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Antwort auf demographische Krise

Es braucht nichts weniger als eine Revolution für das Leben

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) diskutiert mit Staatspräsident Frank-Walter Steinmeier, Oppositionspolitikern und den Kirchenoberhäuptern in Berlin über die Demographiekrise, in der sich Deutschland befindet. Sogar dezidiert linke und „progressive“ Politiker stehen auf der Bühne. Der Saal ist voll, sämtliche Medien berichten.

Undenkbar, oder? Ja, leider ist das derzeit undenkbar. Auch wenn die Zahl der Deutschen seit den 1970ern Jahr um Jahr abnimmt. Der demographische Winter wird mit der vermeintlich wohlig-warmen Illusion einer gelingenden Masseneinwanderung einfach ausgeblendet. Dabei sind die Daten bekannt: Die Geburtenrate liegt bei rund 1,5. Für die Bestandserhaltung müsste sie allerdings mindestens bei 2,1 liegen. Und der Kindermangel betrifft alle Bereiche der Gesellschaft. Es klingt floskelhaft, ist aber die schlichte und, ja, auch harte Realität: Wo keine Kinder, da keine Zukunft.

„Wir wollen an die Menschen glauben, auf die Italiener setzen“

Noch schlimmer ist die Lage in Italien. In manchen Regionen liegt die Geburtenrate nahe 1, in Sardinien sogar darunter. 2022 kamen mit 393.000 Neugeborenen so wenig Kinder zur Welt wie noch nie. Demgegenüber standen 700.000 Todesfälle. Doch die Mitte-Rechts-Regierung um Giorgia Meloni (Fratelli d’Italia) hat die Dringlichkeit erkannt – und nicht nur sie. Auch Linke sprechen über den „inverno demografico“, den demographischen Winter.

Gerade fand die dritte Ausgabe der „Stati Generali della Natalità“ (etwa: Bestandsaufnahme der Geburtenrate) in Rom statt. Auf der Bühne: Ministerpräsidentin Meloni und Papst Franziskus. Das katholische Oberhaupt legt segnend seine Hand auf die Bäuche hochschwangerer Frauen und überreicht ihnen Geschenke. Eine Schar Kinder begrüßt die beiden jubelnd. Was für ein Symbol, was für ein Kontrast zu Deutschland!

Meloni sagte vor vollem Haus, ihre Regierung habe die demographische Herausforderung ganz oben auf die Tagesordnung gesetzt. Begegnen werde sie ihr nicht mit einem dirigistischen Ansatz, sondern mit einem subsidiären. Es soll ordnungspolitisch ein günstiges Umfeld für die Familie geschaffen werden. Und, ganz wichtig: dies soll auch auf kultureller Ebene geschehen. „Einige werden sagen, dass wir einen ethischen Staat wollen: Nein, wir wollen einen Staat, der begleitet und nicht dirigiert, wir wollen an die Menschen glauben, auf die Italiener setzen, auf die jungen Menschen, auf ihren Hunger nach Zukunft.“

„Eine glückliche Gemeinschaft entwickelt auf natürliche Weise den Wunsch, zu zeugen“

Die Christin legte zu Recht Wert darauf, die Sicht auf die Familie, auf die Geschlechter, auf das Leben an sich wieder positiver zu deuten. „Wir wollen eine Nation leben, in der es nicht unmodern ist, Vater zu sein.“ Jahrzehntelang habe „uns die herrschende Kultur das Gegenteil erzählt“. Es dürfe aber nicht mehr skandalös sein, zu sagen, „dass wir alle von einem Mann und einer Frau geboren werden, dass es kein Tabu ist zu sagen, dass die Geburt nicht käuflich ist, dass die Gebärmutter nicht zu mieten ist und dass Kinder keine frei verkäuflichen Produkte sind, die man sich aussuchen und dann vielleicht zurückgeben kann“.

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Auch Papst Franziskus ging auf die negative Stimmung vor allem unter Jugendlichen ein. „In diesem Kontext der Ungewissheit und Zerbrechlichkeit erleben die jüngeren Generationen mehr als alle anderen ein Gefühl der Unsicherheit, für die das Morgen wie ein unüberwindbarer Berg erscheint.“ Der Mangel an festen Arbeitsplätzen, teurer werdende Immobilien, soziale Ungleichheit, das seien reale Schwierigkeiten. „Am stärksten betroffen sind gerade die jungen Frauen, die oft gezwungen sind, sich zwischen Karriere und Mutterschaft zu entscheiden, oder die von der Last erdrückt werden, sich um die Familie zu kümmern, vor allem, wenn es sich um gebrechlichere ältere Menschen oder um unselbständige Personen handelt.“

