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Bricht gerade eine neue Epoche an?

Nick Fuentes und das Ende der USA, wie wir sie kennen

In den USA findet gerade ein bislang nicht gekannter Kulturkampf statt. Das ist keine Übertreibung, sondern eine Tatsache, von der sich jeder überzeugen kann, der US-Medien verfolgt. Die New York Times, The Atlantic , CNN oder Fox News – alle berichten darüber und nennen dabei einen Namen: Nick Fuentes.

Es geht in diesem Kulturkampf um das Selbstverständnis Amerikas. Das Narrativ des Westens seit 1945 löst sich gerade auf, zumindest was seinen hegemonialen Deutungsanspruch betrifft.

Seit 1945 galt: Die USA sind die Schutzmacht des Westens, Hort der freien Welt, The Land of the Free, die großen Vorkämpfer für Liberalismus, den freien Markt, Selfmade und Free Speech. Man spricht von christlich-jüdischen Werten, von einer Art heiligem Sendungsbewusstsein, das einen globalen Anspruch hat. Nach dem Sieg über Nazi-Deutschland galt der Kampf dem Kommunismus und dem besonderen Schutz Israels.

In Rom traf Ronald Reagan sich mit Johannes Paul II., später sprach Barack Obama an der Siegessäule über den Freiheitsgeist Berlins. Diese Vereinigten Staaten werden gerade infrage gestellt – und das nicht durch Russland oder China, sondern durch eine junge Generation von Podcastern, YouTubern, Kommentatoren und Aktivisten in sozialen Netzwerken.

Diese Lager stehen sich gegenüber

Gegenüber stehen sich das „America First“ bzw. „America Only“-Lager auf der einen und das „MAGA“-Lager („Make America Great Again“) auf der anderen Seite. Die Galionsfiguren sind nationalistische Podcaster Nick Fuentes („America First“, Jahrgang 1998) und auf der anderen Seite der liberal-konservative Anwalt, Kommentator und „Daily Wire“-Gründer Ben Shapiro („Make America Great Again“, Jahrgang 1984). Und Nick Fuentes scheint diesen Kampf aktuell zu gewinnen – vor allem bei den unter 30-jährigen Amerikanern.

Der eher kleingewachsene Fuentes stammt aus Illinois, einem Bundesstaat im Mittleren Westen der USA, und wurde bereits in seiner Schulzeit als konservativ beschrieben. Ab 2017 wurde er durch die Ereignisse in Charlottesville und seine Livestream-Show „America First“ in der US-Rechten bekannt und gewann vor allem in jungen, radikalisierten Online-Communities an Popularität. In Charlottesville hatten rechte und rechtsradikale Gruppen so gut wie aller Schattierungen gegen den Beschluss zur Entfernung eines Denkmals von Robert E. Lee, einem Konföderierten-General im US-Bürgerkrieg, protestiert – unter dem Motto „Unite the Right“. Auch Fuentes nahm daran teil. Nach dem Ende der Kundgebung fuhr ein Teilnehmer mit seinem Auto in eine Gruppe Gegendemonstranten, wobei eine Frau getötet und mehrere Menschen verletzt wurden.

2019–2020 wuchs Fuentes’ Einfluss stark durch die sogenannten „Groyper Wars“ gegen Mainstream-Konservative und durch seine „America First Political Action Conference“ (AFPAC). Die Groypers sind eine rechte Internet-Bewegung, deren Mitglieder versuchen, konservative Organisationen zu unterwandern und nach rechts zu verschieben; sie treten meistens unter Pseudonymen auf und verbreiten nationalistische Inhalte.

Gleichzeitig führte seine zunehmend offen extremistische Rhetorik zu umfassenden Cancel-Maßnahmen. Am 6. Januar 2021 stand er zusammen mit vielen anderen Trump-Anhängern vor dem Kapitol in Washington. Danach wurde er von YouTube, Twitter, Twitch, Facebook, Instagram und später auch von Zahlungsdiensten wie Stripe und verschiedenen Banken verbannt. Dieser Cancel-Effekt schwächte zeitweise seine Sichtbarkeit, verfestigte jedoch seine Kultfigurrolle in der radikalen bis extrem rechten Szene. Trotz reduziertem Zugang zu großen Plattformen blieb seine Popularität in Nischenmilieus bestehen und erlebt jetzt einen nie gekannten Höhepunkt.

