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Einwanderungsland USA

Heiße Wahlkampfschlacht um Migration

Ellis Island: Einstiger Sehnsuchtsort, Hoffnungsort. Die kleine, der Weltstadt New York City vorgelagerte Insel dient bis heute als Symbol für das Einwanderungsland USA. Begonnen hat die Migrationsgeschichte für Ellis Island Ende des 19. Jahrhunderts. Die Migration in die Vereinigten Staaten stieg zu diesem Zeitpunkt so stark an, dass sich die Behörden für einen Umzug der zentralen Einwanderungsbehörde vom Süden Manhattans auf die Insel entschlossen. Gleichwohl Ellis Island mehr Platz als das Castle Clinton bot, wurde diese sogleich mit künstlicher Landgewinnung erweitert.

Schließlich kam es nicht nur zu einer erhöhten Anzahl von Neuankömmlingen. Auch mussten diese sich zahlreichen restriktiveren Auflagen stellen; Befragungen und medizinische Untersuchungen zählten dazu. Denn im Gegensatz zu den Migrationsströmen in den Jahrzehnten zuvor handelte es sich nun nicht mehr primär um Einwanderungsgesuche von Deutschen, Iren oder Engländern. Ende des 19. Jahrhunderts versuchten mehrheitlich Süd- und Osteuropäer ihr Glück in der Neuen Welt. Bevölkerungsgruppen, die zur damaligen Zeit als wenig integrationsfähig in die US-amerikanische Gesellschaft galten.

Der Einwanderungsprozess über Ellis Island erfolgte weitestgehend geordnet. Innerhalb weniger Tage bekamen die Neuankömmlinge auf Ellis Island ihren Bescheid, ob eine Weiterreise auf das Festland genehmigt wurde. Bis zur Schließung im Jahr 1954 erreichten so zwölf Millionen Personen die USA. Laut der Volkszählung zu Beginn dieses Jahrtausends haben 40 Prozent der US-Amerikaner Vorfahren, die über Ellis Island in die USA eingewandert waren.

Masseneinwanderung über die US-Südgrenze

Im 21. Jahrhundert gestaltet sich die Migration in die USA indes als weniger geordnet. Insbesondere die 3.154 Kilometer lange Südgrenze zu Mexiko stellt die Behörden vor enorme Herausforderungen. Seit dem Amtsantritt von Präsident Joe Biden im Januar 2021 wurden laut der Zoll- und Grenzschutzbehörde der Vereinigten Staaten (CBP) Millionen illegale Grenzübertritte festgestellt. Im Dezember 2023 erreichten rechtswidrige Überquerungen der Grenze von Mexiko in die USA sogar den höchsten in einem Monat jemals gemessenen Stand (249.741 Versuche).

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Erst mit einer Verordnung von Präsident Biden zur Migrationspolitik, welche unter anderem die Erfolgschancen eines Asylantrags vermindert, sowie durch die Zusammenarbeit mit den mexikanischen Behörden, die nun versuchen, Migranten vom Grenzübertritt abzuhalten, ging die Anzahl illegaler Grenzübertritte zurück. Im August 2024 wurden noch 58.038 rechtswidrige Versuche gezählt.

Illegale Migranten sind mehrheitlich Christen

Zwei Drittel der Migranten kommen gegenwärtig laut einer Erhebung des Pew Research Center aus Mexiko sowie aus dem Nördlichen Dreieck (Guatemala, Honduras, El Salvador). 62 Prozent der Einwanderer sind Alleinreisende, ein Viertel Familien und jeder Zehnte ist minderjährig. Des Weiteren gehören 83 Prozent der Migranten dem christlichen Glauben an. Die Einwanderer sind gesellschaftspolitisch mehrheitlich konservativ eingestellt.