Durchaus als Seitenhieb an die migrationskritischen Regierungsparteien konnte man seine Aussage werten, wonach Kinder kriegen und Gastfreundschaft sich nicht widersprächen. „Eine glückliche Gemeinschaft entwickelt auf natürliche Weise den Wunsch, zu zeugen, zu integrieren und aufzunehmen, während eine unglückliche Gesellschaft auf eine Summe von Individuen reduziert ist, die versuchen, das, was sie haben, um jeden Preis zu verteidigen.“

Mehr als die Hälfte der Jugendlichen zweifelt am Kinderkriegen

Tags zuvor hatte Staatspräsident Sergio Mattarella eine Rede gehalten, in der er davon sprach, die Elternschaft müsse erleichtert werden. Und sogar die ultraprogressive Sozialdemokratin und Hoffnungsträgerin der Linken, Elly Schlein, stimmte mit Lega-Chef und Infrastrukturminister Matteo Salvini und Außenminister Antonio Tajani (Forza Italia) überein, dass etwas getan werden müsse im Kampf gegen den demographischen Niedergang, wenngleich sie sich auf strukturelle Ansätze beschränkte.

Doch gerade die kulturelle Umkehr, der Mentalitätswandel, eine vom Glauben genährte generelle Zuversicht ist es, die auch eine nachhaltige Wende für die Geburtenstatistik bedeuten könnten. Eine vor wenigen Wochen veröffentlichte Umfrage des Instituts für Jugendkulturforschung in Wien und des Marktforschers T-Factory im Auftrag des österreichischen Magazins Pragmaticus ergab: Mehr als 50 Prozent der Jugendlichen und jungen Erwachsenen in Österreich, Deutschland und der Schweiz sind skeptisch, wenn es darum geht, Kinder zu kriegen.

Grund dafür sind vor allem Zukunftssorgen: Umweltprobleme und Klimawandel. Dabei sind mehr als 80 Prozent zufrieden mit ihrem Leben. Hier zeigt sich die Frucht der untergangsbeschwörenden Klima-Radikalen in Politik, Kultur und Medien. Hinzukommen dürften sicher auch Sorgen wegen des Russland-Ukraine-Krieges und der wirtschaftlichen Stagnation.

Ein revolutionärer Akt

Zu vielen entschieden Nicht-Linken gelingt es nicht, einen Gegenentwurf zur öko-linken Agenda zu setzen. Auch unter ihnen herrscht vielfach der fatal-falsche Glaube, die Erde sei überbevölkert, und das hauptsächliche Problem seien ins Land strömende Migranten. Eine idealistische Antwort auf die Fragen des Lebens, die sich auch und gerade die jüngeren Generationen wieder stellen, haben sie oft nicht zu bieten, was auch an der mangelnden Orientierung am christlichen Glauben liegt.

Meloni sagte auf der Konferenz, über Geburtenraten, Mutterschaft und Familie zu sprechen, erscheine heute wie ein revolutionärer Akt. Eine Revolution für die Familie, eine Revolution für das Leben, wäre das nicht eine Vision, für die sich junge Menschen begeistern könnten?

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Kommentar
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Karl Hammer
Vor 11 Monate 1 Woche

Wir müssen uns wieder mehr darauf konzentrieren, was wir anstreben anstatt nur darauf, was wir ablehnen.
Wir können nichts auf der Ablehnung von etwas Anderem aufbauen. Nur auf einem festen Fels, einem eigenen Fundament, kann man etwas Gutes und Dauerhaftes errichten. Insofern ist die Präsenz des Papstes sehr symbolisch; steht er doch für den Fels, auf den die Kirche gebaut ist.

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Veritas
Vor 11 Monate 1 Woche

Ich sehe das wie Karl Hammer. Was mich in Deutschland stört, ist das Missmutige. "Wir können nichts auf der Ablehnung von etwas Anderem aufbauen." Richtig! Wir sollten, wie es im Kommentar oben heißt, den entmutigten Jungen eine Perspektive bieten.

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Veritas
Vor 11 Monate 1 Woche

Ich sehe das wie Karl Hammer. Was mich in Deutschland stört, ist das Missmutige. "Wir können nichts auf der Ablehnung von etwas Anderem aufbauen." Richtig! Wir sollten, wie es im Kommentar oben heißt, den entmutigten Jungen eine Perspektive bieten.

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Karl Hammer
Vor 11 Monate 1 Woche

Wir müssen uns wieder mehr darauf konzentrieren, was wir anstreben anstatt nur darauf, was wir ablehnen.
Wir können nichts auf der Ablehnung von etwas Anderem aufbauen. Nur auf einem festen Fels, einem eigenen Fundament, kann man etwas Gutes und Dauerhaftes errichten. Insofern ist die Präsenz des Papstes sehr symbolisch; steht er doch für den Fels, auf den die Kirche gebaut ist.