Ironie, Tabuverletzungen und moralische Schamlosigkeit sind sein Spielzeug

Seine Reichweite ist erheblich: Er erreicht auf Rumble – einer Streaming-Plattform, die vor allem von denen genutzt wird, die auf YouTube gesperrt wurden – regelmäßig Hunderttausende, und Clips seiner Livestreams erzielen auf TikTok, Telegram und X Millionenreichweiten. Fuentes ist damit für viele junge Amerikaner eine politische Leitfigur geworden. 

Ironie ist sein Spielzeug, wie das Verletzen von Tabus, Grenzüberschreitungen und moralische Schamlosigkeit. Fuentes bezeichnet sich selbst als Katholik, leugnet den Holocaust – mal im Ernst, mal als Provokation; er prahlt damit, Stalins Geburtstag zu kennen, und bezeichnet den Massenmörder als einen „Großen der Geschichte“, dessen Macht er bewundere. Zwar räumt er ein, dass Stalin moralisch verwerflich gewesen sei, doch dieser Hinweis wirkt bei Fuentes eher nebensächlich. 

Sein eigentliches Interesse gilt der politischen Bühne und den mächtigen Akteuren der Welt – darin liegt seine bevorzugte Rolle und sein Spiel. Rapper Kanye West, der sich inzwischen „Ye“ nennt, bezeichnet er als seinen Freund. Im November 2022 besuchten sie zusammen den jetzigen US-Präsidenten Donald Trump in dessen Anwesen in Mar-a-Lago. Zwei Jahre später rief Fuentes schließlich dazu auf, Trump nicht zu wählen. Vor allem Trumps Außenpolitik, die aus seiner Sicht zu laxe Migrationspolitik und die ebenfalls aus ihrer Sicht nicht erfolgten Wirtschaftserfolge sind immer wieder Zielscheibe für Fuentes.

Eine Figur, die in Deutschland nicht möglich wäre

Fuentes ist eine Figur, die in Deutschland unmöglich wäre, aber in den USA aktuell die wichtigste politische Gestalt bei den unter 30-Jährigen ist. Um ihn zu verstehen, muss man die USA und deren Mentalität kennen – etwas, das in Deutschland regelmäßig scheitert. Deshalb können Zeit, Spiegel und andere große Medienhäuser das Phänomen Fuentes zwar in seinen moralischen Abgründen beschreiben, sie verstehen seinen Erfolg aber nicht. 

Die Zeit schreibt etwa: „Der Aufstieg des Nationalisten Nick Fuentes zeigt, wie porös die Abgrenzung geworden ist.“ Der Spiegel stellt heraus, dass Fuentes ein Holocaustleugner und radikaler Nationalist ist, wundert sich aber gleichzeitig darüber, wie er gerade bei jungen Amerikanern an Einfluss gewinnt. Die Süddeutsche Zeitung spricht nach dem jüngsten Streit zwischen dem Moderator Tucker Carlson und Fuentes von einem Zerwürfnis im rechten amerikanischen Lager. Doch bei all diesen Berichten bleibt eines auffällig: Es fehlt das Verständnis für die Lebensrealität der jungen Amerikaner, die Fuentes anspricht.

Fuentes besitzt eine Stärke, die ihn für seine Anhänger fast unanfechtbar macht: Er gilt als einer von ihnen. Zwar sagt er, dass er keine Frau daten will und bezeichnet heterosexuellen Geschlechtsverkehr manchmal als „gay“, also schwul, doch bezeichnet er sich selbst auch als „Incel“, „involuntary celibate“, also als jemanden, der unfreiwillig sexuell enthaltsam lebt und sich als Außenseiter erlebt.

