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Diskussion über die „Teilzeitfalle“

Frauen in die Produktion!

Frauen in die Produktion! Was unter Genossen Lenin gut war, kann doch auch für die moderne Frau des 21. Jahrhunderts nicht schlecht sein, muss sich Bärbel Bas gedacht haben. Und so dauerte es keine Woche, bis sich die neue Arbeits- und Sozialministerin der SPD einem seit Jahrzehnten gehegten Lieblingsprojekt sozialdemokratischer Frauenpolitik zuwandte: der „Teilzeitfalle“. Jenem gerne auch als „Teilzeit-Knick“ oder „Karriere-Knick“ verkauften Schicksalsschlag, der vor allem Mütter ereilt, die sich nicht schnell genug nach dem Gebären wieder mit voller Kraft dem Arbeitsmarkt zuwenden, um ihre besten Jahre nicht etwa der eigenen Familie, sondern dem Unternehmen, dem Arbeitsmarkt und dem Steuerzahlen zu widmen. „Frauen sitzen unfreiwillig in der Teilzeitfalle“ hörte man von Frau Bas.

Und vor dem geistigen Auge zieht das Bild auf, wie Millionen Frauen in Fall-Gruben sitzen, aus denen sie nun mühsam wieder durch eifrige Sozialdemokratinnen an die Erdoberfläche der glücklichen Vollzeit-Erwerbstätigkeit hinaufgezogen werden können. Immerhin hatte doch auch Friedrich Merz bereits gesagt: Wir müssten alle wieder „mehr arbeiten“. Den Hinweis nimmt auch Bas gerne auf: „Jede zusätzliche Arbeitskraft und jede zusätzliche Arbeitsstunde bringt uns voran“, lässt sie sich in der Bild zitieren.

„Jede zusätzliche Arbeitskraft und jede zusätzliche Arbeitsstunde bringt uns voran“: Bärbel Bas (SPD), Bundesministerin für Arbeit und Soziales im Kabinett Merz

Die Ursachenverkettung wird von ihr ebenfalls erläutert: Es gebe zu wenig Kinderbetreuung und zu viele familienfeindliche Arbeitsmodelle, und dann arbeiteten Frauen weniger, verdienten weniger, und am Ende drohe Altersarmut. Die deutsche Frau soll also den Fachkräftemangel der Wirtschaft ausgleichen, die Produktivität des Wirtschaftsstandortes Deutschland erhöhen und damit den Staatshaushalt und vor allem die maroden sozialen Sicherungssysteme gleich mit sanieren.

Um nun Anreize zu setzen, soll also das Dauerprojekt Ausbau der Kinderbetreuung noch weiter vorangetrieben werden. Noch mehr Kinder, noch jüngere Kinder an noch mehr Stunden des Tages sollen also aus der Familie in eine staatliche Kita wechseln, damit Mutti frei ist für den Arbeitsmarkt. Damit es weniger Widerstand gibt, wird der Frau das Ganze seit Jahrzehnten als „Emanzipation“ und die effiziente Kindermassenhaltung mit desaströsen Personalschlüsseln als „Bildung“ verkauft. 

Und zwar, indem immer weniger und dafür immer mehr überforderte Erzieherinnen immer mehr und immer jüngere Kinder immer länger betreuen sollen. Längst existieren Kitas mit Übernachtungsmöglichkeiten, und schließlich hat die DDR-Wochenkrippe doch auch gute Dienste geleistet, oder etwa nicht?

Betreuungsgeld ja, aber nicht für Mütter

Nun reden zwar Linke gern vom bedingungslosen Grundeinkommen, also von Geld ganz ohne Arbeit, oder der Viertagewoche, also weniger arbeiten bei gleichbleibendem Geld, oder von der vielzitierten Work-Life-Balance, weil man ja schließlich nicht nur zum Arbeiten auf der Welt sei, sondern auch leben will. Wenn aber eine Mutter sich entscheidet, ihre Erwerbsarbeit zu reduzieren oder auch jahrelang ganz auszusetzen, weil sie das Humankapital der Zukunft zu anständigen Menschen erzieht, dann ist das natürlich eine Falle, ein Knick, ein Problem, um nicht zu sagen eine selbstverschuldet herbeigeführte Altersarmut, denn schließlich hätte sie „mehr arbeiten“ sollen.

Zwar fordern vor allem die Sozialdemokraten und ihre Gewerkschaften seit Jahrzehnten „gleichen Lohn für gleiche Arbeit“, um einheitliche Tariflöhne zu fordern oder auch dieselbe Bezahlung zwischen Mann und Frau. Sie alle steigen aber sofort aus der Debatte aus bei dem Hinweis, dass es möglicherweise die größte Ungerechtigkeit sei, dass jene Frauen, die Erziehungs- und Pflegearbeit im eigenen Heim leisten, überhaupt nicht honoriert werden. Stattdessen werden sie als „Heimchen am Herd“ oder durch Ökonomen als „inaktiv“ beschimpft, während die Pflegeleistung an Fremden und die Erziehung fremder Kinder selbstverständlich als Arbeit bewertet wird.

