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Kolumne „Kaffeehaus“

Mütter geben nicht auf

Wir Frauen denken oft, wir könnten erst Mutter sein, wenn alle Voraussetzungen dafür perfekt stimmten: wenn der vorbildliche Ehemann an unserer Seite steht, wenn man die vollkommene Work-Life-Balance findet, wenn wir in unserer besten körperlichen und seelischen Verfassung sind. Doch das Leben ist oft kompliziert und unvorhersehbar. 

Auch können wir trotz aller Liebe und Fürsorge nicht immer bewirken, dass unsere Kinder so werden, wie wir es uns wünschen. Kurzum: Mütter haben ein abenteuerliches Leben!

In Zeiten von angeblich makellosen Instagram-Familien möchte ich über drei Frauen und Mütter reflektieren – aus der Geschichte und aus der Gegenwart –, die keinen leichten Weg hatten und die tapfer geblieben sind. Mütter, die früher oder später für ihre Familie da waren, obwohl die Umstände nicht schön waren.

Heilige Monika

Barockes Deckenfresko der heiligen Monika in der Pfarrkirche St. Ulrich am Pillersee

Eine meiner Lieblingskirchen in Rom ist gerade die Basilka Sant’Agostino, zum einen wegen der wunderbaren Bilder von Caravaggio, und zum anderen, weil dort die heilige Monika von Tagaste, die Mutter des heiligen Augustinus und die Schutzpatronin der Mütter, begraben liegt. Gerade dort bete ich gern für wichtige Familienanliegen, am Grab dieser starken Frau und Mutter. Sie ist die Patronin von verheirateten Frauen, schwierigen Ehen und bei enttäuschenden Kindern. 

Die heilige Monika war mit Patricius, einem heidnischen Beamten verheiratet, dessen schwieriges Temperament und dessen Untreue sie in Geduld ertragen hat. Obwohl ihr Mann ihre Begeisterung für das Christentum nicht teilte, verstand es Monika, durch ihre Ruhe und freundliche Art seine Achtung zu gewinnen. Ihre Methode des Gebets und der Geduld hatte Erfolg: Ihr Mann nahm den Glauben an und ist als Christ gestorben.

Nicht unähnlich verlief es bei ihrem Sohn. Von Anfang an bereitete ihr dieser „Sohn vieler Tränen“ durch seinen instabilen Lebenswandel Sorgen. Als er nach seinen Studien in Karthago zum Manichäer wurde, verstritten sich die Mutter und der Sohn, versöhnten sich aber wieder. Monika hat nie losgelassen und folgte ihm bei seinen Aufenthalten in Karthago, Rom und Mailand. Ihre Liebe und Gebete bewirkten am Ende seine Bekehrung. 

Zusammen verbrachten sie eine friedliche Zeit in Italien, an dessen Ende Augustinus vom hl. Ambrosius in Mailand getauft wurde. Als Monika mit Augustinus nach Afrika aufbrechen wollten, starb sie im italienischen Ostia. Seine Trauer inspirierte ihn dazu, die „Bekenntnisse“ zu schreiben. Monika ist ein Vorbild einer wahren mütterlichen Liebe, die trotz des Leides und der Enttäuschungen nicht aufgibt. Sie resignierte nicht, sondern konzentrierte sich auf das Wohl und Seelenheil ihrer Liebsten. 

Meine Großmutter

Großmutter mit ihrer Enkelin bei der Feldarbeit im Salzburger Land

Vor einigen Jahren verstarb meine slowakische Großmutter, eine herzliche und liebevolle Frau. Sie verbrachte ihr ganzes Leben in einem Dorf und war mehr von der Natur und ruhigen Dörfern angetan, als von großen Städten und der weiten Welt. Sie wurde nicht gläubig erzogen, sondern fing erst durch ihren streng katholischen Mann an zu beten und in die Kirche zu gehen. Ihre Mutter ist früh gestorben und war nicht glücklich in ihrer Ehe und ihrem Leben. Die Ehe meiner Großeltern war auch nicht einfach, obwohl beide gute Menschen waren. 

Mein Großvater ging oft nach der Arbeit in die Kneipe, immer wieder wartete meine Oma bis spät abends auf ihn, oft in Tränen. Sie hatten drei Kinder und arbeiteten in Schichten – oft sahen sie sich deshalb nicht, und wenn sie nachmittags in die Fabrik musste, fürchtete sie um die Kinder, weil ihr Mann gern die Abende mit seinen Kumpels in der Kneipe verbrachte. 

