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Kolumne „Ein bisschen besser“

Ist mir doch schnurz, wie die da im Bundestag abstimmen

Das häufigste Wort, das meine Frau Judith und ich hören, wenn wir mit dem gerade drei Jahre alten Töchterchen zu Hause, im Restaurant, auf der Straße, im Supermarkt, im Auto oder bei Oma sind, heißt: „nein“. Das zweithäufigste heißt „alleine“. Zusammengesetzt ergibt das „nein, alleine“, und meine Frau hat mich heute Morgen beim Frühstücksei gefragt, was für eine Rotzgöre wir da gerade großziehen.

Ich war nicht ganz bei der Sache, weil mich die verworrene politische Situation in Deutschland rund um die Migrationsdebatte im Bundestag beschäftigte. Ich sagte allerdings, dass ich „nein, alleine“ für das immerhin ein bisschen bessere Lebensmotto halte als zum Beispiel „nein, mach du“.  Ich fügte hinzu, dass dieses Motto etwas selbständig Freiheitliches an sich hätte und fühlte den Vaterstolz in mir aufsteigen. 

Gute Aussichten

Ich sah sie vor meinem geistigen Auge als Jeanne dArc des 21. Jahrhunderts die Revolution anführen. Als Julia, die keinen Romeo-Jammerlappen an ihrer Seite braucht. Als Eva, die nicht aus Adams Rippe, sondern aus eigener Vollkommenheit entstanden ist.


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Judith sagte nichts weiter. Das ist morgens bei ihr an sich nichts Besonderes, allerdings an einem Wochenende gegen zehn Uhr doch ungewöhnlich. Wir hatten eine heiße Woche hinter uns, waren in unserem mondänen Lieblingsrestaurant in der Hauptstadt versackt, hatten darauf einen dicken Kopf und ein dünnes Portemonnaie heimgebracht. 

Keine Antwort ist auch eine Antwort

Aber im Grunde war doch alles gut gegangen. Warum also schwieg sie?

Mir dämmerte es. Judith ist der „Ja, mit dir“-Typ. Sie ist die Gretel, die ohne den Hänsel nicht geht. Ich fühlte Dankbarkeit in mir aufsteigen, dass ich ihr Hänsel sein durfte. Mir wurde klar, mit welch wunderbaren Frauen ich unter einem Dach lebte. 

Ich würde sie beide noch ein bisschen in Richtung „ja, alleine mit dir“ schubsen, und dann kann uns die politische Situation in Deutschland wirklich völlig schnurz sein.

 

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