Merke: Eine Mutter, die selbst erzieht, liegt den ganzen Tag nur auf der faulen Haut, statt endlich das Bruttosozialprodukt zu steigern und in die Rentenkasse einzuzahlen. Entsprechend ist sie selbst schuld, wenn sie später nichts hat.

„So eine Herdprämie würde möglicherweise nur in Alkohol und Spielkonsolen im Kinderzimmer verwendet“ – Ursula von der Leyen (CDU)

Auch Christdemokraten wollen mehr Steuerzahlerinnen

Diese Denkweise ist bei weitem nicht nur bei Sozialdemokratinnen tief verankert, sie zieht sich auch durch die Kreise christdemokratischer Frauen. Auch die CDU hat sich seit vielen Jahren dem Staatsziel „Steigerung des Frauenerwerbsanteils“ verschrieben.

Man erinnere sich nur an die siebenfache Mutter Ursula von der Leyen, die als damalige CDU-Familienministerin strikt gegen eine finanzielle Unterstützung von Familien und vor allem von Müttern agitierte und die Zahlung eines Betreuungsgeldes mit dem Hinweis verwarf, so eine „Herdprämie“ würde möglicherweise nur für Alkohol und Spielkonsolen im Kinderzimmer verwendet. Die Mutter also als saufende, verantwortungslose Person, die ihre Kinder vor dem Bildschirm intellektuell verkümmern lässt. Die renommierte Bertelsmann-Stiftung sekundierte damals umgehend brav und verwarf das Konzept Betreuungsgeld als „Verdummungsprämie“ für Kinder.

An dieser Stelle sei auch die kinderlose, ehemalige DDR-Frau Angela Merkel zitiert, die einst bei einer CDU-Veranstaltung im rheinischen Pulheim auf die Frage einer Frau aus dem Publikum, warum denn Frauen im Osten so viel Rente bekämen, die Antwort gab: „Die haben ja auch gearbeitet.“ Diese spontane Antwort sagt mehr über das DDR-geprägte Selbstverständnis von Angela Merkel und ihr Frauenbild aus, als ein Dutzend Regierungserklärungen es jemals hätten ausdrücken können.

Das Denken von der Befreiung und Emanzipation der Frau auf dem Arbeitsmarkt ist jedoch keineswegs die Errungenschaft einer feministischen Emanzipation, sondern tief verwurzelt in der sozialistischen und kommunistischen DNS. Noch nie sollte es den Frauen nutzen, sondern stattdessen dem politischen Wunsch der Vergesellschaftung des Privaten. Dafür muss die Frau aus dem Haus und das Kind in die Krippe. Der Zusammenhalt und der Wertekanon der Familie stellte für totalitäre Denksysteme schon immer eine gefährliche Insel der Freiheit und Unabhängigkeit dar.

Die Vordenker der Familientrennung

Die Idee, dass die Frau auf den Arbeitsmarkt und die Kinder in die Erziehung des Staates gehören, findet sich bereits bei den Herren Bucharin und Preobraschenski in ihrem „ABC des Kommunismus“, einer Erläuterung des Programms der Kommunistischen Partei Russlands aus dem Jahr 1920 unter Genossen Lenin.

Dort heißt es zu dieser Frage nicht nur, dass die Zukunft der „gesellschaftlichen Erziehung“ gehöre, sondern auch, dass dies nicht allein aus pädagogischen Erwägungen notwendig sei: „Sie bringt ungeheuer große wirtschaftliche Vorteile. Hunderte, Tausende, Millionen Mütter werden durch die Verwirklichung der gesellschaftlichen Erziehung für die Produktion und für ihre eigene kulturelle Entwicklung frei werden. Sie werden von der geistestötenden Hauswirtschaft und der unendlichen Zahl der kleinlichen Arbeiten, die mit der Hauserziehung der Kinder verbunden sind, befreit.“ 

Laut Kommunistischem Manifest gehöre der Gesellschaft „auch das ursprünglichste und fundamentalste Recht der Kindererziehung. Von diesem Standpunkt aus müssen die Ansprüche der Eltern, durch die Hauserziehung in die Seele ihrer Kinder ihre eigene Beschränktheit zu legen, nicht nur abgelehnt, sondern auch ohne Erbarmen ausgelacht werden.“ 

1976 adaptierte die französische Feministin Simone de Beauvoir diese Denkweise in radikalisierter Form in die feministische Matrix und forderte: „Keine Frau sollte das Recht haben, zu Hause zu bleiben, um ihre Kinder großzuziehen. Frauen sollten diese Wahl nicht haben, denn wenn es diese Wahl gibt, werden sich zu viele Frauen dafür entscheiden.“

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Was die Frau wo arbeitet oder auch nicht, ist eine politisch hochbrisante Frage, die sich im Falle der Mütter automatisch mit der ideologischen Frage koppelt, wer dann statt der Mutter die Erziehung der nächsten Generation und vor allem nach welchen Werten und Vorstellungen übernimmt. Wer die Frau auf den Arbeitsmarkt drängt, bekommt automatisch den Zugriff auf die Kinder, weil eine Fremdbetreuung der Kinder zwingend notwendig wird. 

