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Appell: „Klimaschutz: Wir sind bereit“

Glauben die Klima-Katholiken noch an Gott?

„Es ist überall nichts in der Welt, ja überhaupt auch außer derselben zu denken möglich, was ohne Einschränkung für gut könnte gehalten werden, als allein ein guter Wille.“ Kants Einleitungssatz zur „Grundlegung zur Metaphysik der Sitten“ beschreibt die „deutsche Mentalität“ exzellent. Der „gute Wille“ ist ein Meister aus Deutschland, begleitet von Idealismus und Pathos.

Jetzt hat der „gute Wille“ auch katholische Aktivisten, Funktions- und Würdenträger in Deutschland erfasst. Es geht um nichts weniger als um die Rettung des Weltklimas. Der Finanzvorstand der Caritas, Steffen Feldmann, der Umweltbeauftragte der deutschen (Erz-)Bistümer, Mattias Kiefer, und Pater Klaus Väthröder, Jesuit vom „Ukama-Zentrum für Sozial-Ökologische Transformation“ in Nürnberg haben einen Appell veröffentlicht mit dem Titel „Klimaschutz: Wir sind bereit“.

„Wir richten diesen Appell an die deutsche Bundesregierung und Länderregierungen, indem wir förderliche Rahmenbedingungen einfordern, aber auch unsere eigene Bereitschaft und unsere eigenen Bemühungen zur schnellstmöglichen Klimaneutralität bekunden.“ Der deutsche Wille soll die Welt bestimmen, denn ein nationales Klima gibt es nicht.

Forderungen wie von den Grünen

Zu den Erstunterzeichnern – auf der Website wird der Begriff natürlich gegendert – gehören unter anderem der Erzbischof von Köln, Rainer Maria Kardinal Woelki, der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, erwartungsgemäß auch die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Irme Stetter-Karp und zahlreiche andere mehr oder weniger bekannte Katholiken.

In dem Appell werden dieselben Forderungen an die Bundes- und Landesregierungen gestellt, wie sie auf jeder Ortsverbandsversammlung der Grünen heruntergebetet werden:

  • Wissenschaftliche Erkenntnisse über die „Klimakatastrophe“ sollen ins Zentrum der Debatte. Es solle „entschiedener“ um „jedes Zehntel Grad an Begrenzung“ der Erderwärmung gekämpft werden
  • Die „Energie- und Wärmewende“ soll vorangetrieben, entsprechende Gesetzesinitiativen „unverzüglich umgesetzt werden“
  • Dasselbe soll für die „Mobilitätswende“ gelten. Wie schon zuvor die Evangelische Kirche in Deutschland, fordert der Appell ein Tempolimit. Der Schienen-, Rad- und Fußverkehr soll subventioniert werden
  • „Beschleunigen Sie die Agrar- und Ernährungswende.“
Vorschau Ausriss aus dem Appell „Klimaschutz: Wir sind bereit“
Ausriss aus dem Appell „Klimaschutz: Wir sind bereit“

Beseelt vom „guten Willen“ heißt es pathetisch: „Wir, die Unterzeichnenden, sind bereit, die Wende zur Klimaneutralität zu vollziehen … Wir haben keine Zeit mehr für destruktive Rückzugsgefechte, die lediglich das fossile Zeitalter verlängern.“

Eigentlich sollte sich jeder Katholik bei diesem Appell zwei Dinge fragen: Erstens: Glauben die Initiatoren und Unterzeichner des Klima-Appells noch an Gott? Zweitens: Ist es die dringendste Aufgabe von Katholiken in Deutschland, sich für das Weltklima einzusetzen?

Warum der Klima-Appell ernste Anfragen an den Glauben stellt? Es ist eine Glaubenswahrheit, dass Gott alles Geschaffene im Dasein erhält. Das Erste Vatikanische Konzil lehrt: „Gott schützt mit seiner Vorsehung alles, was er erschaffen hat.“ Für denjenigen, der an der theistischen Gottesvorstellung des Christentums festhält, steht fest, dass letztendlich Gott die Welt erhält. Wer stattdessen meint, die Welt mit „gutem Willen“ und Klima-Appellen retten zu müssen, offenbart eine Hybris und eine Anmaßung, die an den Turmbau zu Babel erinnert.

„Kampf fürs Klima“ ist aktualisierter sozialistischer Klassenkampf

Gleichzeitig kann man den Gedanken nicht von sich weisen, dass es hier auch um das bekannte Motiv der Anbiederung geht, darum, geliebt zu werden. Katholisch in Deutschland zu sein, hat etwas Unbequemes. Als moderner Mensch des 21. Jahrhunderts will man eigentlich nichts mehr mit der Kirche zu tun haben, mit einer „Institution“, die vor allem für Missbrauchsskandale, eine „überholte Sexualmoral“ und „Heuchelei“ steht. Es gibt kaum etwas Peinlicheres, als katholisch zu sein. Wer sich entsprechend outet und gleichzeitig dafür schämt, kann sich sicher sein, Schulterklopfen und Verständnis zu ernten. Schließlich ist jeder anständige Deutsche „längst schon ausgetreten“.

Viel lieber will man auch zum Mainstream gehören. Insofern sind Klimakatholiken die Deutschkatholiken des 21. Jahrhunderts. Im 19. Jahrhundert wollten Katholiken wie Johannes Ronge nicht mehr so „starr dogmatisch“ und unzeitgemäß sein. Viel lieber wollten sie mit den Idealen der Zeit gehen: „liberal“ und „aufgeklärt“. Aber wie es mit allen Trends ist, so endete auch dieser auf dem Friedhof der Geschichte. Wer mit der Zeit geht, vergeht mit der Zeit.

