Einspruch gegen Medien, die nicht informieren, sondern verwirren wollen

Frieden – das hat Leo XIV. von seinem ersten Auftritt auf der Loggia an klar gemacht – ist der Schlüsselbegriff, der das neue Pontifikat prägen soll. Angesichts der innerkirchlichen Polarisierung und außenpolitischer Konflikt schien es klar, welche Themen dem gebürtigen US-Amerikaner Robert Francis Prevost vorschwebten. Doch der neue Papst fasst den Friedensanspruch weiter. Er gilt auch für den gesellschaftlichen Frieden.
Dazu gehören auch Medien, die den Ungehörten ein Wort geben, Missstände anprangern und sich für die Wahrheit einsetzen – oder den gesellschaftlichen Frieden durch Manipulation untergraben. Am Sonntag hatte Leo beim „Regina Caeli“ gefordert: „Nie wieder Krieg!“ Bei der Audienz der Medienvertreter am Montag fasste der Papst den Aufruf weiter:
„Der Friede beginnt bei jedem von uns: damit, wie wir auf unsere Mitmenschen blicken, ihnen zuhören, über sie sprechen; und in diesem Sinne ist die Art und Weise wie wir kommunizieren von grundlegender Bedeutung: Wir müssen ‘Nein’ sagen zum Krieg der Worte und Bilder, wir müssen das Paradigma des Krieges zurückweisen.“
Aufruf an beide Seiten des politischen Spektrums
Leo führt die Bergpredigt als Basis für diese Ausweitung der Kriegsächtung an: Selig, die Frieden stiften (Mt 5,9). Nicht der Wettbewerb, nicht das gegenseitige Übertrumpfen, nicht die Sucht nach dem nächsten Klick, die insbesondere den Online-Journalismus auszeichnet, dürfen im Zentrum stehen. Die Gier nach Zuspruch oder ein aggressiver Ton stehen im Gegensatz zu Liebe und Wahrheit. Ähnlich, wie die Päpste in der Vergangenheit für eine militärische Abrüstung eintraten, fordert nun Leo eine Abrüstung bei den Worten:
„Entschärfen wir die Worte, und wir werden dazu beitragen, die Erde zu entwaffnen. Eine entschärfte und entwaffnende Kommunikation ermöglicht uns einen gemeinsamen anderen Blick auf die Welt und ein Handeln, das unserer Menschenwürde entspricht.“
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Der Papst machte mit dieser Aussage deutlich, dass der Anti-Intellektualismus, der in den vergangenen Jahren die römische Kommunikation beherrschte, sein Ende gefunden hat. In dieser zeigte sich ein Stil, der auch in säkularen Medien zum „guten Ton“ gehörte: Schwarz-Weiß-Denken, Überspitzung, Betonung der einen Seite, ohne die andere zu nennen.
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Dass die Differenzierung ungewohnt ist, zeigt sich am Umstand, dass „beide“ Seiten des politischen Spektrums die Worte des Papstes pachten können. Die „Woken“ dürften sich darin bestätigt sehen, dass der Papst gegen Hass und damit „Hate Speech“ ist. Der Rest kann anführen, dass gerade zahlreiche Massenmedien diesem Anspruch nicht nachkommen. Leo nennt explizit die „Ideologisierung“ der Medien:
„Heute besteht eine der wichtigsten Herausforderungen darin, zu einer Kommunikation zu finden, die in der Lage ist, uns aus dem ‘Turm zu Babel’ herauszuführen, in dem wir uns manchmal befinden, aus der Verwirrung eines lieblosen, oft ideologischen oder parteiischen Sprachgebrauchs.“
Kommunikation mit „Verantwortung und Urteilsvermögen“
Bereits im Jahr 2012 hatte Robert Prevost – damals noch weit entfernt vom Stuhl Petri – unmissverständlich Stellung bezogen. Er hob hervor, dass die westlichen Massenmedien „außerordentlich effektiv“ darin seien, Sympathien für Lebensentwürfe zu wecken, die mit der Botschaft der Bibel unvereinbar seien.
Prevost nannte Ross und Reiter: Abtreibung, Sterbehilfe, die mediale Normalisierung homosexueller Lebensstile – besonders aber die Darstellung sogenannter Regenbogenfamilien, die in Film und Fernsehen nicht bloß gezeigt, sondern emotional inszeniert würden. Es war ein Einspruch gegen eine Medienkultur, die nicht informiert, sondern formt und verwirrt.
Kommunikation, so führt der heutige Papst in der Audienz aus, sei nicht bloße Übermittlung von Information, sondern „Schaffung einer Kultur“. Die technische Entwicklung – er nennt namentlich die Künstliche Intelligenz – mache das umso mehr erforderlich. Die Technologie biete großes Potenzial, das jedoch „Verantwortung und Urteilsvermögen“ erfordere, um „diese Werkzeuge zum Wohle aller einzusetzen, so dass sie der Menschheit zum Guten gereichen“.
