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Indi Gregory und die „Kultur des Todes“

Hässlicher kann sich der lebensfeindliche Staats-Paternalismus nicht zeigen

Die kleine Indi Gregory soll sterben. Britische Richter hatten entschieden, dass die behandelnden Ärzte des Nottingham’s Queen’s Medical Centre berechtigt sind, die lebenserhaltenden Maßnahmen auch gegen den Willen der Eltern einzustellen. Das acht Monate alte Mädchen leidet an einer seltenen Erbkrankheit, durch die die Funktionsfähigkeit der Mitochondrien stark betroffen ist. Laut dem britischen nationalen Gesundheitsdienst NHS ist die Krankheit unheilbar.

Gestern dann, am 10. November, lehnte ein Gericht die Berufung der Eltern endgültig ab. Die Geräte, von denen Indis Leben abhängt, werden abgeschaltet. Zudem wurde verfügt, dass dies nicht zuhause bei den Eltern, sondern nur in einem Krankenhaus oder Hospiz geschehen darf.

So traurig dies schon für sich genommen ist, so reicht der eigentliche Skandal viel tiefer. Die Richter haben nämlich auch die Ausreise des Kindes nach Italien verboten, wo eine für den britischen Staat kostenlose Weiterbehandlung möglich gewesen wäre. Das Kinderkrankenhaus Bambino Gesù in Rom hatte angeboten, sich um Indi zu kümmern. Um das zu ermöglichen, wurde dem schwerkranken Mädchen kurzerhand die italienische Staatsbürgerschaft verliehen.

Der britische Staat verbietet den Eltern, Hilfe in Anspruch zu nehmen

Schließlich schaltete sich sogar die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni höchstpersönlich ein und verlangte mit Verweis auf das Haager Minderjährigenschutzabkommen die Überstellung Indis nach Italien. Die britische Gerichtsbarkeit – offenbar versessen auf den Tod des Kindes – ließ nicht mit sich reden.

Das große Unrecht, das Indi und ihren Eltern geschieht, ist schon auf intuitiver Ebene leicht zu erkennen. Eine reflektierte ethische Einordung ist dennoch wichtig, um den Kern des Übels zu identifizieren.

Zunächst einmal ist festzustellen, dass es sich nicht um Euthanasie in engerem Sinne des Wortes handelt. Der Tod wird nämlich nicht aktiv, etwa durch die Verabreichung bestimmter Mittel, herbeigeführt. Stattdessen werden künstliche lebenserhaltende Maßnahmen aufgrund einer sehr negativen medizinischen Prognose eingestellt. Während Euthanasie aus naturrechtlicher Sicht klar abzulehnen ist, gibt es keine Pflicht, das eigene Leben oder das Leben eines anderen unter allen Umständen zu verlängern.

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Zudem gilt es gerade bei einem staatlichen Gesundheitswesen die Endlichkeit der Ressourcen zu berücksichtigen. Dass ein staatliches Krankenhaus entscheidet, Maßnahmen einzustellen, kann daher im Einzelfall ethisch durchaus gerechtfertigt sein, auch wenn dies das Leid der Angehörigen natürlich kein bisschen schmälern dürfte.

Der Fall Indi Gregory ist aber ganz anders gelagert. Denn offenbar stellt der Staat hier nicht nur seine Hilfe ein, sondern verbietet den Eltern eines todkranken Kindes, fremde Hilfe, die dem Gemeinwesen keinerlei Kosten aufbürden würde, in Anspruch zu nehmen. Und auch die Entscheidung darüber, wo das eigene Kind, wenn es denn schon sterben muss, aus dem Leben scheiden soll, ist den Eltern entzogen.

Ohne das Bewusstsein für die Heiligkeit des Lebens ist jedes säkulare Abwehrrecht wertlos

Deutlicher könnte der lebensfeindliche Paternalismus eines Staates seine hässliche Fratze nicht zeigen. Dass die zuständigen Richter sich dabei auch noch darauf berufen, im „besten Interesse“ Indis zu handeln, offenbart, wie weit die von Papst Johannes Paul II. diagnostizierte „Kultur des Todes“ inzwischen gediehen ist.

An die Stelle der Unverfügbarkeit eines gottgeschenkten Lebens sind hedonistische und ökonomische Kriterien getreten, anhand derer entschieden werden soll, welches Leben lebenswert ist und welches nicht. Es ist eine bittere Ironie der Geschichte, dass dies in einem Land mit einer so starken liberalen Tradition wie England geschieht.

All die scheinbar robusten säkularen Abwehrrechte gegen die Übergriffigkeiten der Staatsmacht entpuppen sich ohne ein gelebtes und institutionell verankertes Bewusstsein für die Heiligkeit menschlichen Lebens als bloße Papiertiger.

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