In den USA halten sich laut Schätzungen des Pew Research Center derzeit elf Millionen illegale Einwanderer auf. Ferner haben 4,4 Millionen in den Vereinigten Staaten geborene unter 18-Jährige mindestens ein Elternteil, welches illegal in das Land kam. Wie diese Zahlen schon vermuten lassen, ist infolgedessen die Migrationspolitik ein schon seit Jahren bedeutendes Wahlkampfthema. Bei den Präsidentschafts- und Kongresswahlen 2024 stellt es nach der Wirtschaftspolitik das zweitwichtigste Thema dar.

Viele Migranten fliehen vor linken Autokratien

Knapp die Hälfte der US-Amerikaner sehen in der hohen Anzahl illegaler Grenzübertritte eine Krise, ein weiteres Drittel ein bedeutendes Problem. Nur vier Prozent der US-Amerikaner beurteilen die Lage an der US-Südgrenze als unproblematisch. Religiöse US-Amerikaner sehen die illegale Migration kritischer als unreligiöse Personen. Insbesondere weiße Evangelikale (70 Prozent) und weiße Katholiken (64 Prozent) bezeichnen die hohe Anzahl rechtswidriger Grenzübertritte als Krise.

71 Prozent der US-Amerikaner sind der Meinung, dass die wirtschaftlichen Möglichkeiten in den USA ein wichtiger Grund für die Immigration in ihr Land sind. Eine Begebenheit, die ebenso zutreffend ist wie die Tatsache, dass viele Migranten vor Gewalt in ihren Herkunftsländern fliehen. Zwei Drittel der US-Amerikaner stimmen dem zu.

Obwohl Süd- und Zentralamerikaner oftmals wegen Repressionen, auch aus religiösen Gründen, aus ihrer Heimat fliehen, in denen allzu oft linke Autokratien aufgebaut wurden, erkennen weiße Evangelikale dies seltener an als US-Amerikaner mit anderen oder keinerlei religiösen Hintergründen.

Mehrheit gegen irreguläre Migration

Obwohl die US-amerikanische Politik und Gesellschaft in vielen Fragen uneins sind, herrscht doch Einigkeit vor, dass die schon seit Jahrzehnten bestehende Migrationskrise gelöst werden muss. Vor diesem Hintergrund fordert eine überwältigende Mehrheit der US-Amerikaner eine stärkere Grenzsicherung. Eine Forderung, die von Unterstützern beider Präsidentschaftskandidaten geteilt wird.

Mexikanische Militäreinheiten patrouillieren an der Grenze zwischen den USA und Mexiko bei Tijuana, September 2023: Überwältigende Mehrheit der US-Amerikaner für stärkere Grenzsicherung

In Bezug auf Abschiebungen von bereits im Land lebenden illegalen Migranten besteht indes Uneinigkeit. Während neun von zehn Anhängern von Donald Trump für Massenabschiebungen plädieren, befürworten dies nur ein Viertel der Unterstützer von Vizepräsidentin Kamala Harris. Ähnliche Meinungsdifferenzen gibt es bei der Aufnahme ziviler Flüchtlinge sowie bei der Fachkräfteeinwanderung: Demokraten sind offener gegenüber Immigration, während Republikaner dem skeptisch gegenüberstehen.

Trump verspricht strikte Einwanderungspolitik

Vor dem Hintergrund der Präsidentschaftswahl in der kommenden Woche verspricht der republikanische Kandidat Trump eine strikte Migrationspolitik, die er als Hausherr der 1600 Pennsylvania Avenue schon in den Jahren 2017 bis 2021 gefahren hat. Explizit fordert Trump die Einstellung von mehr Grenzbeamten, den vermehrten Einsatz moderner Technologien sowie die Entsendung der Armee aus den Überseegebieten an die US-Südgrenze.

Des Weiteren sollen illegale Grenzübertritte verhindert werden, indem die Praxis „Remain in Mexico“ wieder eingesetzt werden soll. Das Gesetz verpflichtete Asylsuchende, bis zu ihrem Termin vor dem US-Einwanderungsgericht in Mexiko zu warten. Ebenso soll ein Reiseverbot für Personen aus vom Terrorismus geplagte Länder wieder eingeführt werden.