Genau diese Figur des Außenseiters macht ihn zur Identifikationsfigur für ein Millionenheer hoffnungsloser junger amerikanischer Männer, die keine Frau finden, sich kein Haus leisten können, religiös verwahrlost sind und nicht mehr an den amerikanischen Traum glauben. Etwa ein Viertel der 22- bis 34-Jährigen gibt an, in den vergangenen zwölf Monaten keinen Geschlechtsverkehr gehabt zu haben.

Für sie liegt Amerika im Sterben – und „Nick“ gibt ihnen eine Stimme

Für sie stirbt Amerika – und „Nick“ gibt ihnen eine Stimme. Er spricht über den Wert des Christentums oder das, was er dafür hält. Und darüber, dass der Feminismus die Ehe und die klassische Rolle der Frau zerstört habe, über die Überzeugung, dass die USA zu viel Geld in Kriegen und für Israel ausgegeben hätten und darüber, dass Trump „MAGA“ verraten habe. Fuentes, der größte Trump-Fan von 2016, war bei der Präsidentschaftswahl 2024 sein erbitterter Gegner. Die Lösung, die Fuentes anbietet, lautet: christlicher Nationalismus, America First, America Only.

Auf der anderen Seite steht Ben Shapiro, ein typischer Vertreter des Reagan- und Bush-Amerikas. Er ist ein orthodoxer Jude, dessen Kippa mit seinem Lebensalter mitgewachsen ist. Mit seinem „Daily Wire“ und über einer Million Abonnenten betreibt Shapiro das wohl größte konservative Streamingportal der USA. „The Daily Wire“ produziert Podcasts, Videos, Nachrichtenformate und Unterhaltungssendungen und erreicht Millionen täglicher Nutzer.

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In den vergangenen Jahren kämpft das Unternehmen jedoch sichtbar mit sinkenden Abonnentenzahlen und finanziellen Einbußen. Berichte zeigen, dass „Daily Wire“ einen Teil seiner Reichweite verloren hat und wirtschaftlich unter Druck geraten ist. Shapiro verliert derzeit den Kampf um die Deutungshoheit. Man sieht es täglich auf X, in den Kommentaren und in den Zahlen. Viele wundern sich darüber, wie schlecht und mitunter dilettantisch Shapiro den Kampf aufnimmt.

In einem Video erklärte Shapiro, Amerikaner, die sich das Leben an ihrem Geburtsort nicht leisten könnten, sollten einfach umziehen. Diese Aussage wirkte wie eine Einladung zur Demontage. Fuentes griff sie sofort auf und nutzte sie, um Shapiro als „Israel First, America Second“-Vertreter zu diffamieren.

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Shapiro hat den Ruf, mit dem Erfolg zu gehen und seine Prinzipien anzupassen. Zuerst war er gegen Trump, dann wechselte er, als Trump Präsident geworden war, ins Lager der Unterstützer. Jetzt will er als Stimme der Vernunft erscheinen, kommt aber wie ein abgehobener Millionär aus Los Angeles rüber, der die Nöte der Amerikaner nicht versteht und aus einem Elfenbeinturm heraus spricht. Er versucht, als Stimme des gesunden Konservatismus aufzutreten, wirkt aber kalt und blutleer.

„A weird little gay kid“

Der Siegeszug von Fuentes nahm richtig Fahrt auf, als Tucker Carlson ihn in seinem Podcast mit der Kommentatorin Candace Owens als „weird little gay kid in his basement in Chicago“ – „seltsames kleines schwules Kind in seinem Keller in Chicago“ bezeichnete. 

Damit griff Carlson auch eines der vielen Gerüchte um Fuentes auf. Immer wieder waren dessen Kontakte zu dem homosexuellen Aktivisten Milo Yiannopoulos sowie zu Ali Alexander, der später als Sexualstraftäter entlarvt wurde, misstrauisch beäugt worden – ebenso wie die Tatsache, dass Fuentes kaum Umgang mit Frauen pflegt. Doch der Kern von Carlsons Vorwurf liegt an anderer Stelle: Er zielt auf die Darstellung von Fuentes als Versager und Idioten. Fuentes antwortete mit einem großangelegten Livestream auf Rumble, „Exposing Tucker Carlson“ – von dem unzählige Clips auf YouTube und X existieren.