Und was will Frau Bas nun tun? Richtig: Die Kinderbetreuung noch weiter ausbauen und den Ganztagsbetrieb von Schulen ebenfalls. „Wir setzen in der Koalition auf den Ausbau der Kinderbetreuung. Prämien für den Wechsel in Vollzeit vom Arbeitgeber fördern wir steuerlich.“ Der ideologische Zugriff auf die Kinder erfolgt dann automatisch, weil Kinder dann den ganzen Tag einfach in der Schule verbringen.

Es wird Zeit, diese Debatte wieder auf die Füße zu stellen und jene in Politik und Gesellschaft zurechtzustutzen, die bis heute sozialistischen Gesellschaftsutopien nachhängen und dafür feministische Argumente missbrauchen, während man in Wahrheit Frauen ausbeutet.

Frauen, die Kinder erziehen, sitzen nicht in der „Teilzeitfalle“, sondern mitten im Leben. Die meisten dieser Frauen wollen gar nicht mehr erwerbstätig sein, brauchen aber eine finanzielle Unterstützung. Es ist keine Frauenförderung, eine Frau in Vollzeit auf den Arbeitsmarkt zu drängen, indem man ihr mit Altersarmut droht, sondern Zynismus. 

Frau soll also arbeiten gehen, um mit ihren Steuerzahlungen jenen Kitaplatz und das „kostenlose Mittagessen“ querzufinanzieren, den sie nicht bräuchte, würde man sie dabei unterstützen, ihre Kinder auch nur einige Jahre selbst zu betreuen. Ganz nebenbei sind es diese Kinder, die später die Renten auch von Kinderlosen bezahlen werden.

Mütter arbeiten rund um die Uhr

Dass man sich stattdessen von einer kinderlosen Arbeitsministerin das Leben erklären lassen muss, ist das letzte, was Millionen Mütter in Deutschland brauchen. Mütter arbeiten. Nicht Teilzeit, sondern rund um die Uhr, sie werden nur nicht dafür bezahlt und machen es aus Liebe, werden aber politisch ständig beleidigt, feministisch bedauert, ökonomisch als „inaktiv“ gerechnet. Die Aufgabe einer Ministerin für Arbeit und Soziales wäre es, eine Rentenreform zu entwickeln, die nicht jene in die Altersarmut schickt, die mit ihren Kindern überhaupt dafür sorgen, dass dieses System noch halbwegs funktioniert. 

Stattdessen werden ausgerechnet jene in der Rente bestraft, die viele Jahre in die gute Erziehung ihrer Kinder stecken, statt diese Verantwortung auf den Staat zu übertragen, weil man sagt, sie hätten „nicht gearbeitet“.

Das Konzept „Frauen in die Produktion“ ist nichts anderes als die Transformation von Familie in sozialversicherungspflichtige Dienstleistungsverhältnisse. Das ist nicht „gleichberechtigt“ oder „partnerschaftlich" oder „modern“, sondern ein ganz alter kommunistischer Hut. Aus der Sicht des Staates leistet doch jede Familie, die ihre Kinder noch mit eigener Kraft und eigenem Geld nach eigenen Vorstellungen großzieht, nicht nur Widerstand gegen das System, sondern auch familiäre Schwarzarbeit. 

Diese Familien erlauben sich, ihre Kinder großzuziehen, ohne diese Arbeit zu versteuern. Würden sie ein Kindermädchen, eine Tagesmutter oder eine Kita in Anspruch nehmen und eine Pflegekraft für die Oma, würden sie hingegen ehrbare, steuer- und sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze schaffen, anstatt sich dieser staatlichen Wertschöpfungskette zu entziehen.

Niemand will die Frau auf dem Arbeitsmarkt befreien, alles geschieht nur zum Nutzen des Staates und seiner Institutionen. 

Das große Drama der CDU wiederum ist es, dass sie aufgegeben hat, überhaupt noch eine eigene Idee von Familienpolitik zu besitzen. Im Ergebnis haben wir immer weniger Kinder und wird das Wort Demografie sicherheitshalber im Koalitionsvertrag gar nicht erst erwähnt, sonst könnte ja noch jemand auf die Idee kommen, wir hätten da ein Problem.

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