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Kolumne „Kaffeehaus“

Mein Neujahrsvorsatz: Weniger beschäftigt sein

Die Neujahrsvorsätze sind trotz ihres schlechten Rufes immer noch aktuell, wie ich in den sozialen Medien wahrnehme. In der ersten Januarwoche ins Fitnessstudio zu gehen, die „Neues Jahr, neues Ich“-Ansagen oder die Saftdiät nach Weihnachten liegen immer noch im Trend. Das ist auch verständlich: In den vergangenen Jahren haben wir uns daran gewöhnt, dass wir wenig Einfluss darauf haben, welche Pandemie oder welcher Krieg gerade ausbricht.

Und doch sehnen wir uns nach einem Neuanfang. Und wo sonst, wenn nicht in unserem eigenen Körper, in unserer eigenen Familie und in unserer unmittelbaren Umgebung? Selbstoptimierung muss nicht partout schlecht sein, man sollte dabei aber klug vorgehen.

Das vergangene Jahr erfüllte mich mit Zufriedenheit mit meinen privaten und beruflichen Leistungen. Die große Liste der „Baustellen“ wurde in einem soliden Maße abgearbeitet. Und so nickte ich am Silvesterabend bereits vor Mitternacht neben meiner Tochter friedlich ein. Weniger ist mehr, geht mir durch den Kopf, als ich am Neujahrsmorgen aufwache. Das ist es! Im neuen Jahr will ich weniger machen. Weniger Stress, weniger Kontakte, weniger Mühe, wo sie nichts bringt.

Sich vornehmen, womit man dieses Jahr aufhören möchte

Vielleicht könnte man den Neujahrsvorsatz umdrehen und sich vornehmen, womit man dieses Jahr aufhören möchte. Damit meine ich keine schlechten Angewohnheiten wie Rauchen oder Nägelkauen. Vielmehr Dinge, für die wir in Wirklichkeit keine Zeit haben oder die im Endergebnis wenig bringen.

In unserer hektischen Welt unterliegen wir der Versuchung, überall dabei sein zu müssen, ständig Nachrichten und E-Mails zu lesen, Gruppen beizutreten oder bessere Angestellte zu werden. Wir sind stolz darauf, ständig beschäftigt zu sein und tun so, als wäre es möglich, „alles zu erledigen“.

Aber das ist nicht nur unmöglich, sondern auch unklug. Ich erinnere mich sehr gut an einen Arbeitstag vor einigen Monaten, an dem ich alles perfekt machen wollte. Ich brachte die Kinder morgens pünktlich zur Schule, wählte ein elegantes Outfit für das Büro, machte mir einen Kaffee und startete das Auto. Gleich an der ersten Kreuzung streifte ich beim Abbiegen ein vorbeifahrendes Auto.

Das wars. Zum Glück hat sich die ältere Dame, die im Auto saß, nicht aufgeregt. Ich entschuldigte mich mehrmals, und sie antwortete mit einem nachsichtigen Lächeln, während sie die Polizei rief. Der ganze Vorfall dauerte über eine Stunde, und ich kehrte später mit einem Kratzer an meinem Auto nach Hause zurück. Ich wollte an diesem Tag um jeden Preis zeigen, dass ich alles unter Kontrolle hatte. In Wirklichkeit war ich unausgeschlafen und übermüdet.

Alles selbst erledigen zu wollen, ist nicht klug

„Its easy to be busy but its not smart“ (Es ist einfach, beschäftigt zu sein, aber es ist nicht klug) lernt man in guten Strategie-Vorträgen. Alles selbst erledigen zu wollen und ständig beschäftigt zu sein, ist nicht klug. Der klügere Plan besteht darin, strategisch zu überlegen, was man aufgibt. Es ist die einzige Möglichkeit, andere Dinge gut zu machen.

So muss aus Neujahrsvorsätzen kein Selbstoptimierungswahn werden, sondern eine wirkliche Verbesserung des Alltags und der Beziehungen. Ich musste über mich schmunzeln, als ich am zweiten Januar mit vollen Einkaufstüten aus einer slowakischen Buchhandlung herauskam. Gemeinsam mit den Kindern haben wir Lektüre für die kommenden Monate in Belgien ausgesucht. Detektivgeschichten für den Sohn, Heidi-Bücher für die Tochter und „Fünf Sprachen der Liebe“ (ja, der weltberühmte Bestseller der Paartherapie) für mich.

Wir wollen weniger Zeit vor den Bildschirmen verbringen, sondern jeden Tag lesen. Das werden wir auch durchziehen. Wir haben noch in den Ferien begonnen und machen heute weiter. Keine Selbstoptimierung, sondern mein Vorsatz, auf andere Tätigkeiten und Online-Aktivitäten zugunsten der Ruhe und Zeit mit Kindern zu verzichten. Vielleicht also doch ein Neujahrsklischee, aber warum auch nicht.

 

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