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Kolumne „Das liebe Geld“

Steigende Zinsen – ein trügerischer Schein

Ein bisschen geht es zu wie auf einem Basar: 3,0 Prozent, 3,2 Prozent, 3,4 Prozent – wer bietet mehr? Mehr Zinsen für das Tagesgeld oder auch für das Festgeld. Es gibt wieder Zinsen, Tendenz steigend sogar. Das ist die gute Nachricht. Die schlechte Nachricht: Wenn Sie einfach nur sparen, dann verlieren Sie Geld. Denn auch wenn die Zinsen zuletzt gestiegen sind – den Zinserhöhungen der Europäischen Zentralbank (EZB) sei Dank –, ist der Realzins weiterhin negativ.

Der Realzins ist Ihre erwartete Rendite abzüglich der aktuellen Inflation. Das Wörtchen „erwartete“ können Sie im Fall von Spareinlagen eigentlich streichen, denn Sie kennen ja den Zins, den Sie bekommen. Drei Prozent Zinsen abzüglich der aktuellen Inflation von gut sechs Prozent, das macht ein Minus von etwa drei Prozent. Sie verlieren also Geld. Oder genauer gesagt: Die Kaufkraft Ihres Ersparten schwindet.

Das sind sehr schwammige, wenig konkrete Formulierungen, wenn man sich nicht täglich in der Finanzwelt tummelt. Ich weiß. Aber überlegen Sie doch, was eine Kugel Eis in Ihrer Kindheit gekostet hat und was sie heute kostest. Das ist Inflation, das ist Kaufkraftverlust. Aber so weit müssen wir ja gar nicht zurückgehen. Was haben Sie für den Wocheneinkauf noch vor einem Jahr bezahlt und was bezahlen Sie heute?

Den Kaufkraftverlust lässt sich berechnen

Es ist wichtig, dass wir mit unserem Ersparten einen positiven Realzins erzielen. Aber da liegt eben das Problem. Mit bloßem Sparen geht das nicht mehr. Das ist übrigens schon sehr lange so. Auch in Zeiten von Null- und Niedrigzinsen war der Realzins negativ. Auch wenn die Inflation damals unter der von der EZB angestrebten Marke von zwei Prozent lag, haben wir einen Kaufkraftverlust erlitten.

Das mag kurzfristig nicht so wild sein, aber der langfristige Schaden ist heftig. Bleiben wir für die Beispielrechnung beim Inflationsziel der EZB, auch wenn ich nicht glaube, dass wir bald eine Inflation nahe zwei Prozent erleben werden. Nehmen wir an, Sie hätten 10.000 Euro auf dem Konto. Diese Summe haben Sie auch in fünf, zehn oder 20 Jahren noch dort liegen, vorausgesetzt Sie heben kein Geld ab.

Aber die Kaufkraft schwindet, und mit den Jahren sogar deutlich. Bei einer Inflation von zwei Prozent pro Jahr ist das Geld nach fünf Jahren nur noch 9.057,31 Euro wert. Binnen zehn Jahren schrumpft die Kaufkraft gar auf 8.203 Euro. Und nach weiteren zehn Jahren sind es dann nur noch 6.729 Euro.

Sparen ist der Anfang des Vermögensaufbaus

Das ist übel, gerade mit Blick auf unseren langfristigen Vermögensaufbau und unsere Altersvorsorge. Zumal die Inflation aktuell ja viel höher ist, denn die offiziell angegebene Rate liegt bei 6,2 Prozent. Lohnt sich sparen also gar nicht mehr? Natürlich tut es das! Es ist der Anfang vom Vermögensaufbau, aber dann gilt es eben auch, das Geld zu investieren. Für Aktien als Baustein für den langfristigen Vermögensaufbau habe ich an dieser Stelle schon mehrfach plädiert. Aber was ist mit dem Geld, das verfügbar bleiben soll? Unser Notgroschen? Unsere Liquidität? Dieses Geld gehört auf ein Tagesgeldkonto.

Und es ist natürlich eine gute Nachricht, dass es dort wieder Zinsen gibt. Je mehr, desto besser. So ein Tagesgeldkonto ist schnell eröffnet. Online dauert es nur wenige Minuten, Post-Ident via App inklusive. Sie könnten sich also auf Zinsjagd begeben. Vor allem Neukunden bekommen nämlich gute Angebote für Ihr Erspartes. Diese Offerten sind allerdings zeitlich begrenzt. Aber Sie können ja jederzeit mit Ihrem Ersparten weiterziehen.

Rechnen Sie aber bitte nach, ob sich das wirklich lohnt. Ob Sie nun 3,1 oder 3,3 Prozent Zinsen pro Jahr bekommen, macht wahrscheinlich kaum einen Unterschied. Es sei denn, Sie haben große Summen angespart. Aber auch da gibt es ein Problem: Die Lockangebote der Banken sind oft auf einen Maximalbetrag begrenzt.

Die Schufa-Auskunft bedenken

Falls Sie gerade über das Wort „Lockangebote“ gestolpert sind: Ja, die Banken locken neue Kunden mit hohen Zinsen an. Die Idee dahinter: Wer einmal eine Bankverbindung hat, dem kann man weitere Produkte anbieten oder besser verkaufen. Aber diese Angebote müssen Sie natürlich nicht annehmen. Sie können sie sogar ignorieren.

Für manche Sparer ist Zinshopping geradezu ein Sport. Und es spricht nichts dagegen, mit dem Geld auf Zinsjagd zu gehen. Denken Sie aber daran, die alten Konten auch wieder zu kündigen. Das tut auch Ihrer Schufa-Auskunft gut. Und Sie zählen beim nächsten Wechsel in ein paar Monaten auch wieder als Neukunde.

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