Der Hilfeschrei hinter der Anklage
Die Töchter sind wütend. „Männer sind schuld.“ Drei Worte, millionenfach geklickt. Mal in ironischem Tonfall, mal mit tränenerstickter Stimme. Was als Witz begann, ist längst zur Selbstdiagnose nicht nur einer, sondern gleich mehrerer Generationen geworden. Zuletzt bei der Klimaaktivistin Luisa Neubauer. Männer seien verantwortlich – für das Klima, für Machtmissbrauch, für das ganze System und ab sofort auch für die bösen Kommentare in den sozialen Netzwerken wie TikTok oder X.
Das klingt nach einer einseitigen, höchst asozialen Anschuldigung und nach dem ewigen feministischen Lied vom bösen Patriarchen, der einfach nicht stirbt. Klingt hart, klingt doch aber so? Wer aber dem Gesang genau zuhört, merkt, dass diese Frauen nicht hassen. Sie rufen um Hilfe.
Wut statt Ohnmacht
Die Parole „Männer sind schuld“ ist kalter Kaffee. 2013 hatte der Komiker Mario Barth ein Programm mit dem Titel „Männer sind schuld, sagen die Frauen“. Darin ging es um Geschlechterklischees. Um den Umgang miteinander in Beziehungen, die ulkigen Verhaltensweisen, die lustige und eigentlich lieb gemeinte Betonung der Unterschiede zwischen den Ebenbildern Gottes.
Weitere Programme von Barth trugen die Titel „Männer sind nichts ohne Frauen“ und „Männer sind bekloppt, aber sexy“. Der gebürtige West-Berliner und Katholik füllte mit seinen Shows ganze Stadien und alle konnten lachen. Männer und Frauen. Was ist bloß passiert?
Frauen sind erschöpft, noch bevor es unter die Haube geht
Frauen sind müde von der Gleichzeitigkeit ihrer Rollen. Sie müssen stark und sanft, unabhängig und begehrenswert, klug, aber bitte nicht kompliziert sein. Vor allem nicht anstrengend. Wie oft habe ich das gehört, wenn ich mit einem Mann ausging. „Gott, bist du anstrengend.“ Ich für meinen Teil schmunzelte innerlich und dachte mir: „Schau dich doch mal an“.
Jedenfalls hat sich die Freiheit, die wir Frauen erkämpft haben – mit der Erlaubnis des Mannes, so ehrlich müssen wir sein –, in eine Dauerprüfung verwandelt. Geistig und körperlich. Verfügbar sein, aber nicht zu sehr. Jeder dürfte wissen, was damit gemeint ist. Und selbst wenn es keine Feministin zugeben würde – deshalb gibt es meine Kolumne, die es verrät – auch Frauenrechtlerinnen wollen Tradition, tief im Inneren. Sie sind genauso verwirrt und traurig in ihren Herzen wie der einsame Mann in seiner bis zur Rente kalten und meist kahlen 1,5-Zimmerwohnung.
Die Schuldfrage als Symptom
„Männer sind schuld“ ist in Wahrheit die Übersetzung eines kollektiven Erschöpfungsschreis: „Seht uns endlich. Hört uns endlich. Helft uns endlich.“ Es ist der Versuch, in einer saturierten, aber seelisch verarmten Gesellschaft überhaupt noch gehört zu werden. Die Männer, die sich davon beleidigt fühlen, verstehen das Spiel nicht. Niemand will ihnen persönlich die Apokalypse anhängen. Aber sie sind nun einmal das Symbol einer Ordnung, die ins Wanken geraten ist. Der Satz ist also kein Angriff auf den Mann, sondern ein Angriff auf sein Schweigen.
Der Witz an der Sache ist der: Wenn Männer sich wirklich angesprochen fühlten, nicht als Schuldige, sondern als Verantwortliche, käme der Satz in jener Dimension erst gar nicht auf. Wer Schuld auf sich lädt, ohne sie zu tragen, der steht nur beleidigt daneben und schmollt. Es gibt nichts Abstoßenderes als einen Mann, der sich beschwert oder sich wie eine Mimose verhält. Vor allem, wenn er aussieht wie ein gigantisches Nilpferd.
Wer Verantwortung übernimmt für seine Worte und seine Handlungen, der hört zu, ohne sich zu rechtfertigen. Er nimmt an und setzt um. Er führt die Friedensverhandlungen. Er nimmt die Anstrengung von der Frau weg und sorgt für Harmonie. Vielleicht ist genau das die leise Hoffnung hinter all dem Lärm, dass Männer endlich verstehen, dass es nicht um Schuld geht, sondern um Hilfeleistung, dass der Satz „Männer sind schuld“ übersetzt heißt: „Wir schaffen das nicht mehr allein“.
