„Sexuelle Identität“: Grundrechte sind kein Spielzeug

Zu wenig Aufmerksamkeit zwischen Sommerloch, Anschlägen und Richterwahl hat eine Forderung der Landesregierung von Schleswig-Holstein unter CDU-Ministerpräsident Daniel Günther bekommen. Der will allen Ernstes, das Merkmal „sexuelle Identität“ via Bundesratsinitiative aus Berlin unter die Schutzmerkmale des Artikel 3 ins Grundgesetz aufnehmen. Auch das CDU-geführte Bundesland Nordrhein-Westfalen hat sich der Initiative angeschlossen.
„Sexuelle Identität“ klingt erstmal harmlos, doch kann sie die verrücktesten Gestalten annehmen. Die Buchstaben- und Zeichenkette LGBTIQ+ bekommt permanent weitere Ergänzungen und damit auch neue und alte „sexuelle Identitäten“ die dann zu schützen wären.
Jeder Buchstabe, jedes Zeichen steht für eine wie auch immer geartete „sexuelle Identität“. Mit einem solchen Schutzrecht könnte sich – eine klare Sprache ist hier angezeigt – jeder Perverse seinen persönlichen Fetisch als „sexuelle Identität“ anerkennen und schützen lassen. Sie sind pädophil und missbrauchen Kinder? Kein Problem.
Jeder Perverse könnte den Schutz der Verfassung beanspruchen
Der Katholik und frühere Ministrant Daniel Günther strebt an, „sexuellen Identitäten“ künftig den Schutz der Verfassung zukommen zu lassen. Viel absurder kann es nicht mehr kommen. Jeder Eunuch – das hat gerade Renaissance – genießt dann den Schutz der Verfassung. Man hört es vielleicht nicht gern, doch der Drang Kinder zu kastrieren gehört zu diesem Fetisch. Sie bezweifeln das? Ein wenig googeln und man ist schlauer.
Ja, so etwas will man eigentlich nicht wissen, doch wenn wir diejenigen schützen wollen, die zu schützen sind, nämlich unsere Kinder, dann sollten wir Klarheit haben, was die linke Elite unter Mithilfe grün-schwarzer Unionspolitiker in unserem Land plant.
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Um es noch mal und ganz dezidiert auf den Punkt zu bringen: Mit dem grundgesetzlichen Schutz „sexueller Identität“ könnte jeder Perverse, jeder angebliche Transmensch aber auch jeder Exhibitionist, jeder sodomitische Tierliebhaber und alles, was uns (noch) gar nicht einfallen will, den Schutz unserer Verfassung für seine „Identität“ beanspruchen. Grenzen gibt es dabei keine mehr.
Wie sollte man eine qualitative Einschränkung definieren oder begründen? Sie sind polyamor? Wer sollte Ihnen die Hochzeit mit beliebig vielen Personen welchen Geschlechts auch immer verbieten? Das wäre diskriminierend. Ganz nebenbei werden diese zahlreichen „Ehepartner“ und deren Abkömmlinge natürlich in der gesetzlichen Krankenkasse familienmitversichert. Alles andere wäre Diskriminierung.
Auch wenn das jetzt banal klingt, so zeigt es doch, wie wenig durchdacht dieser populistische Gesetzentwurf unterm Strich in zahlreicher Hinsicht ist. „Sexuelle Identität“ ist ein wissenschaftlich nicht greifbarer oder gar verifizierter Kunstbegriff. Es ist eine Ideologie, die als Erfindung der Buchstabenbastler der LGBTQ-Szene existiert.
Eine Blackbox mit x-beliebigen Fetischen
In Wirklichkeit ist es eine Blackbox, aus der jeder den Fetisch herausholt, auf den er gerade abfährt. Nochmal in deutlicher Sprache: In Günthers Plan gibt es keine noch so abartige sexuelle Idee mehr, die vom Schutz dieses dann zerstörten Grundrechtsartikels nicht erfasst werden würde.
Es fehlt einem schlicht die Fantasie, wie ein Mensch auf so etwas kommen kann. Wer sich schon etwas länger mit der Genderideologie beschäftigt, wie es die Erfolgsautorin Birgit Kelle seit gut zehn Jahren tut, weiß darum und warnt davor. War das erste Buch zu dem Thema noch recht humorvoll, so wird es mit dem zweiten schon ernsthafter und strenger.
Wer hätte gedacht, dass eine nennenswerte und vor allen einst ernst zu nehmende Gruppe von Menschen wie die Christdemokraten diesen Mist in aktives politisches Handeln umsetzt. Leider musste das zweite Buch feststellen: „Noch normal? Das lässt sich gendern“. Es lohnt sich, zum Zwecke der Desillusionierung beide Bände zu lesen. Für das dritte Buch wäre die Titelempfehlung „Noch strafbar? Das kann man gendern“.