Darin nimmt er Carlson minutiös auseinander, stellt dessen Glaubwürdigkeit infrage und entblößt ihn als Vertreter eines alten, überkommenen Systems, das die junge Generation verraten habe. Fuentes, das „seltsame kleine schwule Kind aus Chicago“, wird wahrgenommen als Repräsentant des jungen Amerika, das gegen den reichen Fox-Millionär Carlson und seine Arroganz angeht.

Die Reaktion auf Fuentes’ Gegenangriff war so stark, dass Carlson wenige Wochen später Fuentes in seinen eigenen Podcast einladen musste – weil er Gefahr lief, sonst die jungen Amerikaner zu verlieren. 

Die Zeit schrieb nach Fuentes’ Auftritt bei Tucker Carlson: „Gegen den Aufstieg von Fuentes regt sich Widerstand – auch aus dem eigenen Lager. Der jüdische Podcaster Ben Shapiro etwa nannte Carlson … ‘den virulentesten Superspreader abscheulicher Ideen in Amerika’.“ Auch hier sieht man es wieder: Die Berichterstattung bleibt überwiegend moralisch, sie betont das Problem, benennt die Gefahren, beginnt aber nicht ausreichend damit, das junge Amerika, das Fuentes anspricht – mit seinen sozialen, ökonomischen und kulturellen Voraussetzungen – wirklich zu verstehen.

Die Lebenswelt der jungen Amerikaner

Es fehlt eine Empathie- und Kontextdimension für die Lebenswelt jener jungen Amerikaner, die Fuentes adressiert: Männer ohne stabile Karriere, ohne Partnerin, die religiös und sozial entwurzelt sind und die für sich keinen Platz mehr im klassischen amerikanischen Traum sehen.

Deutsche Medien verurteilen – und das mit guten Gründen –, aber sie erklären nicht hinreichend, warum Fuentes so erfolgreich ist und wie seine Ansprache funktioniert. Die Holocaust-Leugnung und Stalin-Bewunderung ist nicht das, was die jungen Amerikaner interessiert. Solche Äußerungen sind bei Fuentes immer zwischen Provokation und kalkuliertem Tabubruch angesiedelt. Das Zentrale ist Fuentes’ neue soziale und politische Weltdeutung und seine Antwort auf die Frage Tucker Carlsons, warum es so wenige Ehen in der jungen Generation gebe.

Fuentes’ Antwort: Das Problem liege nicht in erster Linie bei den Männern, sondern bei den Frauen. Das sei Folge einer modernen Kultur, in der der Feminismus die alten Strukturen zerstört habe. Deshalb, so Fuentes, hätten viele junge Männer keine Aussicht mehr auf eine „normale“ Ehe. In den sozialen Medien lagen danach Clips mit diesem Ausschnitt im Trend. Die Reaktionen waren mal zustimmend, mal ablehnend. Wegen der Copyright-Verletzungen scheinen aber die Videos, zumindest in Deutschland, immer wieder zu verschwinden.

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Die Frage Carlsons und die resignierte Antwort von Fuentes, dass es für viele Männer keine Aussicht auf eine Ehe gibt: Das ist der Kern des Generationenkonflikts. Die alten und etablierten Männer und Frauen haben keine Ahnung von der neuen Weltdeutung der Jugend und ihren existenziellen Problemen. Und alle großen deutschsprachigen Medien übersehen oder verschweigen dieses Phänomen.

Junge Männer auf der Suche nach Hoffnung

Viele junge Amerikaner suchen Hoffnung in der „America First“-Bewegung, einem amerikanischen Nationalismus, der Ablehnung außenpolitischer Verpflichtungen, Skepsis gegenüber Israel, Misstrauen gegenüber „Neocons“ und dem liberalen Establishment. Hier entsteht etwas grundlegend Neues: keine einzelne politische Bewegung, sondern eine neue kulturelle Formation. Und diese Formation ist digital, männlich, mitunter frustriert und vernetzt über Plattformen, oft ohne klassische Bindungen an Institutionen. Sie ist kein geschlossenes Gebilde, keine Partei, sondern ein loser, digitaler Block mit hoher Mobilisierungskraft.