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Die stressige Situation und harte Arbeit in der Fabrik brachten ihr gesundheitliche Probleme, woraufhin sie in Frühpension ging. Und so hatte sie Zeit, sich um ihre Kinder und Enkelkinder zu kümmern und ihnen zu helfen. Sie zeigte ihre Liebe vor allem durch ihre Kochkünste: zauberte immer viele Speisen und backte Kuchen ohne Ende. Bei ihr zu sein, bedeutete für mich, in eine Oase der Ruhe und Gemütlichkeit einzutauchen. 

Gern sang sie Lieder, erzählte abends Geschichten aus ihrer Kindheit. Die schönsten Momente unserer Kindheit verbrachten wir gerade bei ihr. Obwohl sie sehr krank war und viele Enttäuschungen im Leben erdulden musste, ließ sie es sich nur ungern anmerken. Als sie vor einigen Jahren verstarb, kamen sehr viele Menschen von weit zu ihrem Begräbnis. Ihre Güte und Liebe, aber auch ihr Humor, machen sie zu meinem Vorbild.

Mutter von J. D. Vance

Sichtlich gerührte Beverly Vance bei der Nominierung ihres Sohnes zum US-Vizepräsidentschaftskandidaten im Juli 2024

Die Mutter des US-amerikanischen Vizepräsidenten J. D. Vance, Beverly Vance, war keine perfekte Mutter, und die Kindheit ihres Sohnes James David war alles andere als leicht. Sein Vater verließ die Familie, als J. D. noch ein Kleinkind war. Als er heranwuchs, kämpfte Beverly mit Drogenabhängigkeit, und weil ihr Sohn keine Stabilität bei ihr kannte, wurde er schließlich in die Obhut seiner Großeltern gegeben, denen er seine Erziehung auch zu verdanken hat. Mamaw und Papaw, wie er sie liebevoll nannte, gaben ihm das, wozu seine Mutter in der Zeit nicht imstande war. J. D. schrieb über seiner Kindheit in seinem 2016 herausgegebenen Roman „Hillbilly Elegy“. 

Gerade seine Mamaw war die Frau, der er laut eigenen Worten seine Erziehung verdankt. Beverly, die als Krankenschwester arbeitete, war keine lieblose Frau, doch ihre Medikamenten- und Drogensucht verursachte ihre Stimmungsschwankungen und Aggression zu Hause, wie sich der US-Vize in seiner Autobiografie erinnert. Es kam so weit, dass Beverly festgenommen wurde, als er zwölf Jahre alt war.

Doch auch diese traurige Geschichte nahm ein Happy End, und Beverly Vance konnte sich vor zehn Jahren von ihrer Sucht lösen. Vor einigen Wochen feierte sie gemeinsam mit ihrem Sohn dieses Jubiläum im Weißen Haus. „Mama, ich bin stolz auf dich“, sagte J. D. gerührt. Er habe sich früher nicht erhofft, dass sie lange genug leben würde, um eine Beziehung mit seinen künftigen Kindern zu haben. „Jetzt sind sie fast acht, fünf und drei Jahre alt, und sie ist die beste Großmutter, die sich diese Kinder wünschen können“, sagte Vance.

Tatsächlich hat sich Beverly selbst wohl nie erhofft, einmal eine glückliche Großmutter zu werden und die Mutter des amerikanischen Vizepräsidenten zu sein. Sie sagte demnach auch sichtlich gerührt:

„Ich liebe meine Familie mehr als alles andere. Ich bete viel mehr, und hoffentlich schenkt mir Gott noch ein paar Jahre, um diese Kinder aufwachsen zu sehen. Ich liebe euch alle.“

Ihre Zulassung als Krankenschwester konnte sie auch wiedererlangen und arbeitet nun in einem Zentrum für die Behandlung von Drogenmissbrauch und hilft anderen Menschen, die mit ihrer Sucht zu kämpfen haben.

Die Mutter von Vance hat in unperfekten Umständen ihren Sohn auf die Welt gebracht und versucht aufzuziehen. Trotz ihrer Schwäche und ihrer Versagen, fand sie die Kraft neu anzufangen.

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