 

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Den Mauerbau zu Mexiko will Trump vollenden. Die Bilanz des Lieblingsprojekts von Trump fällt während seiner Amtszeit jedoch ernüchternd aus: Die Trump-Administration gab an, dass während der Jahre 2017 bis 2021 727 Kilometer der Grenzbefestigung komplettiert wurden. Davon wurden allerdings nur 130 Kilometer neu gebaut, beim Rest handelte es sich um Renovierungen bestehender Grenzanlagen.

Was die schon in den USA lebenden illegalen Migranten betrifft, plädiert Trump für „die größten Massenabschiebungen in der Geschichte“ des Landes. Auch das Staatsbürgerschaftsrecht qua Geburt soll abgeschafft werden. „Title 42“, der besagt, dass die Einreise in die USA aus gesundheitlichen Gründen untersagt werden kann, soll wiedereingeführt werden. Laut dem Wahlprogramm der Republikanischen Partei soll zudem die Einreise von „Christen hassenden Kommunisten, Marxisten und Sozialisten“ untersagt werden.

Harris will mehr legale Wege in die USA

Gleichwohl bei der Programmatik von Vizepräsidentin Harris viele Details offen sind, steht die einstige Staatsanwältin doch für eine humanere Migrationspolitik als Trump. Im Gegensatz zu ihrem republikanischen Kontrahenten unterstreicht Kamala Harris positive Aspekte von Immigration: „Einwanderung macht unser Land stärker.“ Infolgedessen wirbt die Demokratin für mehr Möglichkeiten, auf legalem Wege in die USA zu kommen.

Dennoch plädiert auch Harris für einen besseren Grenzschutz. Explizit sollen mehr Grenzbeamte sowie Richter und Beamte zur Bearbeitung von Asylanträgen eingestellt werden. Im Gegensatz zu Trump will Harris keine Familien mehr an der Grenze voneinander trennen. Würde eine bestimmte Anzahl an illegalen Grenzübertritten erreicht, so solle der US-Präsident laut Harris das Recht haben, den Asylprozess temporär zu stoppen sowie Migranten, die illegal die Grenze überschreiten, wieder zurückzuschicken.

Damit es nicht erst zu großen Migrationsströmen kommt, will Kamala Harris die Ursachenbekämpfung in Zentralamerika angehen. Eine herausfordernde Aufgabe, mit der sie schon von Noch-Präsident Biden beauftragt wurde – und scheiterte. Für die meisten in den USA illegal lebenden Migranten will Harris Wege zur Legalität aufweisen. Die Mehrheit der Wähler in den „Swing States“, darunter der an Mexiko grenzende Bundesstaat Arizona, befürwortet laut einer Erhebung des Program for Public Consultation diesen Vorschlag.

Nachhaltige Lösung nicht in Sicht

Die Diskussion um Migration in den USA ähnelt der in der Europäischen Union. Nordamerika ist, ähnlich Europa, attraktiv für Personen, die sich nach einer besseren ökonomischen Zukunft sehnen. Und dennoch unterscheidet sich die Debatte zwischen der Alten und der Neuen Welt maßgeblich: Versuchen in die EU primär Personen muslimischen Glaubens einzuwandern, handelt es sich bei den Immigranten mit Ziel USA hauptsächlich um Christen, die ähnliche Wert- und Moralvorstellungen mitbringen, wie sie im christlich geprägten Amerika gelten.

Wie in der EU sind jedoch auch die USA weit entfernt von einer Implementierung eines Migrationssystems, das in der Praxis funktioniert. Die Differenzen zwischen Demokraten und Republikaner scheinen auch bei diesem Thema unüberwindbar. Ob ein gemeinsamer Blick auf die Geschichte von Ellis Island helfen würde? Schließlich war die Insel ja auch ein Sehnsuchtsort für so manchen Vorfahren heutiger Politiker…

 

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