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Kolumne „Ein bisschen besser“

Wie sich ein Abschied wie der von Klopp noch toppen lässt

Jeder verabschiedet sich anders. Satelliten zum Beispiel wissen, wann es mit ihnen zu Ende geht. Drei Monate vorher geben sie sich einen Ruck und befördern sich selbst ein paar hundert Kilometer weiter gen Himmel. Friedhofsbahn nennen Weltraumforscher die finale Umlaufhöhe. Da oben torkeln sie dann noch ein bisschen vor sich hin und sind irgendwann sausend entschlafen. Sie stören keinen mehr.

Sehr elegant finden wir auch, wie der Jürgen Klopp das gerade macht. Es sei nicht so wichtig, was über einen Menschen gedacht wird, wenn er kommt, hatte die Trainerlegende zum Thema Abschied mal erklärt: „Es ist wichtig, was über einen gedacht wird, wenn man geht.“ Selbst meine Frau Judith, deren Herz ich allein doch vollkommen ausfüllen dürfte, ist ein bisschen verliebt in diesen geradeaußen Kloppo.

Eiserne Disziplin auch beim Abgang

Mir ist der Klopp ans Herz gewachsen, seit er mal vor laufender Kamera auf ein männliches Gebrechen und die Therapie dagegen -– eine Haartransplantation – angesprochen wurde. Er sagte einfach das: „Ich finde, das Ergebnis ist richtig cool geworden, oder?“ Nach diesem Auftritt soll sich auch Christian Lindner getraut haben, dem Haarwuchs nachzuhelfen.

Ich brauche das nicht, was ein Grund ist, weswegen mich Judith schätzt, denke ich. Sie hat mich zwar noch nie „mein kleiner Silberrücken“ genannt, sie könnte das aber endlich mal tun. Ich gehe davon aus, bei Christian und Jürgen hatten auch Frauen die Hand im Spiel.

Einen ganz starken Abgang legt die russische Tänzerin Anna Pawlowa hin. Sie liegt 1931 mit einer schweren Grippe in Den Haag im Hotel. Gewöhnt an eiserne Disziplin lautet die letzte Anweisung der sterbenden Ballerina: „Legt mir mein Schwanenkostüm zurecht.“

Ich bleibe

In den blauen Stunden regnerischer Dienstage, wenn ich überlege, wie ich gehe, wenn es so weit ist, wird mir klar, dass das Schwanenkostüm für mich ausscheidet. Die höhere Umlaufbahn zieht mich mehr an. „Ein bisschen besser ist es, du bleibst noch ein paar Jahrzehnte“, haucht mir Judith ins Ohr, streicht mir durchs volle Haar und fügt hinzu: „mein Silberrücken“.

Na, geht doch, denke ich und bleibe.

 

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