Einige argumentieren, sie lasse sich wieder einfangen. Doch diesmal kann es auch anders kommen. Denn letztlich geht es nicht nur um Fuentes oder Shapiro, nicht um Tucker Carlson, CNN oder Fox News. Es geht um einen Generationenkonflikt, wie es ihn so noch nie gab. Nicht einmal die Achtundsechziger, Woodstock und die Gegenkultur jener Zeit hatten diesen Einfluss. Die junge Generation hat den Glauben verloren – nicht nur religiös, sondern auch wirtschaftlich und sozial –, den Glauben an ein besseres Leben und an die Ehe.

Die „America First“-Bewegung hat kein Problem damit, antisemitische Elemente aufzunehmen, reaktionär, nationalistisch und mit christlichen Parolen aufzutreten, und sie wächst weiter. Die Liberalen sagen, Trump habe die Republikanische Partei gekapert und aus ihr eine „MAGA-Partei“ gemacht. Doch die MAGA-Bewegung ist nichts im Vergleich zu dem, was aus dem „America First“-Lager gerade heranwächst. 

Fuentes nennt paläokonservative wie Patrick J. Buchanan als seine Vorbilder. Buchanan gilt in den USA nicht als Extremist, kehrt aber in seinem Buch „Churchill, Hitler, and The Unnecessary War: How Britain Lost Its Empire and the West Lost the World“ das Nachkriegs-Narrativ des Westens um. Nicht mehr Hitler gilt als Hauptaggressor des Zweiten Weltkrieges, sondern die Reaktion Großbritanniens auf ihn. Diese revisionistischen Thesen rütteln am Grundverständnis des Westens. Doch damit sind Buchanan und Fuentes nicht allein. 

Tucker Carlsons Rhetorik nähert sich dem immer mehr an, und ein Millionenheer junger Amerikaner sagt nein zu allem, was die amerikanische Erzählung der Dekaden nach 1945 ausgemacht hat und will einen Neuanfang: ohne Einwanderung, ohne Liberalismus, ohne Freihandel. Sie sprechen von „America Only“, diskutieren über antisemitische Klischees wie die „Macht der Juden“ und stellen alles infrage, wofür Amerika seit dem Zweiten Weltkrieg stand.

Die Abwehrversuche des konservativen Mainstreams wirken peinlich und ungeschickt

Aber diesen Ansichten könne man doch sicher mit rationalen Argumenten begegnen und die jungen Männer zur Räson bringen? Wer weiß. Die alten medialen Machthaber treten jedenfalls unglaublich ungeschickt auf. Fox News-Moderatoren wie Mark Levin, die gegen Fuentes argumentieren, wirken mit ihren Auftritten peinlich und hilflos und fördern so ungewollt Fuentes und seine Anhänger.

Was gerade in den USA geschieht, sieht nach einem einmaligen Wendepunkt aus. Fuentes ist sogar bereit, mit Linken zu paktieren, wenn sie ein anderes Amerika wollen. Sein Angebot lautet: „Ihr verzichtet auf offene Grenzen, wir verzichten auf Freihandel“ – und dann könne man „America First“ ohne Unterstützung für Israel und ohne ausländische Kriege verwirklichen. Mit der Ermordung Charlie Kirks scheint auch der alte Konservatismus immer mehr vorbei zu sein.

Vielleicht lässt sich das irgendwann wieder einfangen, vielleicht aber auch nicht. Niemand hätte vor zehn Jahren voraussehen können, was gerade geschieht. Wohin es führt, ist unklar. Aber es ist nicht unmöglich, dass wir gerade Zeugen der Geburt einer neuen Epoche sind, deren Ziel und Gestalt wir noch nicht kennen.

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