Das und nichts anderes passiert nämlich, wenn sich durchsetzt, was vom Berliner Bürgermeister Kai Wegener in die Welt gesetzt wurde und nun auch mit Unterstützung des Katholiken Daniel Günther in den Bundesrat kommt. Bis dato ist es noch strafbar, sich als Mann auszuziehen und öffentlich seine Genitalien zu präsentieren. Dass so etwas beim CSD nicht geahndet wird, versteht sich – innerhalb der Genderlogik – von ganz allein.
Es ist eine schützenswerte „sexuelle Identität“, so etwas zu tun. Ebenso ist es schützenswert, angeleint im Hundekostüm durch die Straßen zu laufen und vieles andere mehr.
Den Boden christlicher Anthropologie vollends verlassen
Vielleicht ist es ja in den Elfenbeintürmen der hohen Politik möglich, seine Kinder vor den Niederungen der Erlebnisse der Gewöhnlichen zu schützen. Auch Daniel Günther ist Vater von zwei Töchtern. Ob er als Vater immer noch den grundgesetzlichen Schutz eines erwachsenen Mannes postulieren würde, der in Gegenwart der Mädchen masturbierte, darf hinterfragt werden.
Warum er sich trotzdem so einem Gesetzentwurf anschließt, kann man schon allein vor diesem Hintergrund einfach nicht begreifen. Ist es Populismus? Ist es Naivität? Oder fehlen einfach der nötige politische Instinkt und Willen, sich unsinnigen Initiativen von verwirrten Ideologen entgegenzustellen? Es bleibt Spekulation. Doch es bleibt auch ein Skandal, wenn ein – zumindest nominell – katholischer Politiker den Boden christlicher Anthropologie so vollends verlässt.
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Das Grundgesetz basiert, man kann Böckenförde nicht oft genug zitieren auf Grundlagen, die der säkulare Staat nicht gewährleisten kann. Hätte Günther im Jahr 2011 Papst Benedikt XVI. bei seiner Rede im Bundestag zugehört, dann könnte er wissen, dass ein Staat ohne Recht eine Räuberbande ist. Grundlage für das Recht sind die Natur und die Vernunft. Gegen beides verstößt der vorgelegte Gesetzentwurf.
Es ist wider die Natur, beliebige, frei erfundene Befindlichkeiten – nichts anderes ist „sexuelle Identität“ – dem Schutz der Grundrechte einzugliedern. So nämlich nimmt man dem Staat das Recht und macht ihn zu einer reinen Räuberbande.
Es ist wider die Vernunft, möglicherweise strafbare Handlungen, die ohne weiteres „sexuelle Identitäten“ sein können, grundrechtlich schützen zu wollen. Man gefährdet damit vor allem Kinder in ihrer seelischen und körperlichen Unversehrtheit. Man kann nur hoffen, dass in den deutschen Landesregierungen noch genügend Vernunft regiert, um diesen Mist zu verhindern. Den Rücktritt von Günther zu fordern, wäre zwar vermutlich vergeblich, aber nichtsdestoweniger sinnvoll.
Grässliche Torheit oder intriganter Querschuss
Ferner sollte sich die CDU sehr ernsthaft mit dem Gedanken auseinandersetzen, ob man derartige Forderungen aus Berlin, Düsseldorf und Kiel wirklich innerhalb der deutschen Christdemokratie tolerieren will. „Links ist vorbei“, tönte Bundeskanzler und CDU-Chef Friedrich Merz im Wahlkampf, um tatenlos dabei zu stehen, wie nicht nur die Sozialdemokraten, sondern auch seine eigenen Parteifreunde einen linken Joker nach dem anderen ins Spiel bringen.
Angesichts des derzeitigen Vertrauensmangels der Bevölkerung gegenüber der Bundesregierung sind solche Fragen keinesfalls Kleinigkeiten. Linke Querschläger aus der eigenen Partei schaden auch dem Bundeskanzler, der ohnehin gerade nicht die beste Performance hinlegt.
Als Fazit bleibt nur festzustellen, dass es sich bei dem Antrag an den Bundesrat in mehrfacher Hinsicht um eine grässliche Torheit oder um einen widerwärtig intriganten Querschuss handelt. Beides wäre dramatisch. Letztendlich ist es egal, was es ist. Es muss Konsequenzen haben.
Kommentare
Das ist inzwischen leider CDU pur; auch wenn man es sich in manchem Ortsverband der JU noch nicht eingestehen will.
@Karl Hammer Nein, es gibt einen epischen Kampf in der Union und wenn jetzt alle rausgehen, die glauben, "das ist CDU pur", dann gewinnen die anderen. Wir müssen kämpfen.