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Kolumne „Ein bisschen besser“

Jawohl, ich möchte heute Jetset spielen

„Es brennt“, sage ich. „In deinem Herzen?“, fragt meine Frau Judith. „Nein, auf Rhodos“, sage ich.

Ich beginne auf dem Weg zu einem Hafen an der oberitalienischen Seenplatte meinen kurzen Abriss der Spätantike. Von den Römern stammt der Ausruf „Hic Rhodus, hic salta“. „Hier ist Rhodos, hier springe“, riefen sie einst einem Fünfkämpfer und Prahlhans zu, der auf der Stelle zeigen sollte, was er konnte. Der Satz hat angesichts der Feuersbrünste eine ganz neue Bedeutung, fällt mir auf.

„Hast du denn dein Gewissen über Bord geworfen?“

Judith klettert aufs Boot, das wir an diesem Spätnachmittag gemietet haben, um volle Kanne bei der schon flach stehenden Sonne über den glitzernden See zu kacheln, dabei gekühlten Wein zu trinken, weit draußen die Hüllen fallen zu lassen und ins sanfte Wasser zu springen.

Ich habe mir den Strohhut bis zur Sonnenbrille in die Stirn gedrückt, Judiths langes Haar weht im sausenden Fahrtwind, das schnelle Boot schlägt hart auf die Wellen. Jawohl, ich möchte heute Jetset spielen.

„Hast du denn dein Gewissen über Bord geworfen?“, hätte Judith jetzt fragen können. „Wie kannst du sausen und brausen, während anderswo die Strände brennen, die Hitze sengt, die Trockenheit dörrt und der menschengemachte Klimawandel seine hässliche Fratze zeigt?“

Um nichts sorgen, was sich unserem Einfluss entzieht

Ich hätte dann darauf hingewiesen, dass ich zwar ein Mensch bin, aber den Klimawandel nicht gemacht habe. Mir wäre vermutlich rausgerutscht, dass der niemals müde Nachrichtenstrom dafür sorgt, dass wir in Echtzeit ständig erfahren, wenn es irgendwo zu heiß oder zu kalt, zu nass oder zu trocken ist. Vielleicht hätte ich auch meinen Ausflug in die Spätantike fortgesetzt und den großen Stoiker Epiktet in etwa so herbeizitiert: „Es ist ein bisschen besser, sich um nichts zu sorgen, was sich unserem Einfluss entzieht.“

Aber so war es nicht. Sondern wir haben Wein geschlürft und die Hüllen fallengelassen. Und am Ende hat mein Herz wieder für Judith gebrannt.

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