Leo unterstrich überdies den besonderen Wert der Meinungsfreiheit – und setzte sich für die Freilassung aller gefangenen Journalisten ein. „Das Leiden dieser inhaftierten Journalisten fragt das Gewissen der Nationen und der internationalen Gemeinschaft an und ruft uns alle dazu auf, das kostbare Gut der Meinungs- und Pressefreiheit zu bewahren.“
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Das sind nicht nur hochaktuelle Einschätzungen zu den Diktaturen dieser Welt, sondern kann gleichermaßen als Vorlage für Systeme gesehen werden, in denen Pressevertreter und Bürger wegen „Majestätsbeleidigung“ gedemütigt werden sollen.
Prevost bediente sich dabei auch eines Gedankens, der auch der liberal-konservativen Auffassung vom Staatswesen nicht fremd ist: „Nur informierte Menschen können freie Entscheidungen treffen.“ Das erinnerte nicht zuletzt an den französischen Denker Alexis de Tocqueville. Für ihn war die Presse maßgebliches Instrument, um die Demokratie vor dem Umfallen in die Tyrannei der Mehrheit zu bewahren. Anders als eine Monarchie braucht eine Demokratie eine freie Presse, damit die politische Minderheit zur Sprache kommt; erst sie gibt jenen eine Stimme, die ansonsten unter die Räder der Mehrheitspolitik kämen.
Nur wer sich der Zeit stellt, darf auch in sie hineinsprechen
Leo XIV. spricht von „Zeiten, die schwer zu bewältigen und in Worte zu fassen sind“ – eine Formulierung, die weder klagt noch beschönigt. Es ist der nüchterne Befund eines Papstes, der das geistige Klima der Gegenwart ernst nimmt. Diese Zeiten verlangten von jedem von uns, dass „wir in unseren unterschiedlichen Rollen und Diensten niemals der Mittelmäßigkeit nachgeben“.
Das erinnert fast an ein Wort Benedikts, wonach wir nicht zur Bequemlichkeit, sondern zur Größe geschaffen sind. Es könne demnach keine „Kommunikation und keinen Journalismus“ außerhalb der Zeit und der Geschichte geben. Leo weist auf Augustinus hin, den Namensgeber seines Ordens:
„Lasst uns gut leben, dann werden die Zeiten gut sein. Wir sind die Zeiten.“
Für Papst Leo XIV. ist Journalismus kein Schreibtischhandwerk, sondern ein Wachdienst an den Rändern der Welt. Die Medienvertreter, sagt er, „stehen an vorderster Front“ – nicht im Kampf um Klickzahlen, sondern in der Auseinandersetzung mit dem Wirklichen: mit Krieg und Hoffnung, mit Ungerechtigkeit und Armut, mit jener stillen, oft unbeachteten Arbeit, die tagtäglich das Gesicht der Welt zum Besseren wenden will.
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Nur wer sich der Zeit stellt, darf auch in sie hineinsprechen. Einen Journalismus, der sich anbiedert, braucht es ebenso wenig wie eine Kirche, die aus Rücksicht auf Andersgläubige Christus beschweigt.
Leo ist auch hier mit gutem Beispiel vorangegangen: Er hat, anders als sein Vorgänger, der Rücksicht genommen hatte auf Journalisten, die nicht gläubig sind, alle Anwesenden gesegnet – ob sie nun an Gott glauben oder nicht.
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Kommentare
Das spricht mir aus dem Herzen!
Einst saß das Äffchen auf dem Leierkasten und sammelte das Geld ein, wenn der Moritaten- und Bänkelsänger vom Leid und Elend anderer Leute sein Lied sang. Heute sind die Medienschaffenden eine wichtige Gewalt im Staate, berichten sie doch ausdauernd und meist wenig originell vom Leben der Anderen. Aber "man" braucht halt die Presse, um richtig Druck zu machen. Gott sei Dank gibt es Zeiten, in denen man der Bedrängnis entkommen kann, weshalb echter Glaube sehr argwöhnisch beäugt wird.
„Bei Worten abrüsten“ – ein anständiger Rat, über den ich auch bei jedem Post nachsinne. Der aber in einer gefallenen Welt wohl ein frommer Wunsch bleiben wird! Denn nur schon die Erwähnung von Abtreibung als „Unrecht“, dass Homosexualität „normalisiert“ wird oder Regenbogenfamilien als „sogenannte“ zu bezeichnen, ist für viele Zeitgenossen ein unvergebbarer Frevel – den schlimmsten Verbrechen der Menschheitsgeschichte gleich!
Was gut oder schlecht ist, informiert oder verwirrt, liegt halt im Auge des Betrachters – und viel zu selten in der Frage an den lebendigen Gott. Dieser spricht nicht davon die Welt in ein Friedensreich zu verwandeln (obgleich wir’s punktuell versuchen sollten), sondern eher vom Gegenteil: „Denkt ihr, dass ich gekommen sei, Frieden auf der Erde zu geben? Nein, sage ich euch, sondern vielmehr Entzweiung.“ (Lukas 12,51) Und, dass jeder Mensch einen RETTER braucht, welcher ist Jesus Christus allein! (> Joh. 3,36) Daher:
Der Kahn 🌍 geht unter – ab ins Rettungsboot ✝️!