Die Frau sucht ein Ventil
Die Frau sucht sich einen Weg, um auf sich aufmerksam zu machen, während Misstrauen und Ablehnung ihr Gemüt dominieren. Am einfachsten ist der Griff nach Worten und als zweite Option gibt es die klassische Schelle, wenn sie sich im echten Leben mit dem Mann zofft. Jeder, der wahrhaftig in Traditionen denkt, weiß das.
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Und dann schaut sie in die Natur und denkt sich dabei: Wer ist eigentlich die tragende Säule unserer Zivilisation und Gesellschaft? Wer hat denn iPhone, Automobil und Bio-Make-up erfunden? Wer ist verantwortlich für die Aufklärung? Der da. Und sie zeigt mit dem Finger auf ihn!
Die Natur hat nämlich niemand ausgemerzt, selbst TikTok nicht. In den Augen der Frau ist der Mann wie ein Trainer, wie ein Kurator. Und sie beschuldigt ihn für seine Bequemlichkeit, seine Lügen, seine Verantwortungslosigkeit. Dafür, dass er sich oft selbst wie ein „Mädchen“ verhält oder, noch schlimmer, dass er für immer ein Junge bleiben und nie ein Mann werden möchte.
Wenn der Mann sich selbst verliert
Mit Blick auf die Inhalte im Internet merkt man jedoch, dass viele Männer sich dessen offenbar gar nicht mehr bewusst sind. Ihrer Verantwortung und ihrer Gabe, die Frau und sich selbst zu führen. Vermutlich wollen dies viele auch gar nicht mehr. Wenn auch unbewusst, so sehen sie – so empfinde ich das – gar keinen Sinn mehr in einer ernsthaften Partnerschaft. Mit einer Frau als Partnerin und Begleiterin des eigenen Lebens, als einer Ergänzung. Ein Dauer-Abo. „Frauen machen doch nur Stress, Drama, es ist alles so anstrengend“, höre ich Männer oft sagen. Sie flüchten in kurzlebige Romanzen oder bleiben im Internet. Dort gibt es genug nackte Frauen. Ohne dass man sich um sie bemühen muss. Ist chillig, Bruder!
Diesen philosophischen Diskurs kann man ewig weiterführen. Alles, worum es darin geht, ist es, die Essenz zu akzeptieren. Der Mann ist in der Verantwortung für die Entwicklungen zwischen den beiden Geschlechtern. Deshalb stimme ich auch dem provokanten Satz in seinem Kern zu. Ja, der Mann ist schuld. Er kann mit seiner traditionellen Rolle nichts mehr anfangen und will sich nicht neu erfinden. Der Verlust definierter Strukturen zwischen ihm und der Frau lässt ihn sterben. Er scheint deshalb gar nicht mehr mit ihr sprechen zu können, den Zugang zu ihr zu finden. Nur leiden de facto beide Geschlechter darunter.
Was hilft, ist der Glaube an Gott. Wenn man weiß: Hey, da erwartet eine höhere Kraft von mir Verantwortung. Gott an erster Stelle. Danach alles andere. Auch wenn ich es als Freiheitliche schade finde, dass der durchschnittliche Mensch in der Freiheit seinen Verantwortungskompass verliert. Er scheint immer die Säulen der Religion zu brauchen, die mal die Kirche, mal der Staat bilden. Wozu? Um zu gewährleisten, dass die Beziehungen zwischen ihm und der Frau stimmen, damit die Nachkommenschaft gesichert ist und damit unsere Gesellschaft.
Kommentare
Jesus und Maria!
Erstens ist es wichtig, eine erwachsene Frau zu werden. Die Rolle des alten Mädchens ist albern und tragisch.
Zweitens gibt sich eine erwachsene Frau nicht mit Peter Pan und Onkel Ork ab. Reine Zeitverschwendung.
Drittens sollte keine Frau sich in der Rolle der Puppe, die für die Wollust gemacht ist, verlieren. Weg davon, raus aus dem Reich der Schatten! Ein ganz normales Leben in Selbstachtung und Freude ist mehr wert als die ganzen sinnlos aneinandergereihten Kicks.
Keine Manipulationen! Männer sind keine Retter! Jeder erkenne seine eigenen Möglichkeiten und Grenzen. Man bemühe sich um das enge Tor, nicht den weiten Weg, den viele gehen.