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„Sag mir, wo die Kinder sind“

In Österreich fehlt jedes 3. Kind – Plädoyer für einen Gesinnungswandel

In Österreich betrug 2024 die durchschnittliche Kinderzahl pro Frau 1,31. Nötig wären 2,1, um eine Bevölkerung gerade so zu erhalten. Im ersten Quartal 2025 sind die Zahlen weiterhin zurückgegangen. Die Bevölkerung Österreichs hält sich aktuell nur durch Zuwanderung. Wo früher Krieg und Hunger der Grund für niedrige Geburtenzahlen waren, sind es heute allem Anschein nach Wohlstand und Überfluss. „Sag mir, wo die Kinder sind“, können wir die Frage nach der Demografie auch mit den Worten eines sehr auf den Krieg im Mutterleib passenden Friedensliedes aus den Fünfzigern stellen.

Wenn Abtreibungsanbieter ihre Tätigkeit nicht in die Rechnung einbeziehen (wollen)

„Geburtenrückgang geht dramatisch weiter“, titelte Christian Fiala, Österreichs wohl aktivster Abtreiber, kürzlich in einer Pressemitteilung, in welcher er sich den zunehmenden Geburtenrückgang einfach nicht erklären kann. Der Kinderwunsch sei seit Jahren unverändert stark, und an den oft genannten ökonomischen, soziologischen oder psychologischen Gründen könne der Geburtenrückgang nicht liegen. Warum nicht, wird nicht ausgeführt. Gleich darauf verweist Fiala allerdings auf eine von ihm selbst in Auftrag gegebene Studie, und siehe da: Zunehmend ausschlaggebend sei durchaus die Einkommenssituation und das soziale Umfeld, etwa das Gefühl der Sicherheit in der Beziehung.

Seine Ergebnisse stehen im Einklang mit zahlreichen weiteren Umfragen und Studien. Dem Schwangerschaftskonfliktreport 2024 von Profemina, der größten Erhebung unter Frauen in Konfliktschwangerschaften im deutschsprachigen Raum, können wir entnehmen, dass für 26 Prozent der Frauen Probleme in der Partnerschaft und Angst vor dem Verlassenwerden der primäre Grund für eine Abtreibung sind. Weitere 31 Prozent befürchten eine Überlastung, was meist finanzielle Gründe mit einschließt.

In der ELSA-Studie von 2024 geben 42 Prozent der Frauen an, dass Probleme im sozialen Umfeld sie zur Tötung ihres Kindes bewegen, und weitere 47 Prozent, dass sie sich das Kind nicht leisten können. Eine österreichische Umfrage von 2023 ergab zudem, dass die Hälfte aller Befragten Druck abzutreiben aus dem Umfeld auf ungeplant Schwangere wahrnehmen.

Keine Tabus: Abtreibung entfernt kein Gewebe, sondern Menschen

Abtreibungsarzt Fiala, der vor Jahrzehnten das Wiener „Museum für Verhütung und Schwangerschaftsabbruch“ gründete, forderte in seinem Statement, alle möglichen Faktoren und Ursachen des demografischen Wandels „ohne Tabus“ zu erforschen und benennt dabei auch das wachsende Problem der Unfruchtbarkeit. Dass uns aufgrund seiner täglichen Beschäftigung unsere Kinder verlorengehen, und übrigens auch das Risiko für Fehlgeburten und im schlimmsten Fall auch Unfruchtbarkeit erhöht wird, scheint ihn jedoch nicht weiter zu bekümmern.

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Durch Abtreibung – die er an mehreren Standorten durchführt und die er gesetzlich noch viel liberaler gestaltet sehen möchte – gehen seinen eigenen Schätzungen zufolge in Österreich jedes Jahr mindestens 30.000 Kinder verloren. 2024 gab es knapp 77.000 Geburten, im Vorjahr knapp 78.000. Auch wenn diese Zahlen nur Schätzungen sind, können wir also sagen, dass etwa ein Drittel aller gezeugten Kinder aufgrund von Abtreibung fehlt!

Abtreibungsarzt Christian Fiala im Patientengespräch: „Geburtenrückgang geht dramatisch weiter“ – und Abtreibungen tragen dramatisch dazu bei

Abtreibung ist womöglich auch deswegen so ein „Tabuthema“, weil es kein Gewebe entfernt, sondern junge Menschen. Die oben genannten Gründe schreien regelrecht nach Studien und Motivforschungen unter Betroffenen – doch dieses Tabu möchte man nicht anrühren. Lieber lassen wir Frauen damit allein, unter dem Deckmantel der „freien Entscheidung“.

Die falsche Auffassung hinter dem Begriff „Kinderwunsch“

Aber nicht nur schwierige Umstände führen zu weniger Geburten und vielen Abtreibungen. Frauen entscheiden sich immer häufiger bewusst dagegen, überhaupt jemals Kinder zu bekommen. Die Annahme Fialas, der Kinderwunsch sei „unverändert stark“, macht daher stutzig.

Eine Studie aus Schweden erhielt erst im März 2025 mediale Aufmerksamkeit, weil nur mehr 75 Prozent der befragten Schwedinnen Kinder wollen – im Gegensatz zu 2011, wo der Wert noch bei 91 Prozent lag. Eine Studie der Universität Wien in Zusammenarbeit mit dem Institut für Demografie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) und der Universität Salzburg von Ende 2023 ergab, dass sich die Zahl der Frauen, die keine Kinder wollen, seit 2009 verdreifacht hat. Bei einem Wert von 65 Prozent Kinderwunsch unter den 18- bis 29-Jährigen (wie in der oben verlinkten, vom Fialaschen Gynmed-Ambulatorium beauftragten Studie angegeben) von „stark“ zu sprechen, ist also leider illusorisch; er ist bestenfalls seit einigen Jahren „unverändert“.

Der Abtreibungsanbieter fordert eine Familienpolitik, die Paare mit Kinderwunsch stärkt. Gleichzeitig will er kostenlose Verhütungsmittel sowie die Legalisierung von Abtreibung. Es sind Weltanschauungen wie diese, die uns als Gesellschaft den Kinderwunsch langsam, aber sicher austreiben: Die Frau wird damit auf eine Gebärmaschine und der Mann auf einen Samenspender reduziert, das dem Menschen eigene, natürliche Familienbild wird zerrissen, fortgepflanzt wird nur noch aufgrund eines egoistischen „Wunsches“.

Solange ein „Kinderwunsch“ für unser Volk nicht wieder selbstverständlich ist, solange man sich vor Kindern „schützen“ zu müssen meint und Kinder nicht als Gabe und Aufgabe, sondern als Produkt, das man entweder will oder nicht will, angesehen werden, kann niemals wirklich familienfreundliche Politik betrieben werden.

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