schokolade verzichtet, weil sich einige Leute schwer taten mit dem christlichen Hintergrund des damaligen Firmenführers. Und nun könnte er auch noch ein Prügler sein!

Ob er das wirklich ist, weiß allerdings niemand. Dazu kommt: Die Söhne von Läderach, die heute an der Spitze des Unternehmens stehen, haben die bewusste Schule in ihrer Jugend selbst besucht. Täter waren sie damit sicherlich nicht, wenn schon, dann mögliche Opfer. Warum man sie für echte oder erfundene Verfehlungen ihres Vaters bestrafen soll, indem man die Firma aushungert: Das kann niemand begründen.

Versucht wird es dennoch. Das Ganze ist eine obskure Mischung aus Erbschuld und Sippenhaft, die zudem auf dem brüchigen Fundament von Behauptungen steht. Das gute alte „Aussage gegen Aussage“ mag juristischen Wert haben, in der öffentlichen Debatte kümmert sich niemand darum.

Dass glühende Verfechter von Abtreibungen die aktuellen Nachrichten zum Anlass nehmen, mal wieder eine Breitseite auf die Schokoladenfirma abzufeuern, ist zwar unschön, aber aus ihrer Perspektive wohl verständlich – das war ja das reinste Geschenk. Inakzeptabel ist aber einmal mehr das Verhalten des gebührenfinanzierten öffentlichen Rundfunks. Das Schweizer Fernsehen macht aus reinem Hörensagen „News“, hebelt die Unschuldsvermutung (die wie immer pro forma erwähnt wird) faktisch aus und stellt einen Mann völlig beweisfrei an den Pranger.

Das ist nicht nur miserables Handwerk, sondern vor allem gezielt angewendetes. Unter keinen Umständen hätte die Redaktion von SRF eine Vorverurteilung dieser Grössenordnung gegen jemanden eingesetzt, der in ihren Spuren wandelt. Also beispielsweise gegen Vorreiter von Wokeness, Genderideologie und Klimaaktivismus. Dort graben die Journalisten sicherheitshalber nicht einmal. Denn es geht ja ausschließlich darum, „falsche“ Meinungen zu eliminieren – und die Leute, die sie vertreten.

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