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Kolumne „Berliner Luft“

Alle bunt, alle frei? Wenn der Vielfaltskult wie ein Haferkeks zerbröselt

Ich sitze in Berlin-Mitte, sehe Plakate der Bundeswehr, lese Artikel, in denen gefordert wird, Männer – und in manchen Vorschlägen auch Frauen – müssten in Zukunft Dienst leisten. Ein Pflichtdienst, ein Fragebogen beim 18. Geburtstag, mit Fragen über Stress, Disziplin, Führungsfähigkeit. Es klingt wie ein vorsichtiger Schritt in Richtung Bürgerpflicht – und als Frau frage ich mich: Wollen wir das wirklich? Und was verlangt der Staat dann von uns?

Berlin ist die Stadt der Parolen: „Alle gleich, alle bunt, alle frei.“ Doch was passiert, wenn diese bunte Theorie plötzlich auf den Ernstfall trifft? Wenn es nicht mehr um Regenbogenflaggen am Rathaus geht, sondern um Uniformen, Drill und Gehorsam? Und betroffen sind ja nicht nur Frauen, sondern auch Männer, die sich als „weibliche Menschen“ identifizieren. Plötzlich zerbröselt der Vielfaltskult wie ein Haferkeks, oder? Im Ernstfall sortiert man wieder nach den simpelsten Rastern: Alt oder jung, Mann oder Frau, tauglich oder untauglich, bereit oder verweigernd.

Noch schützt das Grundgesetz Frauen vor der Wehrpflicht. Eine schnelle Änderung ist erstmal nicht in Sicht. Wozu also die Aufregung? Und doch treibt allein die Idee Feministinnen und Pazifisten gleichermaßen in Rage – die einen, weil sie keinen Zwang dulden, die anderen, weil sie Frauen nicht im Schützengraben sehen wollen. Aber ist das nicht selbst verräterisch? Wer an allen Ecken Gleichberechtigung fordert, gerät in Panik, sobald Gleichberechtigung einmal echten Einsatz bedeutet.

Andere Länder und andere Zeiten kennen kämpfende Frauen

Ein Blick über die Grenzen: In Dänemark hat man gerade die Wehrpflicht für Frauen beschlossen. Nicht aus Militarismus, sondern weil man Gleichberechtigung ernst nimmt – auch wenn sie unbequem wird. In Israel ist weiblicher Wehrdienst seit der Staatsgründung selbstverständlich, zwei Jahre lang. Dort spricht eine junge Kampfpilotin nach einem Einsatz davon, „das Gewicht der Verantwortung gespürt“ zu haben – für Kinder, für die Zukunft, für den Frieden von morgen. Und in Berlin? Hier protestiert man lieber mit Transparenten und Kerzen gegen jede Form von Pflicht – im sicheren Schatten der NATO.

Natürlich, Frauen haben sich in den vergangenen Jahrzehnten harte Berufe erkämpft – sie fliegen Passagierjets, löschen Brände, steuern Kräne. Aber wenn es um den Militärdienst geht, heißt es plötzlich, das sei unzumutbar. Sind dänische oder israelische Frauen also Wesen von einem anderen Stern? Oder sind es nicht vielmehr wir Deutschen – und besonders wir Berliner –, die uns in Ausreden flüchten?

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Bundeswehr-Werbung in Berlin

Wir kennen kämpfende Frauen nicht nur aus der Gegenwart, sondern auch aus der Geschichte. Jeanne d’Arc – Widerstandskämpferin im Hundertjährigen Krieg. Amelia Earhart – Pilotin, die Atlantikflüge meisterte, Symbol für weiblichen Mut und Technikbegeisterung und deshalb im Krieg als Idol für Frauen in der Luftfahrt gesehen wurde. Soja Kosmodemjanskaja – Partisanin, von der Wehrmacht gefoltert und gehängt, mit 18 Jahren schon zur Nationalheldin der Sowjetunion erklärt. Frauen, die ihre Völker verteidigten, oft als Mütter, fast immer unter Einsatz ihres Lebens. 

Sie waren keine dekorativen Amazonen für Paraden, sondern Führungsfiguren, Kämpferinnen, Leitbilder. In Berlin dagegen zitiert man sie gern in Vorträgen über „Female Empowerment“ – aber wehe, die Konsequenz würde heißen: auch hier Uniform und Pflicht. 

Die Fragen „Wer ist Mann?“, „Wer ist Frau?“, „Wer ist trans, und wie zählt das?“ erübrigen sich. Wie der ermordete konservative US-Influencer und Bürgerrechtler Charlie Kirk sagte: „I am pro-reality“ (deutsch: Ich bin auf der Seite der Realität). Heißt, im Ernstfall ordnet der Staat nach Biologie! 

Gleichwertigkeit braucht keine Gleichmacherei

Als Christin sage ich, dass das richtig ist. Unser Wert liegt nicht darin, ob wir marschieren, Uniform tragen, schießen können. Unser Wert liegt darin, dass wir Geschöpfe Gottes sind, Mann und Frau, gewollt in unserer Unterschiedlichkeit. „Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde, als Mann und Frau schuf er sie“ (Gen 1,27). Gleichwertigkeit braucht keine Gleichmacherei. Und Gleichberechtigung heißt nicht, dass Frauen jede Last der Männer übernehmen müssen wie auch umgekehrt. 

Keine Frau darf jemals hoffen, dass der Mann einst das Kind austrägt. Übrigens, eine jede Schwangerschaft ist wie jeder Kriegseinsatz ein Risiko für das Leben. War es schon immer. Und wer angesichts dieser natürlichen Unterscheidung der Geschlechter gleich mit dem Schwarz-Weiß-Denken „Frau zurück an den Herd“ kommt, dem möchte ich sagen: Die berufliche Verwirklichung ist eine Sache der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Gestaltung. Die Wehrpflicht aber ist die Frage einer Pflicht. Keine Frau – und auch kein Mann – wird gezwungen, Vollzeit zu arbeiten. Jeder kann heute arbeiten, wie er es eben schafft.

Und es gibt sie ja schon seit Jahrzehnten, die freiwilligen Dienerinnen der Bundeswehr. Offizierinnen, Unteroffizierinnen, Mannschafter. Pflicht kann gerecht sein – wenn sie Männer trifft, die historisch von Schutzpflichten geprägt sind. Aber Frauen zwangsweise zu verpflichten, hieße, die gottgewollte Unterschiedlichkeit zu leugnen. Im Ernstfall entsteht automatisch der Kompromiss. Denn was ist die Tatsache? Der Mann führt Krieg, kommt verletzt zurück (wenn er zurückkommt), und es pflegt ihn ganz der natürlichen Ordnung gegeben – wer? Die Frau.

Die Hauptstadt diskutiert laut über die neue Wehrpflicht, doch die eigentliche Frage lautet leise: Vertrauen wir noch darauf, dass unsere Unterschiede gewollt und gut sind? Oder wollen wir so tun, als seien Frauen nur dann vollwertig, wenn sie marschieren wie Männer?

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