Initiatoren und Unterzeichner des Klima-Appells sollten sich bewusst sein, in welche ideologischen Gefilde sie sich allein schon durch ihre Wortwahl begeben. In gewisser Hinsicht ist der Kampf fürs Klima eine Aktualisierung des sozialistischen Klassenkampfs. Während die Kommunisten im 20. Jahrhundert angeblich gegen „Unterdrückung“ und für „Befreiung“ kämpften, kämpfen die Klimaaktivisten heute gegen den Weltuntergang durch CO2 und für „Klimaneutralität“. Das ist die Weltrevolution 2.0. Wer „Fridays for Future“ und ähnliche Bewegungen verfolgt, stößt unmittelbar auf neomarxistisches Vokabular.

Lebensfeindliche Aktionen im Namen des Klimas

Die „Letzte Generation“ verteilt Aufkleber mit der Forderung nach einem „Gesellschaftsrat“, und jeder „Abweichler“ wird sofort zum (Rechts-)Populisten erklärt, dem neuen bourgeoisen „Klassenfeind“. Was sich einst der Diktatur des Proletariats beugen musste, muss sich nun der „Klimaneutralität“ unterwerfen.

Dabei sind die drakonischen Heizungs- und Dämmgesetzte der Bundesregierung noch das kleinste Problem. Im Namen des Klimas kommt es zu menschenfeindlichen Aktionen aller Art, wie „Birthstrikes“, Abtreibungen, Preisen für Kindermangel usw. Der Weg in die Hölle ist mit dem guten Willen gepflastert, der Gott vergessen hat.

Christen wurden zu allen Zeiten versucht, sich gefährlichen Trends anzupassen, um sich dadurch beliebt zu machen. Am Ende haben aber nie die Trends überlebt, sondern das Christentum. Im vergangenen Jahr sind mehr als 500.000 Menschen aus der katholischen Kirche ausgetreten. Immer weniger Kinder kennen das Vaterunser, und immer weniger Katholiken gehen zur Kirche. Es wäre daher etwas ganz anderes nötig: ein Missions-Appell, der sich an alle deutschen (Erz-)Bistümer richtet und missionarische Rahmenbedingungen einfordert, um die Frohe Botschaft zu verkünden.

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Kommentare

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Kommentar
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Yobo
Vor 9 Monate 3 Wochen

ein großartiger Artikel :-) und dabei alles auf den Punkt gebracht. Vielen Dank, lieber Herr Jung. Gut und umso wichtiger in der heutigen Zeit, dass es Corrigenda gibt. Weiter so!

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Gudrun Trausmuth
Vor 9 Monate 3 Wochen

Uneingeschränkte Zustimmung und großen Dank! - Es ist aktuell eben sehr einfach, ein paar Punkte zu sammeln, wenn man beim Klimablabla mitmacht; seine Stimme für das ungeborene Leben zu heben, wäre schon wesentlich unbequemer. Leider sind wir aber "das Schweigen der Hirten" in wesentlichen Fragen und Wortmeldungen an populären Nebenfronten schon gewohnt .... irgendwann schreien dann die Steine.

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Ohnesorgeseioh…
Vor 3 Monate 4 Wochen

Was wäre Ihr konkreter Vorschlag, wie sich gläubige Katholiken zu der unübersehbaren Klimakrise verhalten sollen? Beten ist gut! Aber handeln müssen wir doch auch. Sie handeln auch. Nur erkenne ich noch nicht, wie Ihr Handeln als Journalist der Klimakrise entgegenwirkt.
Es kann ja nicht sein, dass Sie sie für irrelevant halten.

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Chrizzlybear
Vor 9 Monate 2 Wochen

Ich finde den Ton wenig hilfreich für eine faire Debatte und Auseinandersetzung. Die Gegenseite meint ja der Mensch kann die Welt durch den freien Willen zerstören. Wieso ist das unchristlich? Wenn Gott alles Geschaffene erhalten würde, dann gäbe es doch keinen Selbstmord? Ich denke die sind nur viel zu fatalistisch

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Klaus
Vor 9 Monate 3 Wochen

Volle Zustimmung. Hier ein anderer Aspekt: die Kirchen haben sich zu allen Zeiten an Macht orientiert, sich ihr angebiedert um ihre eigene zu erhalten oder auszubauen. Das muss man leider zur Kenntnis nehmen. Ich unterscheide daher auch zwischen "Christ sein" und "katholisch" oder "evangelisch" sein, da die letzteren immer auch politisch sind.

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Veritas
Vor 9 Monate 3 Wochen

Wenn man sich anguckt, wer sich in sozialen Medien über diesen Artikel aufregt, kann man bloß sagen: gut gemacht!

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Gudrun Trausmuth
Vor 9 Monate 3 Wochen

Uneingeschränkte Zustimmung und großen Dank! - Es ist aktuell eben sehr einfach, ein paar Punkte zu sammeln, wenn man beim Klimablabla mitmacht; seine Stimme für das ungeborene Leben zu heben, wäre schon wesentlich unbequemer. Leider sind wir aber "das Schweigen der Hirten" in wesentlichen Fragen und Wortmeldungen an populären Nebenfronten schon gewohnt .... irgendwann schreien dann die Steine.

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Yobo
Vor 9 Monate 3 Wochen

ein großartiger Artikel :-) und dabei alles auf den Punkt gebracht. Vielen Dank, lieber Herr Jung. Gut und umso wichtiger in der heutigen Zeit, dass es Corrigenda gibt. Weiter so!